Das Rentenalter ist erreicht, der Ruhestand steht vor der Tür. Doch manchen reicht das Geld nicht. Andere wollen unbedingt weiter arbeiten. Geht das einfach so? Und was passiert dann mit der Rente?

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Nicht jeder und jede kann oder will in Rente gehen, sobald das möglich ist. Der ein oder andere rechnet vielleicht mit einer zu geringen Rente. Manch einer möchte im Alter womöglich noch einmal einen ganz neuen Job ausprobieren. Was Sie übers Arbeiten im Rentenalter wissen sollten.

 

Wann muss man in Rente gehen?

Unbefristete Arbeitsverhältnisse enden nicht automatisch im Alter. Ein Arbeits- oder Tarifvertrag kann aber vorsehen, dass ein Arbeitsverhältnis spätestens endet, wenn man eine Regelaltersrente beanspruchen kann. Die Regelaltersgrenze wird für Menschen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren wurden, schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Ab Jahrgang 1964 gilt die Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

„Das Arbeitsverhältnis endet beispielsweise laut Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ohne Kündigung mit Ablauf des Monats, in dem man das Alter für die gesetzliche Regelaltersrente erreicht hat“, erklärt Thorsten Fobbe von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.

Gilt das für alle Berufe?

Es gibt Berufe, für die die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen gelten, darunter etwa Justizvollzugsbeamte, Berufssoldaten oder Polizisten. Fluglotsen beispielsweise dürfen laut Birgül Kayin von der Arbeitnehmerkammer Bremen nur bis 55 arbeiten und erhalten dann eine Übergangsversorgung, bis sie mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen.

Kann man auch im Rentenalter weiterarbeiten?

Ja. Das Sozialgesetzbuch regelt, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich darauf einigen können, das Arbeitsverhältnis weiter bestehen zu lassen. Die Vereinbarung sollte in Schriftform vorliegen.

„Es ist möglich, eine Veränderung der Arbeitsbedingungen festzuhalten, also etwa Teilzeit oder Homeoffice, egal was im Arbeitsvertrag ursprünglich steht“, erklärt Birgül Kayin. Sie rät, diese Vereinbarung auf jeden Fall vor dem vorgesehenen regulären Altersaustritt zu treffen.

Wer über die individuelle Regelaltersgrenze hinaus weiter arbeitet und keine Rente bezieht, erhält pro Monat 0,5 Prozent Zuschlag auf den gesamten bis dahin erworbenen Rentenanspruch. „Ob man Vollzeit oder Teilzeit arbeitet, ist dabei egal“, betont Thorsten Fobbe.

Kann der Arbeitgeber das ablehnen?

Beide Parteien müssen sich einig sein. „Ist arbeits- oder tarifvertraglich eine Austrittsklausel vereinbart und weigert sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis weiter fortzuführen, wird es schwierig“, sagt Kayin.

Besteht keine Austrittsklausel, so endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch mit Eintritt in die Regelaltersrente und der Arbeitgeber ist zur Weiterbeschäftigung verpflichtet.

Kann man sich auch mit 67 noch einen neuen Job suchen?

„Das ist denkbar“, sagt Fobbe. Bei einem neuen Job gelten Kayin zufolge die üblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, inklusive Anspruch auf Urlaub und Kündigungsschutz. Auch befristete Jobs oder Mini-Jobs können eine Alternative sein.

Hat man die Regelaltersgrenze erreicht, gilt Versicherungsfreiheit. Der Arbeitnehmer muss also keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr zahlen, der Arbeitgeber dagegen schon. Das hat allerdings keinen Einfluss auf die Höhe der Rente.

Wie viel darf man verdienen, wenn man die volle Rente bezieht?

Seit 2023 ist es möglich, die komplette Rente zu beziehen und gleichzeitig voll dazu zu verdienen - ob man nun vorzeitig in Rente geht oder ab dem vorgesehenen Regelalter. „Man hat dann allerdings zwei Einkünfte, die versteuert werden müssen“, so Thorsten Fobbe. Er rät daher, sich beispielsweise von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein vorab beraten zu lassen.

Und: „Bei Vollrente und Weiterbeschäftigung hat man keinen Anspruch auf Kranken-, Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld“, erläutert Birgül Kayin.

Welche Alternativen gibt es noch?

Eine weitere Variante ist die Teilrente. Das bedeutet, Sie lassen sich Ihre Rente nur zu einem gewissen Prozentsatz auszahlen und gehen trotzdem weiter arbeiten. Möglich ist alles ab zehn Prozent bis 99,99 Prozent.

Das bietet vor allem einen Vorteil für Menschen, die eine vorgezogene Altersrente beantragen möchten: Zwar sind bei vorzeitiger Inanspruchnahme Kürzungen fällig, aber eben auf einen geringeren Betrag. Wenn Sie nur zur Hälfte die Rente in Anspruch nehmen, werden auch nur auf diese Hälfte die Kürzungen berechnet.

Aber auch Rentner, die Angehörige pflegen, können profitieren, wenn sie neben der Pflege maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten. Denn wer Angehörige pflegt, die mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft sind, erwirbt vielfach neue Rentenansprüche.

Generell gilt bei der Teilrente: „Der Arbeitnehmer muss Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, das hat den Vorteil, dass Kranken- und gegebenenfalls Kurzarbeitergeld gezahlt wird“, sagt Kayin. Allerdings werde die Rente auf das Krankengeld angerechnet. „Das muss man beachten und individuell berechnen lassen.“

Für wen eignet sich welches Modell?

Binden Sie Ihren Arbeitgeber mit ein und lassen Sie sich von Ihrem Rentenversicherungsträger beraten, welche Varianten möglich sind. Ab Mitte 50 könne es helfen, sich einen Überblick zu verschaffen, wie hoch die Rente wäre, rät Thorsten Fobbe. Ein bis zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze sollte dann eine Entscheidung getroffen werden. Die Rente zu beantragen, macht demzufolge allerdings erst drei Monate vor dem beabsichtigtem Beginn Sinn.

Fragen Sie sich: Kann ich weiterarbeiten und wenn ja, wie kann ich es? Geht das gesundheitlich? Komme ich damit zurecht, weniger Freizeit zu haben? Bigül Kayin: „Manche sind auf das Einkommen angewiesen, andere wollen aktiv bleiben oder sich via Mini-Job beruflich umorientieren, die nächsten ihren Ruhestand genießen.“

Der Vorteil beim Weiterarbeiten im Rentenalter: Sollten Sie sich schließlich doch mehr freie Zeit wünschen oder es Ihnen unerwartet gesundheitlich schlechter gehen, können Sie das Arbeitsverhältnis beenden und die Rente voll beziehen.