Rückblick in Daten Was bleibt vom Sommer 2024?

Sommer 2024: Was feucht und teilweise zu kühl startete, wurde am Ende ein weiterer zu warmer Sommer. Foto: /Wolfgang Maria Weber

Hitze, Regen, Staus, Mücken – und aktuell auch noch Corona. Der Sommer 2024 war auf manche Art anders als diejenigen davor.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Pünktlich zum Ende der Sommerferien auch noch in den südlichsten Bundesländern ist der Sommer wie weggeblasen. Wie wird der Sommer 2024 in Erinnerung bleiben? Ein – naturgemäß nicht ganz vollständiges – Fazit in Daten.

 

Hitze: schon daran gewöhnt?

Was feucht und teilweise zu kühl startete, wurde am Ende ein weiterer zu warmer Sommer – jedenfalls, wenn man das als Maßstab nimmt, was noch vor zwanzig, dreißig Jahren normal war. Verglichen mit den Sommern zwischen 1961 und 1990 war der Sommer 2,2 Grad wärmer, der Deutsche Wetterdienst (DWD) ermittelte ein Temperaturmittel von 18,5 Grad. Vergleicht man das Wetter mit dem, was man mit fühlbarem Klimawandel seit 1991 kennt, war es eher unspektakulär mit plus 0,9 Grad. Doch wo Wetter mit Wahrnehmung und Gewöhnung zu tun hat, arbeiten Meteorologen und Klimaforscher mit langen Zeitreihen.

„Die Hitzebelastung in diesem Jahr war nicht so stark“, sagt Karsten Friedrich vom DWD. Die höchste Temperatur wurde am 13. August in Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz gemessen (36,5 Grad), lang anhaltende Hitzewellen gab es nicht. „Trotzdem war es für Deutschland der fünftwärmste Sommer“, so Friedrich.

Den Sommer bewerten die Meteorologen auch mit der Anzahl der Hitzetage, an denen das Thermometer auf 30 Grad oder mehr klettert. Die meisten gab es „in den Tieflagen und Flusstälern Süddeutschlands und Sachsens“, schreibt der DWD. Die meisten Hitzetage gab es im sächsischen Dresden und im thüringischen Starkenberg (31), unter anderem in Waghäusel (bei Karlsruhe), Jena und Cottbus wurden 30 Hitzetage gezählt – die meisten davon im August und einige weitere noch im September. Insbesondere in städtischen Gebieten war im August und Anfang September auch die fehlende Abkühlung in der Nacht spürbar. Gar keinen Hitzetag gab es laut DWD „nur an wenigen Bergstationen“ und auf Helgoland.

Niederschlag: Starkregen und ein Monat Trockenheit

Bei den Niederschlägen war der Sommer wie das Frühjahr – extrem. Zwar fiel im Sommer laut DWD-Berechnung fast genau so viel Regen wie im Mittel der vergangenen Jahrzehnte (240 Liter je Quadratmeter). Doch diese Mittelwerte verbergen extreme regionale Unterschiede. In den Alpengebieten sind mehr als 600 Liter je Quadratmeter gefallen, im Nordosten teils nur ein Viertel davon. Im nordhessischen Trendelburg kam am 1. August binnen weniger Stunden mehr herunter. In Berlin dagegen regnete es zwischen Anfang August und Anfang September einen Monat lang gar nicht. „In den östlichen Regionen gab es langanhaltende trockene Perioden. Aber auch in einigen südlichen Regionen zeigt der Sommer ein Niederschlagsdefizit“, sagt Karsten Friedrich.

Ein größeres Problem ist die zeitweise Trockenheit aber nicht. In keinem Zwölf-Monats-Zeitraum fiel laut DWD seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881 mehr Regen als zwischen Juli 2023 und Juni 2024. Von kleinen Teilen Sachsens abgesehen meldet der „Dürremonitor“ des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung keine flächendeckende, schwere Dürre.

Mücken: „So noch nie erlebt“

Unmittelbar mit dem Niederschlag zusammenhängend ist die in Teilen Deutschlands beklagte Mückenplage. Starkregen und Überflutungen im Frühjahr führten dazu, dass auch in normalerweise trockenen Bereichen Larven schlüpfen konnten. Zudem waren manche Gewässer nicht zugänglich, sodass keine Gegenmittel ausgebracht werden konnten. Die Folge: ein Jahr, das auch seit Jahrzehnten in der Mückenbekämpfung tätige Experten wie Dirk Reichle von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage „noch nie erlebt“ haben.

