Wenn die Esslinger 2027 ihr Stadtjubiläum feiern, wollen sie sich mit einem neuen Marktplatz beschenken. Die Pläne finden Beifall, doch die Kosten steigen.
Wenn Esslingen 2027 sein 1250-jähriges Stadtjubiläum feiert, will sich die Kommune einen lang gehegten Wunsch erfüllen und einen neu gestalteten Marktplatz einweihen. Doch bis dahin ist es ein weiter und kostspieliger Weg. Im Gemeinderat musste Baubürgermeister Hans-Georg Sigel nun eine deutliche Kostensteigerung vermelden: War man im Februar noch von 7,5 Millionen Euro ausgegangen, so wurde die Kalkulation nun auf 9,7 Millionen Euro nach oben korrigiert. Weil man bei einem Geburtstagspräsent jedoch nicht knausern soll, segnete der Gemeinderat den Nachschlag bei nur einer Gegenstimme ab.
Baubürgermeister Sigel verwies darauf, dass die Planung seit dem Baubeschluss im Februar in vielen Runden verfeinert worden war. „Insbesondere die erweiterten und fachlich begründeten Anforderungen an die technische Infrastruktur für Märkte und Veranstaltungen führen zu Mehrkosten in Höhe von etwa 700 000 Euro“, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Das Land steuert 1,6 Millionen Euro bei
Auch das ausgeklügelte Beleuchtungskonzept treibt die voraussichtlichen Kosten um etwa 200 000 Euro nach oben. Was dem Gemeinderat die Zustimmung dennoch erleichtert haben mag: Anders als zunächst befürchtet, kann die Stadt nun doch mit einem stattlichen Landeszuschuss rechnen: Rund 1,6 Millionen Euro sollen nach Esslingen fließen – der offizielle Förderbescheid wird im September erwartet.
Landschaftsarchitekt Rainer Gänßle vom Esslinger Büro Gänßle und Hehr, der die planerische Federführung übernommen hat, räumte ein, dass es Angenehmeres gäbe, als solche Kostensteigerungen zu vermelden. Doch er versicherte dem Gemeinderat: „Der Platz wird nach der Umgestaltung genau so aussehen, wie Sie ihn sich heute schon vorstellen können.“ Gänßle erläuterte alle Faktoren, die die Kosten in die Höhe getrieben hatten. Gerade die Strom- und Wasserversorgung für das geplante Fontänenfeld, aber auch für Märkte und Veranstaltungen sei erheblich aufwendiger geworden als zunächst gedacht, was auch die Planungskosten deutlich steigert. So werden im Untergrund 2,3 Kilometer Leerrohre für Elektroleitungen, 41 Stromverteiler sowie 400 Meter Wasserleitungen verlegt. Außerdem soll es doppelt so viele Sitz- und Liegeflächen geben als ursprünglich geplant.
Eng getakteter Zeitplan
Nachdem der Baubeschluss nun an die neuen Kosten angepasst wurde, kann die Stadt die Ausschreibung der Arbeiten auf den Weg bringen – erst wenn Angebote eingegangen sind, wird klar sein, ob der neue Kostenrahmen einzuhalten ist. Gleich nach dem Weihnachtsmarkt sollen die Bauarbeiten im Januar 2026 beginnen – an Pfingsten 2027 soll der neu gestaltete Marktplatz seiner Bestimmung übergeben werden. Mit Blick auf den Kalender spricht man allerdings im Rathaus schon jetzt gerne von einem „sportlichen Terminplan“. So heißt es in der Sitzungsvorlage: „Ein zentrales Risiko für das Vorhaben liegt im knapp bemessenen Zeitrahmen. Der festgelegte Fertigstellungstermin zum Stadtjubiläum, die erforderliche Unterbrechung der Bauarbeiten während des Weihnachtsmarkts sowie das insgesamt enge Zeitbudget stellen eine erhebliche Herausforderung für die ausführende Baufirma dar.“ Ob dieser Zeitdruck die Baupreise in die Höhe treibt, sei derzeit nur schwerlich vorherzusagen.
Die Pläne für den Marktplatz fanden im Gemeinderat Beifall – die stattliche Kostensteigerung kam weniger gut an. „Wir sehen das mit Sorge“, erklärte Tim Hauser (CDU). „Manches hätte man vorhersehen können.“ Carmen Tittel (Grüne) fand die Entwicklung ärgerlich, betonte jedoch: „Es ist wichtig, dass die jahrzehntelange Diskussion ein gutes Ende findet.“ Daniel Scharpf (SPD) konnte die Herausforderungen für die Planer nachvollziehen. Gerade wegen des eng getakteten Zeitplans, der kaum zeitliche Puffer vorsieht, müsse die Stadt darauf drängen, dass an Pfingsten 2027 Einweihung gefeiert werden kann. Michael Weinmann (Freie Wähler) hofft, dass die Kosten trotz einer anspruchsvollen Aufgabe im Rahmen bleiben.
Bleibt noch Geld für zweiten Abschnitt?
Rena Farquhar (FDP/Volt) fand, die Stadt müsse unabhängig vom Jubiläum beim Marktplatz endlich etwas tun. Verwundert hat sie registriert, dass die Stadt einem Fontänenfeld auf dem Marktplatz einiges abgewinnen kann, während sie vor Jahren bei einem ähnlichen Vorschlag für den Bahnhofsvorplatz abgewunken hatte. Jürgen Häußler (AfD) befand mit Blick auf den knappen Zeitplan: „Je länger das dauert, desto teurer wird’s.“ Tobias Hardt (Linke/FÜR) mochte seinen Ärger ob der Kostensteigerung nicht verhehlen. Er brachte einen Verzicht auf den zweiten Bauabschnitt, der sich nach 2027 der Abt-Fulrad-Straße und der Agnespromenade widmen soll, ins Gespräch. Und Hermann Beck (WIR/Sportplätze erhalten) gefällt es nicht, dass der Gemeinderat einer derart stattlichen Kostensteigerung unter Zeitdruck und ohne mögliche Alternativen zustimmen muss: „Schnelle Entscheidungen sind nicht immer die besten.“
Marktplatz-Pläne im Kurzporträt
Flächen
Der Esslinger Marktplatz wird mit einer Fläche von 7500 Quadratmetern neu gestaltet. 3800 Quadratmeter kommen 2028 in Richtung Abt-Fulrad-Straße hinzu.
Idee
Der neue Marktplatz soll als „moderne Multifunktionsfläche im Herzen der Stadt“ zum zentralen Treffpunkt werden. Er soll die historische Umgebung in Szene setzen und eine Kulisse für Events aller Art bieten. Bis auf die Zufahrt zur Tiefgarage Kleiner Markt und wenige Behindertenparkplätze sollen dort Autos künftig keine Rolle mehr spielen.
Gestaltung
Ein heller Pflasterbelag wird den bisherigen Asphalt-Flickenteppich ersetzen und den Platz weniger stark aufheizen. Zusätzliche Bäume und begrünte Baumbeete spenden Schatten. Ein Fontänenfeld und ein Trinkwasserbrunnen sorgen für Abkühlung. Rings um den Marktplatz soll es mehr Fläche für die Außengastronomie geben. Sitzbänke an den Baumbeeten laden zum Verweilen ein. Der Marktplatz wird barrierefrei gestaltet, ein Blindenleitsystem bietet Sehbehinderten Orientierung. Dezente Lichtinszenierungen heben die historische Bedeutung des Platzes hervor.