Beim Pflanzentauschtag in Weinstadt wird getauscht, beraten und gelacht – Pflanzen wechseln ihre Besitzer, Tipps machen die Runde. Was besonders gefragt war – und welche Gartenarbeiten jetzt sinnvoll sind.
Die Schwiegermutter sollte es nicht erfahren: aber ihre Orchidee verlässt das Haus. Von der einst prachtvollen Pflanze sind nur noch ein paar kümmerliche Blätter und ein müder Trieb zu sehen. Mal schauen, ob sich auf dem Pflanzentauschtag in Weinstadt ein Liebhaber findet, der ihr Potenzial erkennt, und sich ihrer annimmt.
Unter dem Motto „Tausche Benjamini – suche Himbeere“ hat der Gemeinschaftsgarten-Verein Weinstadt in Kooperation mit der Stadt sowie dem BUND und dem Klimabündnis am Samstag zum Pflanzentauschtag im Bürgerpark Grüne Mitte eingeladen. Schon zu Beginn um 14 Uhr herrschte reges Treiben. In Kisten, Töpfen und Kartons stapeln sich Kräuter, Stauden, Ableger, Setzlinge und Blumenzwiebeln. Manche Besucher haben eine einzelne Pflanze dabei, andere bringen einen halben Kofferraum voll Grünzeug mit.
Pflanzentausch in Weinstadt: Entdecken und Ausprobieren
Angeboten wird, was zu Hause zu viel ist – und gesucht wird alles, was gerade fehlt – oder worauf man neugierig ist. „Kennst Du das hier?“, fragt eine Besucherin ihre Begleiterin und zeigt auf zwei zarte Blättchen, die mit feuchtem Küchentuch umwickelt sind und bei den Zimmerpflanzen liegen. „Nimm’s einfach mit und probier es aus, dann wirst du schon sehen, was draus wird“, sagt ihre Freundin.
Im Zweifel sind genug fachkundige Hobbybotaniker im Publikum, um jede Pflanzen zu bestimmen. Und wenn’s schnell gehen muss, wird zum Mobiltelefon gegriffen. „Jetzt hab ich es“, sagt ein Senior, nachdem er seine Handy-Pflanzenapp bemüht hat. „Die bunten Blätter in dem Marmeladeglas gehören zu einer Buntnessel.“
Vielfältige Pflanzen zum Tausch: Von Klassikern bis Exoten
Das Angebot reicht von Klassikern wie Gartenprimeln, Bärlauch, Schmetterlingsflieder, Zitronenmelisse, Paprika, Erika und Bodendeckern über Kakteen, Gummibäumen, Herbstanämonen und Pfingstrosen bis hin zu Exoten wie der Spuckpalme oder der Enzianstrauch.
„Ich habe einen Bleistiftbaum mitgebracht, der mir zu groß geworden ist“, sagt eine ältere Dame. Das hüfthohe, immergrüne Wolfsmilchgewächs ist mit Vorsicht zu behandeln und nicht zu genießen: der giftige Milchsaft kann Hautreizungen auslösen. Eine freudige Abnehmerin findet der Strauch trotzdem im Nu.
Und auch die Seniorin selbst wird fündig. Unsere Orchidee erobert ihr Herz. „Die hat ja sogar einen Trieb, die wird schon wieder, wollen Sie die wirklich nicht behalten?“, sagt sie. „Also ich nehme sie gern mit, zuhause habe ich schon zwei andere Orchideen. Ich gebe ihr erst mal ein Vollbad und dann braucht sie natürlich auch die richtige Orchideen-Erde – das hier ist keine“, erklärt die Dame. Autsch. Fröhlich packt sie ihren grünen Neuzuwachs in ihren Einkaufstrolley und marschiert von dannen.
Für die Veranstalter steht der Gemeinschaftsgedanke im Vordergrund. „Es geht nicht um perfekte Pflanzen, sondern um nachhaltiges Gärtnern. „Wer perfekte Pflanzen will, der geht in eine Gärtnerei und kommt nicht zu uns“, sagt Silke Siegle vom Klimabündnis.
Pflanzentausch in Weinstadt: Erfolgsmodell seit 2016
Den Tauschtag gibt es seit 2016, erklärt Julia Feldmann, Vorsitzende des Gemeinschaftsgarten-Vereins. Durchschnittlich 50 bis 100 Besucher finden den Weg nach Weinstadt. Ein ähnlicher Tauschtag in Schorndorf findet bereits am Vormittag statt. Und was dort nicht an den Mann und die Frau gebracht wird, schaffen die Ehrenamtlichen mittags nach Weinstadt, wo es das Angebot ergänzt. Übrig bleibe in der Regel nichts.
Und sollten doch Gartenpflanzen liegen bleiben, können sie immer noch im Gemeinschaftsgarten eine neue Heimat finden. „Platz für neue Mitglieder haben wir übrigens auch“, wirbt Feldmann für ihren Verein. Vom Hochbeet ab einem Quadratmeter bis hin zu freien Bodenbeeten seien interessierte Hobbygärtner willkommen – ganz gleich ob sie einen grünen Daumen haben oder noch grün hinter den Ohren sind. „Wir helfen einander, tauschen uns regelmäßig gegenseitig aus und geben hilfreiche Tipps.“
Apropos Tipps. Hier noch ein paar einfache Maßnahmen fürs Frühjahr im Garten:
- 1. Vorziehen: Tomaten, Gurken und anderes Gemüse jetzt in Anzuchterde setzen. Helle Fensterplätze wählen, sparsam gießen, regelmäßig lüften. Ideal sind Minigewächshäuser aus Plastik.
- 2. Jungpflanzen abhärten: Bevor Setzlinge nach draußen dürfen, brauchen sie ein paar Tage Eingewöhnung. Erst stundenweise rausstellen, vor Wind und starker Sonne schützen.
- 3. Eisheilige abwarten: Empfindliches Gemüse wie Tomaten oder Zucchini erst ab Mitte Mai ins Beet nach draußen – vorher drohen Spätfröste.
- 4. Kräuter richtig schneiden: Verholzende Kräuter wie Thymian oder Rosmarin stark zurückschneiden – sie treiben besser wieder aus. Aufgepasst: lieber etwas Grünanteile übrig lassen.
- 5. Insektenfreundlich pflanzen: Wer Lavendel, Salbei, Ringelblume oder Kapuzinerkresse pflanzt, tut auch Wildbienen und Schmetterlingen etwas Gutes.
- 6. Umtopfen nicht vergessen: Zeigt sich Wurzelgeflecht am Topfboden, ist Zeit für einen größeren Topf. Ballen vorsichtig lösen, frische Erde verwenden. Neue Töpfe sollten ausreichend groß sein.
- 7. Werkzeug und Material prüfen: Scharfe Klingen vermeiden Quetschverletzungen an den Pflanzen und machen das Arbeiten leichter.