Die Ludwigsburger Stadtverwaltung befürwortet von der geplanten Stadtbahn nur das Teilstück Markgröningen–Ludwigsburg. Doch auch dagegen gibt es Widerstand und Einwände.
Gerät das möglicherweise letzte Teilstück der ehrgeizigen Stadtbahnpläne in Ludwigsburg auch noch ins Wanken? Fest steht: Gegen die ausschließliche Reaktivierung der Bahnstrecke Markgröningen–Ludwigsburg gibt es Widerstand. Zuletzt kam der von unerwarteter Seite. Landrat Dietmar Allgaier, machte kürzlich im Kreistag deutlich, dass er eine reine Reaktivierung der Bahnstrecke aus Markgröningen nicht mittragen werde. Er möchte das Gesamtprojekt umsetzen – oder gar nichts.
Auch aus der Bürgerschaft gibt es Widerstand gegen die von der Stadt Ludwigsburg vorgeschlagene Mini-Variante. Das hat mehrere Gründe.
Was ist mit der Kostenverteilung?
Eine Möglinger Bürgerinitiative sagt, wenn nur ein Teilstück umgesetzt werde, handle es sich nicht mehr um ein überregionales Verkehrskonzept – und dies berge das Risiko einer veränderten Förderung. Zudem wird befürchtet, dass zwei Drittel aller Kosten an Markgröningen und Möglingen hängen bleiben – zu Lasten anderer dringender Projekte in diesen Kommunen.
Tatsächlich beruht die bisher festgelegte Verteilung der Kosten – 50 Prozent beim Landkreis, rund 25 Prozent bei der Stadt Ludwigsburg, der Rest bei den übrigen Kommunen – auf der Annahme, dass das gesamte Projekt samt der nicht genehmigten Innenstadtlinie in Ludwigsburg umgesetzt wird. Was eine Mini-Variante für die Kostenverteilung bedeutet, weiß aktuell wohl niemand.
Wie realistisch sind die Fahrgastzahlen?
Möglingen und Markgröningen zählen zusammen weniger als 30.000 Einwohner. Der frühere Chef des Zweckverbands Stadtbahn, Frank von Meißner, hatte trotzdem mehr als 10.000 Fahrgäste pro Tag allein für dieses Teilstück prognostiziert; aktuell geht man beim Zweckverband von Zahlen zwischen gut 5000 und 8000 aus.
Wo diese herkommen sollen, ist einem Sprecher der Bürgerinitiative aber auch wegen der geplanten Haltepunkte der Stadtbahn ein Rätsel. „Durch die Lage des Bahnhofs in Markgröningen werden weder das Schulzentrum noch das Helene-Lange-Gymnasium angebunden.“ Auch in Möglingen müssten die Schüler einen weiten Weg zurücklegen, so der Sprecher weiter.
Vom Neubaugebiet Hasenkreuz brauche man zu Fuß 20 Minuten zum Bahnhof, zu den Bushaltestellen nur drei Minuten. Der Vorwurf: „Das standardisierte Verfahren berücksichtigt die falsche Basis.“ Es gehe von einem Gesamtprojekt aus, das auf der Kippe stehe. Auch die vermuteten Entlastungen beim Individualverkehr in Möglingen und Ludwigsburg seien nicht real: „Der Verkehr in Möglingen kommt hauptsächlich aus Richtung Mühlacker und Vaihingen – Orten ohne Stadtbahnanschluss.“
Jens Hübner, der Bürgermeister von Markgröningen, hält dagegen. „Ich bin immer wieder überrascht, wie fundiert ermittelte Zahlen von renommierten Büros infrage gestellt werden.“
Allerdings hatte Ludwigsburgs Bürgermeister Sebastian Mannl unlängst im Gemeinderat gesagt, bei der Kosten-Nutzen-Analyse handle es sich um eine vorläufige Berechnung, noch nicht um ein richtiges Gutachten. Zur Erreichbarkeit der Schulen erklärt Hübner: „Bei einer Weiterführung bis Schwieberdingen werden beide Gymnasien und die Realschule bestens von der Stadtbahn angefahren.“ Ohne Weiterführung allerdings, räumt er ein, brauche man Busse, um die Schulen zu erreichen.
Was ist mit der Barrierefreiheit?
Das Gleis Nr. 6, das als derzeit einzig mögliche Lösung für einen baldigen Start der Markgröninger Strecke gilt, hat mehrere Mängel. So könnte dort nur ein Kurzzug mit der halben Platzkapazität halten. Auch ist nur ein 30-Minuten-Takt möglich – statt des eigentlich anvisierten 15-Minuten-Takts. Und es ist nicht nur weit abgelegen, es ist zudem nicht barrierefrei. Ein Umbau ist wegen des Bestandsschutzes nur schwer möglich.
An der fehlenden Barrierefreiheit könnte jedoch die Förderung scheitern. Auf diesen Punkt verwies unter anderem die Grünen-Gemeinderätin Christine Knoß in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Im Gemeinde- und Verkehrsfinanzierungsgesetz heißt es dazu, Voraussetzung für die Förderung sei, dass das Vorhaben „Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätseinschränkung berücksichtigt und den Anforderungen der Barrierefreiheit möglichst weitreichend entspricht“.
Welche Eingriffe in die Natur sind nötig?
Auch die Ludwigsburger Initiative „Macht Lucie wirklich Sinn?“ meldet Bedenken an. „Wer heute versucht, den Gemeinderat mit einer kleinen, schnellen Lösung zu ködern, führt die Öffentlichkeit in die Irre. Denn selbst eine sogenannte Teillösung würde neue Infrastruktur, neue Förderanträge, neue Bauverfahren und dieselben Risiken nach sich ziehen – nur ohne den versprochenen Nutzen des Gesamtnetzes“, so die Kritik.
Ebenso schwer wiegen laut Initiative die Eingriffe in die Natur. Denn entlang des stillgelegten Gleises habe sich bei Möglingen im Lauf der Jahre „ein kleiner Wald mit eigenem ökologischen Wert gebildet“. Sein Verlust wäre laut den Stadtbahn-Gegnern ebenso wenig ausgleichbar wie die Eingriffe, die am Feuchtgebiet Leudelsbach bei Markgröningen drohen – „einem sensiblen Naturraum von zentraler Bedeutung für Wasserhaushalt, Mikroklima und Artenvielfalt“, warnt die Initiative. „Was dort verloren ginge, ließe sich im näheren Umfeld weder ersetzen noch wiederherstellen.“