Ein PR-Berater, der sich selbst „PR-Drecksau“ nennt, trommelt offenbar im Auftrag gegen das Biosphärengebiet Bodensee-Oberschwaben – dazu findet der Branchenrat klare Worte.
Dieser Tage hat Marcus Johst mal wieder einen seiner Newsletter verschickt. Bereits zum 27. Mal zog er als „Sphärman“ über das von der grün-schwarzen Landesregierung geplante Biosphärengebiet Bodensee-Oberschwaben her. Wie stets nahm er Befürworter des Naturreservats ins Visier, die er gerne mit derben Ausdrücken („schamloser Lügner“) bedenkt.
Nun sieht sich Johst selbst mit deutlichen Worten konfrontiert. Nach monatelanger Prüfung hat der Deutsche Rat für Public Relations – das Selbstkontrollorgan der PR-Branche – eine Rüge gegen den Kommunikationsberater ausgesprochen. Angekreidet werden ihm „Verstöße gegen grundlegende ethische Prinzipien der Kommunikation, insbesondere gegen das Transparenz- und das Loyalitätsgebot“.
Stimmungsmache im Auftrag Dritter?
Es bestehe nämlich der Verdacht, dass er seinen Blog, also die gebündelten Newsletter, nicht aus Eigeninteresse betreibt, sondern „im Auftrag Dritter“. Mit der Stimmungsmache gegen das Biosphärengebiet solle die öffentliche Meinung beeinflusst werden, „ohne dies jedoch offenzulegen“. Damit verstoße der PR-Mann gegen das zentrale Gebot der „Absendertransparenz“: Die Urheber von Botschaften müssten danach klar erkennbar sein.
Als „Schädigung des Berufsstandes“ wertet der PR-Rat zudem das Auftreten des gebürtigen Österreichers mit Wohnsitzen in Berlin und Wien. In sozialen Medien bezeichne er sich selbst als „PR-Drecksau“, auch der Darstellung als „medialer Auftragskiller“ widerspreche er nicht. Dadurch werde ein „falsches Bild des PR-Berufsfeldes“ gezeichnet und dessen Arbeitsgrundlage untergraben. Aber auch Auftraggeber, empfiehlt der Rat, sollten sich „vorab von der Seriosität und Glaubwürdigkeit der von ihnen beauftragten PR- und Kommunikationsprofis überzeugen“.
Fürstenhaus reagiert nicht auf Anfragen
Wer aber könnte die „PR-Drecksau“ losgeschickt haben? Dafür gibt es bisher nur Hinweise, aber keine Beweise. In der Begründung der Rüge wird dazu indirekt eine Vermutung geäußert: Man habe Erich Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg und dessen Generalbevollmächtigten um Auskunft über einen möglichen Auftrag gebeten, aber keine Rückmeldung erhalten. Das „Fürstenhaus“ hatte sich schon früh und massiv gegen das Biosphärengebiet ausgesprochen, auch in einem Schreiben an die Landesregierung; in der Allianz der Gegner spielt es eine zentrale Rolle. Auch frühere Anfragen unserer Zeitung, ob man hinter der Kampagne stecke, waren ohne Antwort geblieben.
Von Johst selbst war zunächst keine Stellungnahme zu der Rüge zu erhalten. Er hatte sich bereits über die Prüfung lustig gemacht und behauptet, sie treffe ohnehin den Falschen: Er sei bei dem Thema nicht als PR-Berater, sondern als Journalist unterwegs. Diese Darstellung bezweifelt der Rat ausdrücklich und nimmt dabei auf Recherchen unserer Zeitung Bezug. Bei einem Gerichtstermin im Zuge einer Art Privatinsolvenz hatte sich der 58-Jährige nämlich in Wien ganz anders geäußert. „Ich bin nicht mehr als Journalist tätig“, sagte er dort, und führe „auch keine journalistischen Reisen mehr durch“. Dabei berichtete er bis zuletzt wiederholt von Vor-Ort-Terminen in Oberschwaben. Bei einem anderen Gerichtstermin ein Jahr zuvor habe er die Berufsbezeichnung nur aus Versehen angegeben. Seine Büroadresse im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin habe vor allem rechtliche Gründe.
Zunehmend Gegenwind für Pläne
Konkrete Folgen hat die Rüge des PR-Rats für Johst nicht, sie ist vor allem symbolischer Art. Inwieweit seine Arbeit die Stimmung gegenüber dem Biosphärengebiet beeinflusst, lässt sich kaum feststellen. Doch das vor allem von den Grünen in der Regierung betriebene Projekt stößt zunehmend auf Gegenwind. In der Koalition wachsen daher die Zweifel, ob es in dieser Legislaturperiode noch realisiert wird.