Am 24. April gastiert das Prime Orchestra aus der ukrainischen Stadt Charkiw in der Liederhalle. Das große Orchester präsentiert Rock-Klassiker in sinfonischem Gewand.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Vor allem in den 1970er, 1980er und 1990er Jahre wurden in der Rockmusik gewaltige und markante Stimmen populär, die oft bis heute als Teil des kollektiven musikalischen Gedächtnisses allgegenwärtig sind. Mögen es die Hits von Gruppen wie Europe, Guns N’ Roses, Led Zeppelin, Ozzy Osbourne, Metallica, Scorpions, Queen, Aerosmith, Bon Jovi oder AC/DC sein, so ziemlich jeder hat allein bei der Nennung dieser Namen etliche gängige Songs im Kopf.

 

In der klassischen Musik zuhause

So geht es auch den Musikern und den Machern des Prime-Orchestra aus der ukrainischen Stadt Charkiw. Und da sie diese Titel nicht nur einfach irgendwie nachspielen wollten, haben sie ein besonderes Interpretationskonzept entwickelt. Da sind zum einen Musiker auf der Bühne, die zu einem Rockkonzert gehören, also etwa ein Schlagzeuger, ein solistisch versierter Gitarrist, jemand, der mit Synthesizer umgehen kann. Da sind zum andern aber auch Musiker auf der Bühne mit Instrumenten, die vor allem in der klassischen Musik zuhause sind. Und das ist das Besondere an diesem Cross-over-Konzept aus Charkiw: Rockmusik wird gespielt mit der entsprechenden Rhythmik, aber Melodien und Gesang werden vor allem klassisch sinfonisch ausgedeutet. Hinzu kommen noch eine packende Lichtshow und ein DJ, der an den Plattentellern für einen ganz zeitgenössischen Sound sorgt.

Eine attraktive Orchesterstelle

„Das Orchester wurde 2014 in Charkiw als das erste private Sympho-Show-Orchester in Charkiv gegründet“, sagt der Regisseur und Mitbegründer Jurii Rybalka, „alle Musiker sind Profis, die meisten sind Absolventen des Musik-Konservatoriums in Charkiw“. Nach wie vor sei es attraktiv, da mitzuspielen: „Fast alle Musiker und Sänger stammen aus der Ukraine, über die Hälfte aus Charkiw“, erzählt Rybalka. Seit der Evakuierung 2022 lebe fast die Hälfte des Ensembles in Deutschland. Die Stadt Wolfenbüttel stellt dem Orchester eine vorübergehende Heimat zur Verfügung. Charkiw ist zwar nicht direktes Kriegsgebiet, die Frontlinie ist aber gerade mal 40 Kilometer entfernt. „Viele haben schlichtweg kein Zuhause mehr, die Häuser wurden zerstört oder befinden sich in russisch besetztem Gebieten“, sagt Rybalka.

Spenden sammeln für die Heimat

Und so sehen die Musiker heute ihre Aufgabe bei ihren umfangreichen Tourneen: „Als kultureller Botschafter im Ausland aufzutreten, unsere ukrainische Sichtweise auf die Weltmusik zu präsentieren, den Europäern vom Krieg zu erzählen und vor allem Hilfe für die leidenden Menschen in der Ukraine zu mobilisieren – dieses Ziel entstand bei uns mit Beginn des groß angelegten Krieges mit Russland und wir verfolgen es bis heute“, sagt Rybalka. Dabei bleibt es nicht bei Worten: „Bei jedem Konzert organisieren wir eine Spendensammlung: für medizinische Ausrüstung, Evakuierungsfahrzeuge, Krankenwagen, Generatoren. Wir unterstützen Freiwillige, Rehabilitationszentren für Verwundete, Militärärzte und Tierschutzzentren.“ Ziel des Orchesters sei nicht nur, Freude durch Musik und eine eindrucksvolle Show zu bringen, man wolle möglichst Menschen unterstützen, die unter dem Krieg leiden. In den letzten drei Jahren sei es gelungen, vielen zu helfen, sagt Rybalka. „Darauf sind wir stolz und wir glauben fest daran: Musik kann Leben retten.“