Staatsanwaltschaft Stuttgart Nach langen Ermittlungen: Anklage und Haft in Augenärzte-Affäre

Hier wurde seit Jahren gegen Augenärzte ermittelt: die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Foto: Heinz Heiss

Schweren Betrug und gefährliche Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft zwei Medizinern vor. Sie hatten das stets als „vollumfänglich falsch“ zurückweisen lassen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Nach jahrelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen drei Augenärzte eines süddeutschen Verbundes erhoben. Im Zusammenhang mit „medizinisch nicht indizierten Untersuchungen“ werden ihnen schwerer gemeinschaftlicher Betrug und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, wie die Anklagebehörde und das Landgericht auf Anfrage mitteilten. Zudem wurde beantragt, ein Berufsverbot gegen sie zu verhängen. Der Anwalt der Ärzte hatte die Vorwürfe stets als „vollumfänglich falsch“ zurückgewiesen. Derzeit haben Angeschuldigte und Verteidigung Gelegenheit, zur Anklage Stellung zu nehmen. Danach entscheidet eine Wirtschaftsstrafkammer des Gerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens.

 

Gegen eine Augenärztin und einen Augenarzt läuft laut Staatsanwaltschaft noch ein Folgeverfahren, in dem es um „gleich gelagerte Vorwürfe“ aus jüngerer Zeit geht. Gegen beide sei ein Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr ergangen, sie hätten sich zeitweise in Untersuchungshaft befunden. Inzwischen seien die Haftbefehle „gegen umfangreiche Auflagen außer Vollzug gesetzt“ worden. „Meine Mandanten sind nicht in Haft“, teilte der Anwalt mit.

Ermittlungen liefen seit 2017

Die Ermittlungen waren bereits 2017 nach Strafanzeigen von Ärzten, Patienten und einer Bezirksärztekammer in Gang gekommen. Bekannt wurden sie 2019 in Folge von Durchsuchungen in Praxis- und Privaträumen. Auslöser war der Verdacht, dass Patienten zu nicht oder noch nicht nötigen Operationen gedrängt worden seien – besonders bei grauem Star, einer Linsentrübung. Andere Ärzte hatten in einer eingeholten Zweitmeinung keine Dringlichkeit gesehen. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst zwanzig exemplarische Fälle untersucht und einen Gutachter mit der medizinischen Beurteilung beauftragt.

Den Hauptangeschuldigten, einer Ärztin und einem Arzt, werden in der Anklage 46 Vergehen des gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall und 26 Fälle von versuchtem schwerem Betrug vorgeworfen. Insgesamt seien in den Jahren 2015 bis 2021 mehr als 43 000 Euro zu Unrecht abgerechnet worden. Geschädigt seien überwiegend Privatpatienten und ihre Krankenversicherungen, aber auch einzelne gesetzlich Versicherte, denen Zusatzleistungen privat berechnet worden seien. Der Frau wird zudem gefährliche Körperverletzung in sechs Fällen, dem Mann in vier Fällen vorgeworfen. Einem dritten Arzt werden nur einzelne Fälle von Betrug vorgeworfen, das Verfahren gegen einen vierten wurde eingestellt. Wann es zur Entscheidung über einen Prozess kommen könnte, ist laut dem Landgericht nicht absehbar. Die noch laufenden Ermittlungen betreffen den Zeitraum 2020 bis 2025.

Weitere Themen