Geplant sind unter anderem Verlängerungen bestimmter Linien und dadurch weniger Umstiege, die Bündelung schwach nachgefragter Linien in neue Linien und eine Anpassung an die S-Bahnzeiten. Und: Die beiden Städte und das Landratsamt sollen sich künftig an der Finanzierung beteiligen. Bislang agiert das Verkehrsunternehmen Pflieger eigenwirtschaftlich. Man habe allerdings die Erkenntnis gewonnen, dass nicht beides geht: die Sicherung der Eigenwirtschaftlichkeit und die Sicherung des Fahrplans, sagte Jutta Ullrich vom Böblinger Amt für Städteplanung als sie im Technischen Ausschuss die Pläne vorstellt.
Alle zehn Jahre wird der Stadtverkehr neu ausgeschrieben, zuletzt 2019. Nach der Fahrplanumstellung zeichnete sich jedoch schnell Nachbesserungsbedarf ab. So war beispielsweise bei der Ausarbeitung der Fahrpläne die Umstellung auf den 15-Minuten-Takt der S-Bahn noch nicht bekannt. Die Coronapandemie und ein drastischer Busfahrermangel verschärften die Situation zusätzlich. Immer wieder musste das Angebot eingeschränkt werden. Dass Nachbesserungen notwendig sind, war schnell klar. Jetzt liegen sie vor. Erarbeitet haben das neue Konzept das Verkehrsunternehmen Pflieger, die Städte Böblingen und Sindelfingen sowie das Landratsamt und der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS).
Welche Veränderungen geplant sind
Bisher sind die Zeiten vormittags für den Umstieg vom Bus auf die S-Bahn angepasst, nachmittags ist es umgekehrt. Dadurch entsteht ein Taktsprung. Der soll künftig wegfallen und Busse tagsüber immer zur gleichen Minute abfahren. Geplant sind zudem mehr städteübergreifende Verbindungen beispielsweise die neue Linie 705, die von der Diezenhalde über den Böblinger ZOB, das Flugfeld, den Sindelfinger ZOB bis in die Sindelfinger Landhaussiedlung fahren soll.
Die stark nachgefragte Linie 701 soll im Berufsverkehr zusätzliche Kurse fahren, der 30-Minuten-Takt am Samstag verlängert werden. Außerdem passt sich das neue Konzept besser an die Arbeitszeiten großer Arbeitgeber an. Es sieht beispielsweise vor, dass aus dem Sindelfinger Mercedes-Werk mehr Direktfahrten angeboten werden und die Haltestelle am Abfallwirtschaftsbetrieb in Böblingen in den regulären ÖPNV aufgenommen wird.
Diese Veränderungen sind allerdings nicht mit den ausgeschriebenen Kilometern möglich. Deshalb müssten die Städte und der Kreis als Aufgabenträger für die Extrakilometer mit insgesamt maximal 500 000 Euro im Jahr einspringen. Auf Böblingen würden dabei 2025 maximal 112 500 Euro entfallen, in den nächsten Jahren etwas mehr, weil mit einer Preissteigerung gerechnet wird.
Kritik aus Dagersheim
Bei den Stadträten im Technischen Ausschuss fiel das Fazit überwiegend positiv aus, am Ende empfahlen sie dem Gemeinderat einstimmig das Konzept umzusetzen. Kritik kam vor allem aus Dagersheim von Ortsvorsteher Hendrik Queck und Stadtrat Frank Wolf (CDU). Denn die Linien 718, 731 und 732 werden in die neukonzipierten Linien 722 und 723 integriert. Das hätte allerdings zur Folge, dass Haltestellen in Dagersheim-Ost seltener angefahren werden. Wolf spricht von einer „deutlichen Verschlechterung.“ Trotzdem hatte der Dagersheimer Ortschaftsrat für das neue Konzept gestimmt. „Im großen und ganzen wurde es positiv aufgenommen“, sagt Queck.
Insgesamt positive Bewertung
Markus Helms (Grüne) sprach für seine Fraktion von einer „richtigen und wichtigen Sache“, in der „eine Menge guter Sachen drin sind.“ Allerdings sahen nicht nur er sondern auch seine Ratskollegen die Gefahr, dass längere Linien anfälliger für Verspätungen sind , Martin Langlinderer (BfB) forderte eine „Erfolgskontrolle“, die prüft, wie sich die Veränderungen auswirken.
Mithilfe von Echtzeitdaten wolle man die Pünktlichkeit ermitteln und mit einem automatischen Fahrgastzählsystem die Auslastung überprüfen, erklärte Jochen Biesinger vom VVS den Räten. Eines der großen Ziele von Pflieger sei es außerdem, beispielsweise bei Busausfällen zuverlässiger zu informieren – ein Aspekt, der zuvor kritisiert worden war. Herausfordernd bleibe die Verkehrssituation und das Thema Pünktlichkeit. „Wir sind aber überzeugt, dass man mit intelligenten Mitteln Lösungen finden kann.“
Das vorgestellte Konzept ist nur ein erster Schritt, der Verbesserungen bringen soll. Mittelfristig hofft die Böblinger Stadtverwaltung beispielsweise den Takt verdichten zu können. Zählt man nämlich die Einwohner Böblingens und Sindelfingens zusammen, so fällt das Angebotsniveau laut Böblinger Stadtverwaltung im Vergleich zu Städten gleicher Größenordnung gering aus.
Neue Bushaltestelle in Böblingen geplant und welche Entscheidungen jetzt noch fällig sind
Neue Bushaltestelle
Anlässlich des möglichen Fahrplanwechsels will die Stadt Böblingen zwei neue, barrierefreie Bushaltestellen in der Friedrich-List-Straße auf Höhe der Bismarckstraße bauen. Die Kosten belaufen sich laut Stadtverwaltung auf rund 70 000 Euro.
Wie es weitergeht
Für die Umsetzung des Konzepts der Sindelfinger und der Böblinger Gemeinderat zustimmen. Sobald diese Zustimmungen vorliegen, wird das Unternehmen Pflieger einen Antrag auf Genehmigung beim Regierungspräsidium Stuttgart stellen, teilt Böblingens Stadtsprecher Peter Lausch mit.
Detaillierte Infos
Die geplanten Veränderungen jede einzelne Linie betreffend sind im Ratsinformationssystem unter der Sitzung des Technischen Ausschusses am 9. Oktober zu finden: https://boeblingen-sitzungsdienst.komm.one/bi/info.asp (PDF).