Beratungsdienst im Landtag von Baden-Württemberg 100.000 Euro für Schlichtung – Personalpoker wird teuer für die Steuerzahler

Um Lösung bemüht: Parlaments-Präsidentin Muhterem Aras, Grüne Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Für ein Schlichtungsverfahren um eine Grünen-Beraterin hat der Landtag mehr als 100.000 Euro ausgegeben. Nun plädiert ein weiterer Gutachter für eine Reform des Beratungsdienstes.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Es war eine teure Geduldsprobe für mehrere Beamte der Landtagsverwaltung. Einige Monate lang mussten sie auf ihre routinemäßige Beförderung warten – und damit auf bares Geld verzichten. Vorige Woche aber war es endlich soweit: das Parlamentspräsidium hatte die Personalien endlich durchgewunken, die Mitarbeiter erhielten ihre Urkunden.

 

Beendet wurde so ein böses Spiel der vier „demokratischen“ Fraktionen, in dem es eigentlich gar nicht um die Beförderungskandidaten ging. Sie dienten – so ihr Verdacht – vielmehr dazu, den Personalrat unter Druck zu setzen. Der nervte die Fraktionen seit langem mit seiner beharrlichen Mahnung, das System der Parlamentarischen Berater müsse endlich rechtskonform gestaltet werden. Zuletzt stellte er sich daher gegen die Verbeamtung einer grünen Beraterin – wofür die unbeteiligten Landtagsbeschäftigten büßen mussten: Ein ums andere Mal wurden die Personalien im Präsidium vertagt, es gebe noch Beratungsbedarf. Erst als die an Erpressung grenzende Masche öffentlich wurde, lenkten die Fraktionsvertreter ein.

Grünen-Manager gilt als heimlicher Direktor

Auch in der Sache gelang dem Personalrat, der sich nicht äußern darf, ein Erfolg. Die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) präsentierte inzwischen ein weiteres Rechtsgutachten, das am System der beamteten Fraktionsberater zweifelt – und zugleich eine Lösung aufzeigt. Der Tübinger Rechtsprofessor Martin Nettesheim argumentiert darin ganz ähnlich, wie es sein Freiburger Kollege Johannes Masing im Konflikt um die Grünen-Beraterin getan hatte. Als Leiter einer Einigungsstelle wertete er das geltende Konstrukt des Beratungsdienstes als verfassungs- und beamtenrechtswidrig – und empfahl als Ausweg eine kleine, zentrale Dienststelle für die verbeamteten Berater beim Parlament zu schaffen – genauso wie jetzt Nettesheim.

Masing und seine Mitschlichter konnten ihre Arbeit indes nicht abschließen. Die Grünen nämlich zogen ihren Personalvorschlag zurück, die Einigungsstelle war damit überflüssig. In dem Verfahren sollte es um einen konkreten Personalfall gehen, begründet das eine Fraktionssprecherin, nicht um die Klärung grundsätzlicher rechtlicher Fragen. Doch die Signale des Schlichters, dass das System geändert werden müsse, dürften den Grünen ebenso wenig gefallen haben wie CDU, FDP und SPD. Als Regisseur ihres konzertierten Vorgehens gilt der beamtete Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Arzbach, der starke Mann hinter dem wenig profilierten parlamentarischen Geschäftsführer Daniel Lede Abal. Wegen seines großen Einflusses wird der 51-jährige Jurist auch als „heimlicher Landtagsdirektor“ bezeichnet.

Landtagsverwaltung will Beratungsdienst nun reformieren

Die richtige Landtagsdirektorin, die einstige Gerichtschefin Christine Werner, spielte in der Angelegenheit offenbar eher eine Nebenrolle. Zusammen mit Aras bemüht sie sich nun laut einem Landtagssprecher, den Konflikt um den Beratungsdienst zu lösen und zu einer „möglichst tragfähigen Reform“ zu kommen. Dem diene das Nettesheim-Gutachten, für das der Landtag einen fünfstelligen Betrag bezahlt haben soll.

Schon der erste, vergebliche Anlauf zur Klärung hat die Steuerzahler eine hübsche Stange Geld gekostet: Die Gesamtkosten für das Einigungsstellenverfahren beziffert der Landtag auf 108.705 Euro und 76 Cent. Hätte der Landtag bei den Beförderungen nicht eingelenkt, wären wohl noch Gerichtskosten hinzugekommen: Über kurz oder lang wären die blockierten Beamten vors Verwaltungsgericht gezogen – mit besten Erfolgsaussichten.

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