Ein Besuch im Restaurant oder in der Kneipe steht an und das Wetter spielt mit – da lockt die Terrasse und man sitzt lieber im Freien. Doch viele Stuttgarter Gastronomen nehmen keine Reservierungen für den Außenbereich an. Woran liegt das?
„Leider können wir Reservierungen nur für den Innenbereich annehmen“, „Reservierungen im Außenbereich nicht möglich“ – Hinweise wie diese finden Gäste, die online nach einem freien Platz im Restaurant, der Bar oder dem Café ihrer Wahl Ausschau halten, häufiger auf den Webseiten hiesiger Gastronomie-Betriebe. Auch wer telefonisch reservieren möchte, wird oftmals gebeten, einfach spontan vorbeizukommen, da eine Reservierung auf der Terrasse nicht möglich ist. Doch warum ist das so?
„Man kann bei uns pauschal nicht auf der Terrasse reservieren“, bestätigt David Vlachakis, Event-Manager in der Alten Kanzlei am Stuttgarter Schillerplatz. Wie in vielen anderen Restaurants auch, ist der Grund dafür vor allem praktischer Natur. „Wir haben auf unserer Terrasse deutlich mehr Plätze als im Innenbereich“, so Vlachakis. „Wenn draußen 200 Leute reservieren und es dann anfängt zu regnen, müssen wir den Gästen ja auch einen regenfreien Platz anbieten können.“
Sofern das Wetter mitspielt, können Gäste der Alten Kanzlei auf der Terrasse sitzen – auch wenn sie zuvor im Gastraum reserviert haben, verspricht David Vlachakis. „Wir nehmen nur maximal so viele Reservierungen an, wie Plätze im Innenbereich vorhanden sind.“ Sollte das Wetter dann doch umschlagen, sei den Gästen draußen ein überdachter Platz im Gastraum sicher.
Nicht nur Restaurants wie die Alte Kanzlei sehen generell von Reservierungen im Außenbereich ab. Auch Kneipen und Cafés in Stuttgart können dies teils nicht anbieten. So etwa auch Das Lehen. Wer sich in der Kneipe im Lehenviertel Maultäschle, Schnitzel oder auch nur ein Bier schmecken lassen möchte, kann nur im Innenraum, nicht aber im kleinen Außenbereich an der Straße reservieren. Ähnlich sieht es im Café Lumen in der Schwabstraße in Stuttgart-West aus: „Falls das Wetter schlecht ist, haben wir nicht genug Platz im Laden, um die Gäste dort unterzubringen“, heißt es auf Nachfrage.
Reservierungen je nach Wetterlage
Im Stuttgarter Restaurant Schellenturm im Bohnenviertel hingegen ist man risikofreudiger: Dort nehmen die Betreiber Michael Pernesch und Florian Kranich zwar auch nur so viele Reservierungen für die Terrasse an, wie es bei schlechten Wetter Plätze im Innenbereich gibt, aber: „Wenn es am Tag der Reservierung dann absehbar ist, dass es trocken bleibt, geben wir auch die restlichen Plätze im Freien zur Reservierung frei“, so Pernesch.
Einige Meter weiter in Carls Brauhaus am Schlossplatz ist das nicht so einfach. Hier können Gäste im Außenbereich nicht reservieren – ohne Ausnahme. „Wir haben einen Betrieb mit über 400 Sitzplätzen – da Reservierungen für Plätze im Außenbereich zu verwalten , ist einfach nicht möglich“, erklärt Sandra Larrude von Carls Brauhaus. „Wir öffnen die Terrasse je nach Wetter- oder auch Personal-Lage.“ Aber auch organisatorische Herausforderungen sind Gründe dafür, dass man hier nicht im Freien reservieren kann. „Die Terrasse ist in unserem Reservierungssystem gar nicht abgebildet, denn sie wird öfter mal umgebaut und im Winter beispielsweise nicht genutzt. Es gibt also gar keine systemische Grundlage für eine Reservierung im Außenbereich.“
Draußen reservieren bedeutet doppelt reservieren
Neben organisatorischen Hürden spielt auch die Tatsache, dass in Carls Brauhaus häufig weit im Voraus reserviert wird, eine Rolle. „Wenn jemand 20 Plätze reservieren möchte, müssen wir diese 20 Plätze zweimal reservieren – einmal draußen und einmal drinnen“, so Larrude. „Das heißt, man läuft auf jeden Fall einmal mit 20 Plätzen leer.“
Ganz bewusst gegen Reservierungen hat sich das vietnamesische Restaurant Noir Cuisine am Marienplatz entschieden – sowohl im Innenraum als auch draußen an Tischen in der Tübinger Straße. „Wir haben ein spezielles Konzept, angelehnt an das japanische Sitzkonzept, bei dem man auf dem Boden sitzt – nur, dass man bei uns nicht auf dem Boden, sondern erhöht in einer Art Sitzkuhle Platz nimmt“, erklärt eine Mitarbeiterin. „Dadurch haben wir keine klassischen Tische, sondern nur zwei große und mehrere kleine, an denen wir nicht extra Plätze für Reservierungen freihalten können.“
Keine Reservierung als Konzept
Dieses Konzept überträgt das Noir auch auf seine Außenterrasse. „Wir wollen nicht zwischen drinnen und draußen differenzieren. Bei uns ist es so gedacht: Verschiedene Gäste kommen hier zusammen und sitzen auch zusammen.“
Vor dem Corona-Lockdown habe es auf der Webseite des Restaurants nicht einmal eine Telefonnummer gegeben, so Inhaber Nam Bauer. „Die haben wir während des Lockdowns eigentlich nur wegen unseres To-Go-Angebots online gestellt, nun rufen viele an und möchten reservieren. Eigentlich ist es aber so gedacht, dass die Leute einfach bei uns vorbeischauen. Für Reservierungen ist der Laden auch einfach zu klein.“
Gäste zeigen Verständnis
Die meisten Gäste der Noir Cuisine – mit einigen Ausnahmen, darunter meist Laufkundschaft – haben sich mit dem Konzept arrangiert. Wer am Abend sicher einen Platz ergattern will, kommt direkt um 18 Uhr. Aber auch danach fänden Gäste einen Platz – wenn auch mit kurzer Wartezeit bei einem Drink, so Inhaber Nam Bauer. Das Konzept habe sich während des 13-jährigen Bestehens des Noir bewährt.
Auch das Team von Carls Brauhaus hat bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Larrude spricht zwar von teils enttäuschten, aber meist verständnisvollen Gästen. David Vlachakis kann das bestätigen und ist überzeugt vom Konzept der Alten Kanzlei. „Das kommt ziemlich gut an“, so der Event-Manager. „Die Leute verstehen es auch, wenn man es ihnen erklärt. Und sie wissen: Wenn gutes Wetter ist, kann ich hier davon ausgehen, dass ich draußen sitzen kann.“ Eine Garantie, die kleinere Gastronomien ihren Gästen platzbedingt nicht immer geben können.