Die Waldau in Degerloch platzt aus allen Nähten. Daher soll nicht nur eine dritte Eishalle gebaut werden. So sehen die Pläne aus. Auch der Fernsehturm spielt eine Rolle.

Es ist das zweitgrößte Sportgebiet in Stuttgart, doch die Waldau in Degerloch platzt aus allen Nähten. Deshalb soll nicht nur eine dritte Eishalle gebaut, die umliegenden Vereine sollen auch dringend benötigte weitere Trainingsflächen erhalten. Daher plant die Stadt nun mit einem Masterplan den ganz großen Wurf. Das gesamte Gebiet soll neu gestaltet werden – selbst der Fernsehturm spielt eine Rolle.

 

Großer Bedarf an Sportstätten in Vereinen und im Freizeitsport

„Der Bedarf an weiteren Sportstätten ist enorm“, betonte Daniela Klein, die Leiterin des Amts für Sport und Bewegung, jüngst im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik. Nicht nur angesichts steigender Mitgliederzahlen bei den Vereinen, sondern auch im Freizeitsport. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass zwei Rasenspielfelder in Kunstrasenplätze umgewandelt werden müssten. Zudem haben die Stuttgarter Kickers den Aus- und Umbau der Vereinsanlage angemeldet. Für die Leichtathletik soll die Betriebssportanlage um weitere Laufbahnen erweitert werden, um offizielle Wettkämpfe durchführen zu können. Zudem fehlen zusätzliche Tennisplätze. Und nicht zuletzt soll eine dritte Eishalle die Probleme der fünf Eissportvereine beheben, was ausschlaggebend für die Planungen war.

Das Problem: „Für die Waldau existiert kein gültiger Bebauungsplan“, so Klein weiter. Laut geltendem Recht nach Paragraf 35 für Außenbereiche in der Landeshauptstadt sind somit keine Neubauten zulässig. Das betrifft nicht nur die in die Jahre gekommenen Sportanlagen, sondern auch die anderweitige Nutzung, wie das Waldhotel, der Montessori-Kindergarten oder auch die Gastronomie. Im Hinblick auf die stetig gewachsene Bedeutung der Waldau als Naherholungs- und Freizeitsportgebiet will die Verwaltung nun für Planungssicherheit sorgen. Daher holt die Stadt zum großen Wurf aus, und zwar mit einem Masterplan.

Neubau in unmittelbarer Nähe zur Eiswelt

Das Stuttgarter Büro Zoll-Architekten hat mit Hilfe der zuständigen Ämter und mehreren Workshops drei mögliche Varianten für die weitere Eishalle ausgearbeitet. Möglich wäre unter anderem ein Neubau unmittelbar hinter der bestehenden Eiswelt. Aber auch direkt daneben am Königsträßle gelegen ist er denkbar. Die letzte, wenngleich sehr ausgefallene Variante ist ein Standort für die dritte Eishalle direkt an der Jahnstraße. „So könnte eine architektonische Einheit zwischen Halle, Gazi-Stadion und Fernsehturm entstehen“, ist Architekt Ruprecht Neulinger überzeugt. Für alle Varianten sind aber Verlegungen und deutliche Eingriffe in die Vereinsanlagen notwendig.

Kritik an Erschließung über die Mittlere Filderstraße

Hingegen gleichgeblieben ist der geplante Standort für den Mobility-Hub am Guts-Muths-Weg hinter dem Gazi-Stadion. Dieser könnte aber aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht über die Jahnstraße angefahren, sondern müsste neu von der Mittleren Filderstraße aus erschlossen werden. Kritik hagelte es dafür von Seiten der Stadträte, die den neuen Mobility-Hub lieber direkt an der Jahnstraße verorten würden. Dagegen spricht aber ein anderes Anliegen der Verwaltung: die mögliche Ernennung des Stuttgarter Fernsehturms zum Weltkulturerbe. Denn Stadt und Land haben die ikonische Nadel aus Beton auf der deutschen Vorschlagsliste bei der Unesco angemeldet. „Voraussetzung dafür ist aber, dass die Sichtachse erhalten bleibt“, betonte Baubürgermeister Peter Pätzold. Soll heißen, der Fernsehturm muss für Fußgänger an der Jahnstraße weithin einsehbar sein.

Ob und wann das Stuttgarter Urmodell für viele Fernsehtürme auf der Welt jemals in die Liste aufgenommen wird, ist fraglich. Auch der Zeitplan für die Umgestaltung der Waldau ist noch vage. Bis Anfang 2026 soll der Masterplan nun fertig gestellt werden, mit dem Beginn der Bauarbeiten ist nicht vor 2030 zu rechnen.

Die Waldau

Frühe Geschichte
Als räumliches Areal wurde die spätere Waldau Ende der 1860er Jahre definiert, als die Württembergische Armee einen Exerzierplatz im Stuttgarter Armenkastenwald anlegte. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts rückte im Zuge der aufkommenden Freizeit- und Vereinskultur auch die Waldau ins Blickfeld.

Sportbetrieb
Die beiden ersten Vereine, die sich ansiedelten, waren 1904 der Luftbad-Verein und 1905 die Stuttgarter Kickers. Heute ist das Sport- und Erholungsgebiet mit einer Fläche von 41 Hektar nach dem Cannstatter Neckarpark das größte in Stuttgart mit mehr mehr als 13 000 aktiven Vereinsmitgliedern. Neben dem Gazi-Stadion, der Eiswelt Stuttgart, der Bezirkssportanlage, der Kletteranlage des Deutschen Alpenvereins und der Bewegungswelt Waldau mit öffentlichen Fitnessgeräten befinden sich auf dem Areal auch das SSB-Veranstaltungszentrum, das Waldhotel Degerloch, drei Kindergärten sowie die Waldschule Degerloch. Fernsehturm
1956 wurde der Stuttgarter Fernsehturm als erster seiner Art in der Welt aus Stahlbeton und in Nadelform errichtet. Der 216,6 Meter hohe Turm, der auf dem Hohen Bopser über der Waldau thront, ist inzwischen das Wahrzeichen der Landeshauptstadt.