Das Land fördert einen Erweiterungsbau am Rems-Murr-Klinikum in Winnenden mit 28 Millionen Euro. Was die Klinik in ihrem „Haus D“ plant.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Frohe Kunde für die Rems-Murr-Kliniken aus Stuttgart: Wie das Staatsministerium Baden-Württemberg mitteilt, wird der geplante Erweiterungsbau „Haus D“ in Winnenden in das Jahreskrankenhausbauprogramm 2025 aufgenommen. Rund 28,3 Millionen Euro an Fördermitteln sind dafür vorgesehen – ein klares Signal des Landes für die Pflegebildung im Rems-Murr-Kreis.

 

Konkret bedeutet das: Das bisher im Gewerbegebiet Linsenhalde untergebrachte Bildungszentrum für Gesundheitsberufe (BZG) zieht direkt auf das Klinikgelände in Winnenden – und wird damit Teil eines neuen Pflegecampus, der Ausbildung, Versorgung und Zukunftssicherung in einem architektonischen wie inhaltlichen Entwurf vereint.

Strategischer Meilenstein: Pflegekräfte für die Zukunft sichern

Für Landrat Richard Sigel ist die Förderzusage nicht weniger als ein strategischer Meilenstein. „Selbst ausgebildete Pflegekräfte sichern unsere Zukunft“, sagt Sigel, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Rems-Murr-Kliniken ist. Schon 2017 hatte der Kreis auf seine Initiative hin eine umfassende Medizinkonzeption entwickelt. Die Integration einer modernen Pflegeschule direkt am Klinikstandort sei ein zentraler Baustein dieser Strategie, der nun greifbar werde.

Landrat Richard Sigel hofft, Auszubildende durch den Pflegecampus stärker an die Rems-Murr-Kliniken binden zu können. Foto: Gottfried Stoppel

Sigel sieht darin eine doppelte Chance: Zum einen stärke man die Ausbildungsqualität durch die räumliche Nähe zu den Versorgungszentren. Zum anderen könne so die Bindung der Auszubildenden an den Klinikverbund langfristig gefestigt werden. „Gerade in Zeiten, in denen qualifiziertes Pflegepersonal rar ist, setzen wir damit auf ein nachhaltiges Modell – ausbilden, halten, entwickeln“, so Sigel.

Lernlabor für realitätsnahe Pflegeszenarien

Das künftige „Haus D“ wird kein klassisches Schulgebäude. Auf drei Etagen sollen moderne Ausbildungsräume entstehen, inklusive eines digital ausgestatteten Lernlabors, das realitätsnahe Pflegeszenarien simulieren kann. „Das Konzept verbindet neueste Technik mit bewährten didaktischen Methoden“, erklären die BZG-Geschäftsführerinnen Sabrina Barschtipan und Marija Eckert-Bilic. Die Zahl der Ausbildungsplätze könne sich mit dem Neubau mehr als verdoppeln – dringend notwendig angesichts des steigenden Pflegebedarfs.

Darüber hinaus sind im Neubau sektorenübergreifende Flächen für eine Portalpraxis vorgesehen, also für ambulante Angebote, welche die stationäre Versorgung ergänzen. Das Gebäude selbst ist so konzipiert, dass es bei Bedarf um zwei weitere Etagen erweitert werden kann. „Wir bauen für heute – und mit Blick auf morgen“, sagt Klinik-Geschäftsführer André Mertel.

Strategische Neuausrichtung: Bildungszentrum statt Bettenbau

Die Geschichte hinter der Förderung ist selbst ein Lehrstück für strategische Anpassung: Noch 2023 stand der Erweiterungsbau auf der Kippe. Der Landkreis hatte einen ersten Förderbescheid über 9,4 Millionen Euro zurückgegeben, um auf neue Vorgaben der Krankenhausreform des Bundes zu reagieren. Statt auf zusätzliche Betten konzentrierte man sich fortan auf den Aufbau eines Bildungszentrums – und reichte im Oktober 2024 einen überarbeiteten Antrag beim Sozialministerium ein.

Baubeginn voraussichtlich Anfang 2026

Dass dieser nun mit mehr als 28 Millionen Euro beziffert wird, ist nicht nur finanziell ein Gewinn. „Das ist ein großer Erfolg für unsere Kliniken“, betont Mertel. Noch in diesem Jahr sollen die Fördergespräche abgeschlossen und die Planung konkretisiert werden. Der Baubeginn ist für Anfang 2026 geplant, die Fertigstellung zwei Jahre später.

Theorie und Praxis vereint – auf kurzem Weg

Für die Auszubildenden am BZG bedeutet der Umzug auf den Klinikcampus eine spürbare Erleichterung. Statt täglicher Pendelwege zwischen Schule und Klinik profitieren sie künftig von kurzen Wegen – Theorie und Praxis rücken zusammen. „Das verbessert nicht nur die Organisation“, so Barschtipan und Eckert-Bilic, „sondern steigert auch die Qualität der Ausbildung.“

Mit dem neuen Campus könne der Rems-Murr-Kreis eine Leerstelle im Ausbildungsangebot schließen – und so auch mittelfristig mehr Pflegekräfte aus den eigenen Reihen gewinnen. „Wir denken Bildung, Versorgung und Standortbindung zusammen“, heißt es aus dem Landratsamt. Dass dies gelingt, hängt nun von der zügigen Umsetzung ab – und von einem politischen Klima, das Investitionen in die Pflege nicht als Kostenpunkt, sondern als Zukunftssicherung versteht.

Finanzielle Herausforderungen: Rems-Murr-Kliniken im Defizit

Dass dieser Weg alternativlos ist, zeigt ein Blick in die jüngere Vergangenheit. Die Rems-Murr-Kliniken, 2014 mit dem Neubau in Winnenden gestartet, konnten ihren Umsatz binnen eines Jahrzehnts fast verdoppeln. Doch die Pandemie, der Ukraine-Krieg und steigende Betriebskosten haben Spuren hinterlassen. Der Kreis musste zuletzt wieder tiefer in die Tasche greifen – das Jahresdefizit wuchs auf mehr als 30 Millionen Euro an.

Umso wichtiger ist es nun, mit dem Pflegecampus eine nachhaltige Investition zu tätigen, die nicht nur in Gebäuden, sondern vor allem in Menschen und deren Qualifikation denkt. Im Zentrum steht – wie Sigel es formuliert – „nicht nur die Klinik als Gebäude, sondern die Pflege als tragende Säule der medizinischen Versorgung im Kreis“.