Mitten in der sibirischen Taiga öffnete sich in den 1960ern Jahren plötzlich die Erde und legte ein Tor zur Unterwelt frei - den Batagaika-Krater. Eine gewaltige Senke, das weltweit größte geologische Phänomen dieser Art. Wir erklären, was dieses Riesenloch mit dem Klimawandel zu tun hat und warum sein permanentes Wachstum Anlass zu Sorge gibt.
Vor rund 60 Jahren bildete sich der inzwischen größte Permafrost-Krater der Welt. Dieser Schlund im kargen Boden der sibirischen Taiga mit Namen Batagaika-Krater wächst immer weiter – um 10 bis 30 Meter pro Jahr. Und das gewaltige Erdloch bildet nur den Anfang einer immer größer werdenden Zahl an Senken, die sich im Zuge der Erderwärmung in Sibirien auftun.
Was ist der Batagaika-Krater?
Der Batagaika-Megaslump, wie die gewaltige Senk auch heißt, ist eine sogenannte Thermokarst-Vertiefung von rund einem Kilometer Länge und circa 100 Metern Tiefe in der nordostsibirischen Taiga in der Republik Sacha. Von seiner äußeren Form erinnert das geologische Gebilbe an eine Kaulquappe.
Wo befindet sich der Krater?
Der Krater befindet sich mitten im Nirgendwo: geografisch zehn Kilometer südöstlich der Stadt Batagai und fünf Kilometer nordöstlich der Siedlung Esse-Chaija sowie gut 660 Kilometer nordöstlich von Jakutsk, der Hauptstadt der russischen Republik Jakutien.
Benannt ist die geologische Formation nach der in der Nähe fließenden Batagaika, einem rechten Zufluss der Jana.
Warum wird Sibiriens Tor zur Unterwelt immer größer?
Die Batagaika-Senke ist nicht zu stoppen. Sie frisst sich immer weiter und tiefer in die fast menschenleere Ödnis. Einwohner der Region bezeichnen die Vertiefung als Tor zur Unterwelt – schließlich tat sich dort in den 1960er-Jahren ganz plötzlich der Boden auf. Arbeiter hatten den Krater beim Straßenbau entdeckt, nachdem sie beim Ort Batagai Wald gerodet hatten und damit die abschirmende Wirkung gegen die direkte Sonneneinstrahlung verloren gegangen war.
Welches Fossil wurde 2018 im Batagaika-Krater ausgegraben?
Im Jahr 2018 hatten russische Forscher im Batagaika-Krater ein hervorragend erhaltenes 30 000 bis 40 000 Jahre altes Fossil eines Fohlens entdeckt. „Der Körper des Tieres wurde ohne Schäden gefunden, sogar das Fell war noch dran“, erklärte damals Semjon Grigorjew von der Universität Jakutsk.
Durch den Permafrost war das Fohlen perfekt konserviert worden. Auch die Hufe, seine Haut und der Schwanz waren noch erhalten. „Das ist bei so alten Funden äußerst selten“, sagte Biologe Grigorjew, der das Mammut-Forschungsmuseum der Universität Jakutsk leitet.
Wie entdeckten Forscher das Fossil?
Die Forscher hatten das Tier zufällig in dem Batagaika-Krater entdeckt, hieß es. Das 98 Zentimeter große Tier könnte zum Todeszeitpunkt rund zwei Monate alt gewesen sein. Weil bei ihm keine größeren Verletzungen gefunden wurden, könnte es eines natürlichen Todes gestorben sein.
Es handelt sich um ein Pferd der Art „Equus caballus lenensis“, das sich genetisch von den heute in Jakutien lebenden Pferden unterscheide, so Semjon Grigorjew. Die Art lebte in der Eiszeit (Pleistozän) in Jakutien und ist seit Jahrtausenden ausgestorben.
Durch die Erderwärmung schmilzt der Permafrost in weiten Teilen Russlands und gibt immer wieder solch gut erhaltenen Fossile, vor allem von Mammuts, frei. So wurden 2013 in Ostsibirien Überreste eines ausgestorbenen Elefanten mit Muskelgewebe und Blut gefunden.
Was hat der Batagaika-Krater mit dem Klimawandel zu tun?
„Es ist ein atemberaubender Ort“, erläutert Thomas Opel vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Der Paläoklimatologe erforscht den Megaslump seit langem. Für die Wissenschaft sei er ein Glücksfall – eine Art „Guckloch in die Vergangenheit“, so Opel. „Er gewährt uns sowohl Einblicke in Zeiten, als der Permafrost noch stabil war, als auch in solche Zeiten, als er erodierte.“
Wie alt ist der Batagaika-Krater?
Einer Studie aus dem Jahr 2021 zufolge bilden die tiefsten aufgeschlossenen Erdschichten im Batagaika-Krater mit rund 650 000 Jahren den ältesten bisher bekannten Permafrost Eurasiens. Die Untersuchungen zeigen, wie viel Kohlenstoff der sibirische Permafrost über Jahrtausende gebunden hat. Das sei wichtig, sagt der Paläoklimatologe um abzuschätzen, wie viel Treibhausgas zusätzlich in die Atmosphäre gelange, wenn der Permafrost weltweit schmilzt.
Die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institut nehmen an, dass der sibirische Permafrost-Boden zwischen 1300 und 1600 Gigatonnen Kohlenstoff enthält. Zum Vergleich: Die gesamte Atmosphäre enthält derzeit rund 800 Gigatonnen Kohlenstoff.