Eine Charge defektanfälliger Stromzähler aus China ist auch im Rems-Murr-Kreis verbaut worden – das kann zu Problemen führen. Wie viele Geräte es sind, ist offen.
Die Überraschung wartet im Zählerschrank: Wer dieser Tage zum Stromablesen in den Keller marschiert und auf seinen Stromzähler schaut, sieht möglicherweise anstelle der schwarzen Ziffern, die den aktuellen Verbrauch anzeigen sollen – nichts. Das Display ist leer, der Zähler defekt.
Wie viele Stromkunden genau betroffen sind, lässt sich nur ahnen, denn konkrete Zahlen nennt der Netzbetreiber Syna, bei deren Geräten mehrere Defekte bekannt wurden, nicht. Bestätigt wird vom Mutterkonzern Süwag hingegen auf Nachfrage, dass es Probleme mit Messgeräten gibt: Es sei bekannt und richtig, „dass bei einzelnen elektronischen Zählern des Typs Holley Typ DTZ541 Störungen auftreten“, teilt Süwag-Sprecher Hans Reimann mit. „Wie viele Zähler von diesem Defekt in welchen Regionen genau betroffen sind, können wir leider nicht beziffern.“ Aktuell seien im Rems-Murr-Kreis insgesamt etwa 60 000 Zähler verbaut. Diese teilten sich auf sechs verschiedene Hersteller auf.
Warten auf den Austausch
Die Defekte der Holley-Typen machten sich dadurch bemerkbar, dass das Display ausfalle. „Es handelt sich bei dem Defekt um einen Fabrikationsfehler, der während der bei uns durchgeführten Stichprobenkontrolle bei Wareneingang nicht ermittelt werden kann.“ Defekte Zähler würden von der Syna getauscht, die Störung könne auf der Internetseite syna.de, gemeldet werden.
Das Unternehmen bemühe sich dann, die als defekt gemeldeten Zähler „schnellstmöglich auszutauschen“. Das kann dauern. „Leider kann der Austausch je nach Aufkommen aktuell mehrere Wochen in Anspruch nehmen“, erklärt Reimann und bittet um Geduld. Kosten entstünden den Kunden dadurch nicht. „An der Stelle möchten wir aber zu bedenken geben, dass der Tausch der defekten Zähler zusätzlich zu unserem Tagesgeschäft anfällt. Sowohl unsere Mitarbeitenden als auch die von uns beauftragten Dienstleistungsunternehmen befinden sich bereits in einer Überlastungssituation.“ Leider bekomme das Unternehmen als Netzbetreiber „auch an dieser Stelle den allgemeinen Fachkräftemangel zu spüren“.
Die Stadtwerke Backnang (SWBK) berichten ebenfalls von Problemen mit den besagten Zählertypen. Die Anzahl an Defekten halte sich in Grenzen, erklärt Geschäftsführer Thomas Steffen: „Wir haben dieses Jahr bei einer Charge eines Herstellers vereinzelt das Problem, dass das Display ausgefallen ist. Es haben sich rund zehn Kunden gemeldet, bei denen das Display nicht mehr ablesbar war“, so Steffen. „Die Zähler sind ausgetauscht worden, und in den meisten Fällen konnte man trotz defektem Display noch den Zählerstand über die optische Schnittstelle auslesen.“ Wenn das nicht möglich war, mussten auch hier Schätzungen erfolgen. „Nachdem das Problem bei uns bekannt wurde, haben wir keine Zähler dieses Herstellers mehr verbaut.“ In Summe seien bei den SWBK rund 200 dieser Zähler verbaut worden. „Wir wechseln jedes Jahr aufgrund der auslaufenden Eichfrist mehr als 1000 Zähler – dies ist der sogenannte Turnuswechsel. Wäre uns das Problem später bekannt geworden, hätten wir viele neue Zähler dieses Herstellers im Zuge des Turnuswechsels verbaut. Glücklicherweise haben wir davor schon vor dem Problem erfahren.“
Zählerstand regelmäßig abfotografieren
Schätzungen der Verbrauchswerte nimmt auch die Syna vor, wenn Zähler nicht mehr auslesbar sind, sagt Süwag-Sprecher Reimann: „Diese Kunden erhalten anstelle der Endzählerstände einen sogenannten Schätzwert für den Zeitraum des Zählerdefektes.“ Die für diese Zeit fehlenden Werte würden „auf Basis der Verbrauchswerte des Vorjahres als Schätzwert für die Jahresverbrauchsabrechnung zugrunde gelegt“. Den Kunden entstehe so kein Nachteil.
So zumindest in der Theorie. Dass es – unabhängig vom Anbieter – in der Praxis bei Schätzungen der Stromverbrauchswerte zu Konflikten kommen kann, weiß Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Zu den aktuellen Fällen sind uns keine Probleme gemeldet“, sagt Bauer. „Es kommt allerdings immer mal wieder vor, dass Kunden höhere Stromrechnungen erhalten als erwartet.“ Das könne an neuen Zählern liegen, die schärfer abrechnen, oder an fehlerhaften Abrechnungen. „Für Verbraucher ist es generell schwierig, den Nachweis zu erbringen, dass man weniger Strom verbraucht hat, als auf der Rechnung steht.“ Sein Tipp: „Kontrollieren Sie Ihre Rechnungen immer genau, machen Sie regelmäßig ein Foto von Ihrem Zähler, fotografieren Sie monatlich oder wenigstens vierteljährlich die Zählerstände mit dem Handy und dokumentieren Sie so den Zählerstand.“ So lasse sich in Zweifelsfällen nachvollziehen, ob die Schlussrechnung überhaupt plausibel und damit annehmbar ist, erklärt Bauer. „Ist sie es nicht, sollte man die Rechnung streitig stellen und zunächst nur den Durchschnittsbetrag aus den Vorjahren zahlen und sich gegebenenfalls auch Rechtshilfe holen.“
Lieber ablesen als schätzen lassen
Auch bei intakten Messgeräten komme es immer wieder zu Problemen. Besonders dann, wenn kein Mitarbeiter zum Stromablesen komme und Kunden ihre Werte dem Stromanbieter nicht selbst meldeten. „Auch dann werden Verbrauchswerte geschätzt, was immer auch Gefahren birgt“, sagt Bauer: „Lesen Sie grundsätzlich immer die Werte ab, ansonsten müssen Sie später unter Umständen mit einer hohen Nachzahlung rechnen, etwa wenn der Wert über längere Zeit viel zu niedrig geschätzt wurde.“