„Power Up“-Tour Let There Be Rock! So war’s bei AC/DC in Karlsruhe
Die große AC/DC-Show: Angus Young, Brian Johnson und Co. sind am Sonntag vor 75.000 Fans in Karlsruhe aufgetreten – Bilder, Setlist und Kritik vom Konzert auf dem Messegelände.
Die große AC/DC-Show: Angus Young, Brian Johnson und Co. sind am Sonntag vor 75.000 Fans in Karlsruhe aufgetreten – Bilder, Setlist und Kritik vom Konzert auf dem Messegelände.
Die fünf Männer auf der Bühne spielen ein Lied über eine Autobahn, die schnurstracks in die Hölle und damit zu all den guten alten Freunden führt, die da schon fröhlich auf einen warten. Sie spielen ein Lied über eine gewisse Rosie, die zwar keine besondere Schönheit zu sein scheint, aber trotzdem allen die Show stiehlt. Sie spielen ein Lied, über einen Mann, der wie Sprengstoff ist, und vor dem man besser seine Töchter und Frauen wegsperren sollte. Sie spielen Lieder über Donnerschläge, Hochspannung und eine Stadt der Sünden; Songs, die „Highway To Hell“, „Whole Lotta Rosie“, „T.N.T.“, „Thunderstruck“, „High Voltage“ oder „Sin City“ heißen.
Und dazu watschelt ein dürrer Gitarrist in roter Schuluniform im Entengang über die Bühne. Ein stämmiger Sänger, der ein Schiebermütze trägt, gibt den kreischenden Schwerstarbeiter. Die Menschen im Publikum tragen schwarze T-Shirts, jubeln, spielen entweder Luftgitarre oder grölen Refrains, während auf ihren Köpfen dunkelrote Teufelshörnchen blinken. Und am Ende, als die Band ein Lied spielt, das einem Rock’n’Roll-Glaubensbekenntnis gleicht, dröhnen als Amen Kanonenschläge durch die Nacht, und ein Feuerwerk zaubert kunterbunte Farben in den Himmel über Karlsruhe: Herzlich willkommen bei der großen AC/DC-Show!
AC/DC sind am Sonntagabend auf dem Messegelände in Karlsruhe vor rund 75.000 Zuschauerinnen und Zuschauern aufgetreten. Gut zwei Stunden dauert die Show. „We’re gonna play some rock’n’roll and have a party“, kündigt Sänger Brian Johnson (77) an, als das Konzert pünktlich um 20 Uhr mit „Let There Be Blood (You’ve Got It“) beginnt, und er verspricht nicht zu viel. Der Abend wird zu einer wunderbar wertkonservativen Rock’n’Roll-Party – und erweist sich als ein Aufstand alter Männer gegen das Altwerden und gegen den Zeitgeist.
Auch wenn Gitarrist Angus Young (70) das einzige verbliebene Gründungsmitglied von AC/DC ist, hat sich die Band doch musikalisch kaum verändert, seit sie am Silveresterabend des Jahres 1973 in einem Club in Sydney ihr erstes Konzert gab. Noch immer spielt sie einen von Blues und Boogie beseelten Hardrock – auch wenn ihr Sound mit der Zeit etwas schärfer geworden ist. Von den 21 Songs, die AC/DC am Sonntag in Karlsruhe im Programm haben, stammen zwei vom Debütalbum „High Voltage“ aus dem Jahr 1975 – genauso viele wie vom aktuellen Album „Power Up“ (2020), dem die Tour ihren Namen verdankt. Tatsächlich spielen AC/DC in Karlsruhe sogar nur vier Songs, die nicht schon über 40 Jahre alt sind: „Demon Fire“, „Thunderstruck“, „Shot In The Dark“ und „Stiff Upper Lip“.
Doch das stört kein bisschen. Wie Brian Johnson und Angus Young, die sich den Platz vorne an der Bühne teilen, begleitet von Stevie Young (68, Rhythmusgitarre), Matt Laug (57, Schlagzeug) und Chris Chaney (55, Bass) ihr Repertoire inszenieren, ist immer aufs Neue ein Ereignis. Zum Beispiel „Whole Lotta Rosie“, bei dem Angus Young nicht nur grandios dieses markante Riff wieder und wieder variiert, sondern auch aufstampfend Band und Publikum gleichzeitig dirigiert. Oder wenn einem bei „Back in Black“ plötzlich bewusst wird, dass dieser Song aus dem Jahr 1980 mit seinem störrischen Beat eigentlich so etwas wie die Antwort des Hardrock auf den Rap ist. Oder wenn sich die Nummer „You Shook Me All Night Long“ so toll als hymnisches Singalong verkleidet, dass man bereit ist, all den Sexismus, der da zwischen den Zeilen lauert, zu überhören. Oder wenn Angus Young beim Finale von „Let There Be Rock“ ein gefühlt halbstündiges Solo spielt, bei dem er irgendwann auf der Rampe, die ins Publikum führt, wie vom Bluesrock-Teufel besessen auf dem Rücken liegend und mit den Füßen strampelnd über das Griffbrett wirbeln wird, während es Unmengen an Konfetti regnet.
Wer vor einem Jahr auf dem Cannstatter Wasen war, als AC/DC ebenfalls im Rahmen ihrer „Power Up“-Tournee auftraten und 90.000 Besucherinnen und Besucher anlockten, den erwarten in Karlsruhe allerdings keine großen Überraschungen. Nicht nur das Vorprogramm ist das gleiche (Taylor Momsen mit ihrer Band The Pretty Reckless), sondern auch die Setlist ist nahezu identisch. Lediglich die Nummer „Rock N Roll Train“ muss in Karlsruhe dem Stück „Hell Ain’t A Bad Place To Be“ weichen – noch einem Lied, in dem es um verführerische Frauen und den Teufel geht, der offenbar in der Welt von AC/DC in jedem Mann lauert.
Das Konzert in Karlsruhe war die vorletzte Show in Europa im Rahmen der „Power Up“-Tournee. Nach dem Auftritt am 21. August im Murrayfield Stadium in Edinburgh gönnt sich die Band erst einmal eine Pause, bevor es am 12. November mit Konzerten in der australischen Heimat von AC/DC weitergeht. Auf dem Programm stehen bis zum 18. Dezember Auftritte in Melbourne, Sydney, Adelaide, Perth und Brisbane. Tickets und Termine gibt es hier.