Familien mit einem behinderten Kind müssen oft schwer kämpfen, damit sie die Zuschüsse erhalten, die ihnen zustehen. Die Stadt Stuttgart hilft dabei.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Das Leben mit einem behinderten Kind ist auch fröhlich“, sagt Jutta Pagel-Steidl, die Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper-und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg. Aber die Frau, die im direkten Kontakt mit betroffenen Familien steht, macht kein Hehl daraus, dass es eine Menge Dinge geben könnte, mit denen der Alltag leichter und das gemeinsame Leben um einiges fröhlicher sein würde. „Wir reden nicht von Inklusion, wir reden davon, einfach mal drei Stunden in die Stadt zu gehen.“ Jennifer Langer, die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung in Stuttgart, bringt es auf den Punkt: „Nicht die medizinische Diagnose macht die Behinderung aus, sondern die Barrieren im Alltag und wie wir diese Menschen behandeln.“

 

Familien in finanzieller Not

Die Hürden beginnen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, denn längst sind nicht alle barrierefrei, es geht weiter bei der Beantragung von Hilfsmitteln, die das Leben mit einer Behinderung heute sehr erleichtern können wie zum Beispiel ein Kommunikations-iPad, eine Brille mit extrem hoher Dioptrienzahl oder eine Sitzschale. Viele Dinge, die das Leben erleichtern und das Wohlbefinden steigern können, müssen bei der Pflegekasse erkämpft werden, vieles davon steht nicht in deren Leistungskatalog.

Auch Familien, die ein normales oder höheres Einkommen haben, kommen an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten, wenn ein behindertengerechtes Auto gekauft werden muss, die Türrahmen für einen Rollstuhl verbreitert werden müssen, ein Treppenlift benötig wird oder ein Badezimmer umgebaut werden muss. Dies ist einer der am häufigsten gestellten Anträge bei den Förderprogrammen der Stadt. Die Einkommensgrenze für eine vierköpfige Familie mit einem pflegebedürftigen Angehörigen liegt bei einem Brutto-Jahreseinkommen von 90 000 Euro.

Eine wertvolle Anlaufstelle für alle Eltern ist der Sozialdienst für chronisch kranke und behinderte Kinder im Gesundheitsamt. Hier können sie erfahren, welchen Anspruch auf Hilfen sie haben, wie und wo die entsprechenden Anträge gestellt werden und wie sie gegen die Ablehnung Widerspruch einlegen. Die Pflegekasse verhält sich in der Regel restriktiv: „Anträge werden grundsätzlich erst einmal abgelehnt“, das ist die Erfahrung von Saskia Heckwolf, vom Familienentlastenden Service des bhz. Nicht alle Eltern haben den langen Atem, auch noch den fünften Widerspruch einzulegen. Selbst bei der Erstattung der Kosten für Windeln gibt es Schwierigkeiten: Da wird schon mal ein Trinkprotokoll verlangt, wenn die Zahl der benötigten Windeln der Kasse zu hoch erscheint. Die Pflegekasse für Baden-Württemberg hat auf die wiederholte Presseanfrage von „Hilfe für den Nachbarn“ nicht reagiert.

Zuschüsse reichen nicht aus

Die Spendenaktion der Stuttgarter Zeitung hat in vielen Fällen geholfen, denn der Standardbetrag, den die Pflegekasse in der Regel für Um-und Einbauten bezahlt. liegt bei 4000 Euro, zum Beispiel für einen Treppenlift. Die Kosten sind aber doppelt so hoch.

Meistens ist es die Mutter, die ihre Berufstätigkeit aufgeben muss – von den häuslichen Belastungen einmal abgesehen, ist eine geregelte Tätigkeit kaum möglich, wenn ein behindertes Kind betreut wird. So schrumpft das Familienbudget bei steigenden Kosten. „Je stärker die Behinderung ist, desto eher läuft es auf die klassische Hausfrauen-Ehe raus“, weiß Jutta Pagel-Steidl. Zudem ist der Anteil der Alleinerziehenden mit einem behinderten Kind höher als bei anderen Familien, denn den Belastungen hält manche Beziehung nicht stand. Eine alleinerziehende Mutter ist dann schnell auf den Bezug von Bürgergeld angewiesen.

Abwechslung vom Alltag

Der Familienentlastende Service des bhz bietet für Kinder und Jugendliche eine willkommene Abwechslung an: Freizeiten in den Ferien und Gruppenangebote wie Schwimmen, Musizieren oder therapeutisches Reiten. Dafür gibt es einen Entlastungsbetrag von 120 Euro. Das reicht fast nie, und es bleibt ein Eigenanteil für die Eltern.

Der Dschungel für die Antragstellung von Leistungen, die der Familie zustehen, verdichtet sich bei jedem Lebensabschnitt des behinderten Kindes aufs Neue. „Wenn die Eltern im Kitaalter gelernt haben, mit wem sie streiten müssen, gilt das nicht mehr für das Schulalter“, sagt Jennifer Langer. Für Jugendliche und Heranwachsende bis 27 Jahren gibt es deshalb beim Jugendamt die Verfahrenslotsen, die die Betroffenen parteilich unterstützen – und: das Jugendamt ist barrierefrei zugänglich.

DAS SPENDENKONTO

IBAN: DE53 6005 0101 0002 2262 22 Baden-Württembergische Bank,Bic/Swift: SOLADEST600, Kennwort Hilfe für den Nachbarn.

Bitte vermerken Sie auf der Überweisung unbedingt, ob Ihr Name in der StZ veröffentlicht werden soll.

www.stuttgarter-zeitung.de/stz-hilfe

Hilfe für den Nachbarn

Das Spendenkonto:
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BIC SOLADEST600
Kennwort: „Hilfe für den Nachbarn“

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