In Erinnerung an die Bauernkriege vor 500 Jahren wird am 4. Mai in Degerloch ein Denkmal enthüllt, das an den Bauernführer Jerg Ratgeb erinnert, geschaffen von dem BIldhauer Uli Gsell. Die Degerlocher Geschichtswerkstatt hat daran maßgeblichen Anteil.
Wie verköstigt man etwa 3000 Leute über mehrere Tage hinweg in Degerloch? Heute wäre das kein Problem, aber wie war das im Jahr 1525, also vor 500 Jahren? So viele könnten es ungefähr gewesen sein, schätzt der Degerlocher Ortshistoriker von der Geschichtswerkstatt, die damals in Zeiten der Bauernkrieg dem Ruf von Jerg Ratgeb gefolgt sind, sich in „Tegerloch ob Stuttgarten“ zu einem Bauernheer zusammenzufinden. Von Degerloch aus sind sie nach Herrenberg gestürmt, haben die Stadt erobert. Und sind von dort nach Böblingen gezogen, wo sie allerdings vernichtend geschlagen wurden.
Im Ramsbach-Tal campiert
An diese Zeit und an diese Vorgänge erinnert nun ein Denkmal in Degerloch, das am 4. Mai um 15.30 Uhr enthüllt wird. „Dieses Bauernheer, das sich aus den verschiedensten Gruppierungen zusammengesetzt hat, konnte eigentlich nur im Ramsbach-Tal kampiert haben, denn nur dort gab es ausreichend Wasser für so viele Menschen. Denkbar wäre vielleicht noch das heutige Industriegebiet Tränke“, erzählt Doka. In Degerloch selbst lebten in dieser Zeit vielleicht an die hundert Menschen, fließendes Wasser gab es dort nicht.
Der Historiker Gerhard Raff vermittelte
Deshalb befindet sich das Denkmal auf dem Grünstreifen zwischen der Reutlinger Straße und dem Silberpappelweg auf der Höhe der Reutlinger Straße 36. Entwickelt hat es der Bildhauer Uli Gsell. Den Kontakt zu ihm hat der Historiker Gerhard Raff vermittelt. Informativ vorbereitet wird das Ganze schon seit einigen Jahren von der Degerlocher Geschichtswerkstatt sowie von anderen Historikern aus der Umgebung. Sie haben aufbereitet, was es mit Ratgeb, dem Bauernkrieg und mit Degerloch auf sich hat. „Dass dies jetzt doch zustande kam, verdanken wir auch sehr dem Kulturamt sowie dem Garten- und Friedhofsamt, wo man doch sehr interessiert war an unseren Forschungen“, sagt Doka. Denn Ratgeb war in jener Zeit auch Stadtrat in Stuttgart. In dieser Funktion wurde er allerdings verdächtigt, interne Informationen an die Bauernführer weiter gegeben zu haben, entsprechend grausam war sein Tod durch Vierteilung in Pforzheim.
Kaum schriftliche Zeugnisse der Zeit
Aus der unmittelbaren Zeitachse heraus betrachtet, war der Aufruf zum Versammeln in Degerloch der Anfang vom Ende. Auch noch Generationen später konnten die Historiker den Bauernkriegen nichts bis wenig Positives abgewinnen. Die schriftlichen Informationen aus dieser Zeit waren eher dürftig, denn Lesen und Schreiben war vor allem eine Angelegenheit für privilegierte Menschen. Und so findet sich in den Schriftzeugnissen von einst eben vor allem deren Sicht auf die Dinge.
Heute, 500 Jahre später, sieht der Blickwinkel anders aus: „Das Bauernheer ist damals zwar gescheitert, aber die von ihnen fest gehaltenen ,12 Artikel’ in Memmingen sind die Grundlage der später formulierten Menschenrechte, sie sind die Grundlage sowohl der amerikanischen wie der französischen Revolution“, sagt Doka.
Veranstaltungen zum Thema Ratgeb
Um das Wissen in Sachen Jerg Ratgeb aufzufrischen, bietet die Degerlocher Geschichtswerkstatt in diesem Jahr eine Reihe von Veranstaltungen an. Los geht es am Dienstag, 6. Mai. Da gibt es in der Stuttgarter Staatsgalerie um 16.45 Uhr eine Exklusivführung mit dem Kunsthistoriker Ulrich Weitz zum Thema Jerg Ratgeb. Fest eingeplant , aber noch ohne Termin, ist ein Besuch des Bauernkriegsmuseums Böblingen mit Führung. Ebenso eingeplant ist eine Exkursion zur Wilhelm-Zimmermann-Stube im Fricker-Haus Dettingen/Erms. Wilhelm Zimmermann, Pfarrer und Paulskirchenabgeordneter, verfasste das grundlegende wissenschaftliche Werk „Der große deutsche Bauernkrieg im Jahre 1841.“ Und dann gibt es noch die Große Landesausstellung „Uffrur“ in Bad Schussenried zum Thema „500 Jahre Bauernkrieg“. Die genauen Termine und weitere Veranstaltungen gibt es unter https://geschichtswerkstatt-degerloch.de/aktuelles/.