Rund 40 Prozent der künftigen Wasserstoffleitungen müssen neu gebaut werden. Foto: terranets bw/Max Kovalenko
Große Trassen sollen Wasserstoff künftig quer durch Deutschland transportieren. 2025 sollen erste Teilstücke fertig werden. Auch im Südwesten wird der Hochlauf greifbarer.
Im Jahr 2025 sollen die ersten 525 Kilometer der neuen bundesweiten Wasserstoff-Autobahn fertig werden. Auch im Südwesten nimmt das geplante Leitungsnetz für den Energieträger der Zukunft Form an. Über seine Tochter Terranets BW will Baden-Württembergs größter Energiekonzern EnBW die im Bau befindliche Süddeutsche Erdgasleitung (SEL) in das sogenannte Wasserstoff-Kernnetz einbringen.
Seit Ende 2024 ist ein erster 24 Kilometer langer Abschnitt von Heilbronn bis in den Kreis Ludwigsburg in Betrieb. „Bis 2027 stellen wir rund 150 Kilometer der wasserstofftauglichen Leitung von der hessischen Landesgrenze bis in den Großraum Stuttgart fertig“, sagt Katrin Flinspach, Geschäftsführerin des Gastransportnetzbetreibers Terranets BW. „Sobald ausreichend Wasserstoff zur Verfügung steht, wird die SEL zur zentralen Versorgungsader für Wasserstoff in Baden-Württemberg“, betont Flinspach. Die an europäische Transportrouten angebundene, insgesamt 250 Kilometer lange, Pipeline soll ab den 2030er Jahren Wasserstoff transportieren – von Hessen über Heidelberg, Heilbronn, Ludwigsburg, Esslingen, Göppingen und Heidenheim bis nach Bayern.
Wann im Südwesten der erste Wasserstoff fließt
Terranets-BW-Geschäftsführerin Katrin Flinspach Foto: Terranets BW
Im Raum Freiburg entsteht der erste Teil des Kernnetzes im Südwesten. Gemeinsam mit dem Verteilnetzbetreiber Badenova Netze und dem französischen Gasinfrastrukturbetreiber GRTgaz arbeitet Terranets BW an einem grenzübergreifenden Wasserstoff-Transportnetz mit dem sperrigen Namen RHYn Interco. „Bereits 2029 wird in Baden-Württemberg der erste Teil des Wasserstoff-Kernnetzes mit RHYn Interco Wasserstoff transportieren“, sagt Flinspach. Die Leitungen verbinden Großabnehmer im Südwesten mit der Region Grand Est in Frankreich.
Terranets BW: Gastnetz wird vollständig auf Wasserstoff umgestellt
Im Oktober hatte die Bundesnetzagentur das Wasserstoff-Kernnetz genehmigt. Bis 2032 soll es auf 9040 Kilometer anwachsen und wichtige Wasserstoff-Standorte in allen Bundesländern miteinander verbinden: Häfen, Erzeugungsstandorte und Industriezentren. Die Gesamtkosten in Höhe von rund 19 Milliarden Euro soll die Privatwirtschaft tragen – mit staatlicher Unterstützung über die Deckelung von Netzentgelten.
Im Südwesten soll das Kernnetz Verbrauchsschwerpunkte anbinden: den Großraum Stuttgart und die Region Rhein-Neckar, die Ostalb, Oberschwaben, den östlichen Bodenseeraum, den Hochrhein und die Region Mannheim/Karlsruhe. Am Ende werden etwa 40 Prozent der Leitungen neu gebaut sein. Für die übrigen rund 60 Prozent werden bestehende Erdgasleitungen umgestellt. „Für die Anbindung aller Regionen in Baden-Württemberg werden wir ein leistungsfähiges, überregionales Wasserstoffnetz benötigen. Daher gehe ich davon aus, dass das heutige Gastransportnetz vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden muss“, betont die Terranets-BW-Chefin.
Wasserstoff-Kernnetz soll 2025 mit 525 Kilometern starten
Klimaschonend hergestellter Wasserstoff soll im künftigen Wirtschaftssystem neben Strom aus erneuerbaren Quellen eine zentrale Rolle spielen. Als Energieträger soll das Zukunftsgas in neuen Gaskraftwerken in sonnen- und windarmen Zeiten Strom erzeugen. In der Industrie soll Wasserstoff etwa bei der Stahlherstellung Kohlenstoff ersetzen und so große Mengen klimaschädliches Kohlendioxid vermeiden.
Für die ersten 525 Kilometer werden 507 Kilometer bestehende Leitungen umgestellt. Das längste umgestellte Kernnetz-Teilstück über knapp 400 Kilometer, das 2025 in Betrieb genommen werden soll, führt von Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) an der Ostsee bis nach Bobbau in Sachsen-Anhalt. Ebenfalls in Sachsen-Anhalt soll eine knapp 25 Kilometer lange Wasserstoffleitung zwischen Bad Lauchstädt und Leuna-Süd entstehen – auch hier durch eine Leitungsumstellung.
Wann fließt der erste Wasserstoff zu Abnehmern?
Das Wasserstoff- Kernnetz Foto: Lange
Längere Teilstücke sollen auch im Westen fertig werden im Rahmen der Initiative Get H2, unter anderem eine 50 Kilometer lange Umstellungsleitung zwischen Lingen (Niedersachsen) und Legden (Nordrhein-Westfalen) und eine 11 Kilometer lange Neubauleitung, die 2027 einen unterirdischen Wasserstoff-Speicher ans Netz anbinden soll. In Lingen will der Energiekonzern RWE 2025 einen 100 Megawatt-Elektrolyseur für die Wasserstoff-Produktion in Betrieb nehmen.
Geplant ist, die 525 Kilometer Pipelines betriebsbereit für den Wasserstoff-Transport zu machen. Ob 2025 schon Wasserstoff durch die Leitungen fließt, können die Leitungsbetreiber noch nicht sagen. „Das ist eine Frage des Marktes, also der Händler“, heißt es vom Branchenverband Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB) Gas. 2026 geht der Aufbau des Kernnetzes langsamer weiter. Laut Plan werden rund 142 Kilometer Wasserstoffleitungen fertig, zwei Kilometer davon werden neu gebaut.