Seit dem vergangenen Jahr gibt der „Bite Index“ des Karlsruher Start-up Kamedi eine Ahnung von der Mückenbelastung im Land. Er beruht auf den bundesweiten Nutzungsdaten des von Kamedi entwickelten Geräts „Heat it“, mit dem Stiche behandelt werden können. Der Index schoss Ende Juni und Ende Juli nach oben, und zwar deutlich steiler als im Vorjahr. Genau zu dieser Zeit kamen aus vielen Teilen Deutschlands Klagen über plötzlich und heftig angreifende Insekten. Fazit: Der Sommer 2024 war ein Mückensommer.

Verkehr: Sonntag ist der neue Samstag

Auf den Autobahnen war der Sommer 2024 insgesamt etwas weniger belastend als der des Vorjahrs. Der ADAC zählte rund 119 000 Staus mit einer Gesamtlänge von 205 000 Kilometern – etwas weniger als 2023, aber mehr als 2022. Wieder einmal war der Freitag der staureichste Wochenendtag mit fast der Hälfte aller erfassten Staus. Auf Platz zwei hat der Sonntag dagegen dieses Jahr den Samstag verdrängt – zu fahren, wenn keine Lkws unterwegs sind, zahlt sich also nicht immer aus. An einem Sonntag (18. August) gab es mit 40 Kilometern auch den längsten Stau der Ferienzeit, nämlich auf der A7 bei Füssen.

Am stärksten staubelastet ist die Autobahn A99, also der Autobahnring um München, gefolgt von A8 und A3. Die meisten Staus, insgesamt mehr als 3900 gab es demnach am ersten Augustwochenende, als Baden-Württemberg und Bayern in die zweite Ferienwoche gingen und in Niedersachsen, Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die Sommerferien endeten – und ebenso am Wochenende 19. bis 21. Juli, als in Hamburg, Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern die Ferien begannen.

Die Bahn hat Pünktlichkeitswerte bislang nur bis einschließlich Juli veröffentlicht. Im Fernverkehr kamen demnach 62 Prozent aller Züge mit höchstens sechs Minuten Verspätung an, etwas weniger als im Juli 2023 (64,1 Prozent). Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit mit einer weniger als 15 Minuten verspäteten Ankunft gibt die Bahn im Fernverkehr mit 67,2 Prozent an. In diesem Wert sind auch Anschlüsse und alternative Verbindungen enthalten. Jede dritte Bahnreise klappte im Sommer also nicht so pünktlich wie geplant. Für den Autoverkehr wird eine solche Statistik nicht erhoben.

Corona und Co.: Krank wie nie

Millionen von Menschen haben im Sommer 2024 die Erfahrung gemacht, wie es ist, bei 30 Grad mit Schnupfen, Husten und Fieber im Bett zu liegen. Seitdem entsprechende Daten erhoben werden, war die Zahl der Leute mit akuten Atemwegserkrankungen noch nie so hoch. Das gilt für quasi jede einzelne Woche. Zwischen 2,5 und 4,5 Millionen Menschen litten laut der offiziellen Schätzung des Robert-Koch-Instituts unter Symptomen. Während die meisten Bundesländer Ferien hatten, sank der Wert; seit Ende August steigt er wieder deutlich, zuletzt auf mehr als fünf Millionen Betroffene – und das, obwohl bis vergangene Woche das Wetter so gar nicht herbstlich war.

Tatsächlich zeigt der detaillierte Blick in die Daten, dass vor allem unter Kindern und Jugendlichen die Zahl der Erkrankten zuletzt gestiegen ist. Zudem ist der Anteil der Erkrankten in Süddeutschland, wo die Ferien erst vergangene Woche endeten, nur gut halb so hoch wie in Norddeutschland.

Auch das Coronavirus spielt eine Rolle: Bis ungefähr Mitte Juli baute sich eine Frühsommerwelle auf. Auch die Covid-19-Erkrankungen gingen im Laufe des Sommers zurück, steigen seit Ende August aber wieder – seit der Pandemie ist es zusätzlich in der Welt und sorgt für – zum Glück seltener schwer verlaufende – Erkrankungen. Der Trend zu mehr Coronainfektionen wird sich nach Erwartung vieler Experten fortsetzen. Risikogruppen und Menschen über 60 sollten eine Auffrischungsimpfung prüfen, die es auch gemeinsam mit Influenza- und RSV-Impfung gibt. „Coronaviren sind schon das Ansteckendste, was wir derzeit haben“, sagte Ulrike Protzer, die Direktorin der Virologie an der TU München, jüngst zur „Süddeutschen Zeitung“.

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