Verzögert die Deutsche Bahn die vollständige Wiederinbetriebnahme der S 4 von Marbach (Kreis Ludwigsburg) nach Backnang? Die Politik macht Druck.

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Die Stimmungslage in Kirchberg an der Murr bewegt sich zwischen „Beschwerden und stillem Leiden“. Die S-Bahn-Linie 4 verkehrt seit einem Erdrutsch im Juni 2024 immer noch nicht im gewohnten 30-Minuten-Pendeltakt am Bahnhof. Der Bürgermeister der 4000-Einwohner-Kommune, Frank Hornek, ist von der Deutschen Bahn enttäuscht. Die Anschlüsse an den Ortsbus passen nicht mehr. Hornek vermisst vor allem Klarheit in der Kommunikation: „Wir hängen in der Luft – niemand weiß so richtig, wie es weitergeht.“

 

Frank Hornek ist aber nicht der einzige, der sich mit einem zeitraubenden Busersatzverkehr und den eingeschränkten S-Bahn-Betrieb von 5 bis 10 Uhr und von 13 bis 19 Uhr abgespeist sieht. Der Frust sitzt tief entlang der etwa zehn Kilometer langen Strecke, an denen auch die Haltepunkte Burgstetten und Erdmannhausen liegen. Von einer Vernachlässigung durch die Deutsche Bahn ist schon längst nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand die Rede.

Monatelang fuhren nur Busse – immer noch ist ein Schienenersatzverkehr unterwegs. Foto: Simon Granville

Der Ärger zieht Kreise, zumal die S-Bahn-Linie als unverzichtbares Rückgrat des ÖPNV zwischen dem Landkreis Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis gilt. Wer aus dem Einzugsgebiet ohne Auto von Backnang zu Arbeitgebern nach Ludwigsburg pendeln will, ist mehr oder weniger auf den erst 2012 in Betrieb genommenen S-Bahn-Ringschluss im Norden der Region Stuttgart angewiesen.

Der Backnanger Oberbürgermeister macht Druck

Verzögert die Deutsche Bahn immer wieder notwendige Schritte, um die Strecke in Betrieb zu nehmen? Dieser Verdacht steht im Raum, weil bereits früher langwierige Stilllegungen die Berufspendler ausbremsten. Der Backnanger Oberbürgermeister Maximilian Friedrich erinnert sich unter anderem an das Jahr 2016, als ein Lastwagen gegen einen Brückenpfeiler donnerte. „Damals war die S-Bahn monatelang nicht in Betrieb.“ Es brauche politischen Druck, damit die Bahn ins Handeln komme.

Als Speerspitze des Protestes fungiert inzwischen die Fraktion der Freien Wähler im Regionalparlament. Sie fordert den für den S-Bahn-Verkehr zuständigen Verband Region Stuttgart (VRS) auf, der Deutschen Bahn auf die Finger zu klopfen. Die Bahn habe zwar einen vollständigen Wiederbetrieb im Juni 2025 in Aussicht gestellt – „er kann aber keineswegs als gesichert angesehen werden“, teilt der Fraktionsvorsitzende und frühere Waiblinger OB Andreas Hesky mit.


Verständnis für die Beschwerden äußert der VRS-Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler. Die Lage gestalte sich auch für ihn unklar. „Ich kann eine komplette Wiederinbetriebnahme im Juni nicht durch Fakten bestätigen.“ Dass die Deutsche Bahn jedoch die Strecke unterschätze, glaube er nicht. „Die Kleine Murrbahn ist für den Güterverkehr wichtig und als Ausweichstrecke, wenn es im S-Bahn-Netz an anderer Stelle klemmt.“

Wurmthaler rechnet in den nächsten beiden Jahren aufgrund eine Vielzahl von Schäden mit weiteren Sperrungen. Allerdings fehle ihm ein Gesamtplan. Es sei unbefriedigend, dass die für die Strecken zuständige DB-Tochter InfraGo nicht besser kommuniziere, was sie wann macht. Mehr Aufschlüsse erhofft sich Wurmthaler vom Bericht eines DB-InfraGo-Vertreters am 19. März im VRS-Verkehrsausschuss.

Warten auf das Gutachten – wie schnell kann es da sein?

Viel hängt offenbar vom Ergebnis eines geologisch-hydrologischen Gutachtens ab, ist von einem Sprecher der Deutschen Bahn AG zu erfahren. Das Ergebnis ist bisher für September angekündigt. Aber wie verträgt sich das mit der vollen Wiederinbetriebnahme, die bereits für den Juni vorgesehen ist? Der Sprecher räumt ein, dass der Fahrplanwechsel zum 15. Juni zwar das Ziel sei, aber die DB Gewissheit brauche, wie sie den Untergrund der Schienenstrecke final belasten könne. Dazu seien Bohrungen und eben das Gutachten notwendig.

Vernachlässigung durch S-Bahn Stuttgart?

Der Vorwurf, die Strecke würde vernachlässigt, weist der DB-Sprecher zurück. „Uns ist bewusst, wie wichtig die Verbindung ist.“ Der VRS habe in den S-Bahn-Ringschluss investiert. Allerdings hätten die Schäden nach den Starkregenfällen auch gezeigt, dass der Untergrund anfällig sei und die Wiederherstellung eine Herausforderung darstelle. Man arbeite daran, die Strecke so schnell wie möglich wieder ganz bereitzustellen. Es gebe ja bereits in den beiden Zeitfenstern zwei Fahrtenpaare innerhalb einer Stunde.

Probleme hatte es im Schienenersatzverkehr besonders zu Beginn der Sperrungen gegeben, als Busse ausfielen oder S-Bahnen in Marbach wegen der längeren Streckenführung durch Erdmannhausen nicht erreicht worden seien, heißt es im Antrag der Freien Wähler. „Der Verkehr mit Bussen hat für Unmut gesorgt“, bestätigt der Erdmannhäuser Bürgermeister Marcus Kohler. Er wolle aber nach vorne blicken und sich nicht über ungeheizte Busse aufregen, wenn es nun eh Frühling werde.