Nach dem bewaffneten Angriff in Tamm (Kreis Ludwigsburg) sind viele Fragen offen, der Täter ist auf der Flucht. Der Bürgermeister wünscht sich ein anderes Vorgehen der Polizei.

Ludwigsburg : Anna-Sophie Kächele (ask)

Zwei Tage nach den Schüssen in einem ruhigen Wohngebiet Tamm, durch die ein 23-Jähriger schwere Verletzungen erlitt, sind noch viele Fragen ungeklärt. Was ist bekannt? Vier Fragen, vier Antworten.

 

Was ist passiert?

Am Montagabend fährt gegen 19.20 Uhr in der Silcherstraße in Tamm laut Medienberichten ein Kleinwagen vor, aus dem ein maskierter Mann aussteigt und mehrfach auf den 23-Jährigen schießt. Zeugen schildern dem SWR, dass das Opfer geflohen und ihm der Wagen des Täters gefolgt sei, bis das Opfer in einer Einfahrt zusammenbrach. Anwohner versorgten den jungen Mann, bis Rettungskräfte eintrafen. Am Montagabend meldete die Polizei, dass er bei dem Angriff lebensgefährlich verletzt wurde, am Dienstag dann die Entwarnung: Er ist außer Lebensgefahr.

Der Schütze floh, die Fahndung mit mehreren Streifenwagen und einem Polizeihubschrauber verlief bislang erfolglos. Der Täter wird weiterhin gesucht und ist laut Polizei mit einem grauen VW Polo mit auswärtigem Kennzeichen unterwegs. Die neu gebildete Sonderkommission „Frost“, zu der 40 Beamtinnen und Beamte gehören, bittet Zeugen, die ein solches Fahrzeug in Tatortnähe gesehen oder darüber hinaus andere verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben, sich zu melden. „Insbesondere wird eine Fahrradfahrerin, die sich zur Tatzeit in Tatortnähe aufgehalten haben soll, gebeten, sich mit der Soko in Verbindung zu setzen“, so die Polizei. Der Name der Soko „Frost“ setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der beiden Straßennamen Friedrichstraße und Oststraße.

Welche Vorfälle stehen damit mutmaßlich in Verbindung?

Laut eigenen Recherchen steht die Tat in Tamm in Verbindung mit den Schüssen in der Ludwigsburger Oststadt Ende April, bei denen ein oder mehrere unbekannte Täter in den beiden genannten Straßen auf zwei Personen schossen. Die Polizei hat den Zusammenhang bislang nicht bestätigt. Anwohner verständigten damals die Polizei. Verletzt wurde bei dem Angriff niemand, die Projektile trafen einen geparkten Mercedes, hinter dem die 39- und 40-jährigen Männer standen, auf die gezielt wurde. Der oder die Täter flüchteten damals unerkannt.

Eine Quelle, die anonym bleiben möchte, berichtet, dass das Opfer, das in Tamm verletzt wurde, bereits zwei Mal Ziel von Angriffen war. Auch ein Autobrand in Bietigheim-Bissingen am 4. Mai gehört laut eigener Recherche zu der Serie – die Polizei prüft den Zusammenhang und die Ursache noch. Damals geriet ein BMW in der Dammstraße in Brand. Das Fahrzeug musste nach dem Löschen abgeschleppt werden. Der Schaden wurde auf etwa 18 000 Euro geschätzt.

Wer soll hinter den Angriffen stehen?

Wie unserer Redaktion zwei unabhängige Quellen berichten, sollen hinter den bewaffneten Angriffen zwei Security-Firmen stehen. Im Konkurrenzkampf um Aufträge greift eines der Unternehmen zu Gewalt. Die Opfer sind mutmaßlich alle Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma. Das brennende Auto soll dem Firmeninhaber des attackierten Unternehmens gehören. Mitarbeiter beider Unternehmen sind laut Recherchen im Vorfeld kriminell auffällig gewesen sein, mit der Gewaltbereitschaft, hätten die Mitarbeiter die angegriffen wurden, nicht gerechnet.

Wie äußern sich die Bürgermeister?

Martin Bernhard, Bürgermeister von Tamm, saß in einer Besprechung im Rathaus, als er Martinshörner hörte und schließlich mit Blick aus dem Fenster feststellte, dass auf dem Rathausplatz vier Mannschaftswagen der Polizei parkten, aus denen Beamte ausstiegen, die sich schusssichere Westen anzogen. Er habe dann die Polizei angerufen, weil er keine Informationen gehabt hätte, „das würde ich mir in Zukunft anders wünschen, um auf die Anrufe der Bevölkerung reagieren zu können“.

Er versteht die Verunsicherung und Besorgnis der Bürger und versuche, beschwichtigend einzuwirken. „Ich bin mir sicher, dass für die Bürger keine Gefahr besteht, zumal in die Sachlage kein Tammer verwickelt war“, sagt Bernhard, – die direkte Entwarnung der Polizei in der Situation beschreibt er dennoch als mutig.

Auf Sebastian Mannl, Bürgermeister von Ludwigsburg, seien nach dem bewaffneten Angriff in Ludwigsburg am 26. April keine Bürger zugekommen, die sich in Bezug auf Schusswaffen unsicher geäußert hätten. Er versucht zu beruhigen: „In Deutschland haben wir ein sehr strenges Waffenrecht, die Schusswaffe ist gut im Blick und bei missbräuchlichem Gebrauch jederzeit entziehbar.“ Die Polizei sei gut aufgestellt, um den Sachverhalt aufzuklären.