Stuttgart 21 Land fordert mehr Züge zum Flughafen
Ende 2026 soll der Flughafenbahnhof in Stuttgart in Betrieb gehen. Winfried Hermann steuert einen Testzug über die neue Strecke – und fordert eine bessere Anbindung der neuen Station.
Ende 2026 soll der Flughafenbahnhof in Stuttgart in Betrieb gehen. Winfried Hermann steuert einen Testzug über die neue Strecke – und fordert eine bessere Anbindung der neuen Station.
Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat einen Besuch auf der S-21-Neubaustrecke auf den Fildern und am neuen Flughafenbahnhof genutzt, um die Deutsche Bahn in die Pflicht zu nehmen. Dass die DB zunächst nur alle zwei Stunden einen ICE an der teuren neuen Station halten lassen wolle, nannte Hermann „einen Witz. Das ist deutlich zu wenig“.
Das Land engagiere sich deutlich mehr. In einer ersten Phase machen drei Regionalzuglinien Halt am Flughafen. Hermann rechnet vor, dass dadurch je Stunde und Richtung „drei bis vier Regionalzüge am Flughafen halten“. Auch in der Regionalversammlung waren im Juli Stimmen laut geworden, die eine bessere Anbindung des Flughafenbahnhofs forderten.
Flughafen-Chef Carsten Poralla, der Hermann auf seinem Besuch begleitete, sagte diplomatisch, der nun geplante Zwei-Stunden-Takt im Fernverkehr sei „ein guter Anfang“. Die Bahn habe aber ihr Wort gegeben, bei entsprechender Nachfrage das Angebot zu steigern. „Wichtig für den Flughafen sind die guten Umsteigemöglichkeiten, die sich künftig vom Stuttgarter Hauptbahnhof, aber auch dem Ulmer Bahnhof zum Flughafen ergeben“, sagte Poralla.
Im Dezember 2026 soll der Bahnhalt am Flughafen zusammen mit Stuttgart21 in Betrieb gehen. „Wir sind auf dem Weg zur Inbetriebnahme gut unterwegs“, sagte S-21-Chef Olaf Drescher mit Blick auf den Abschnitt zwischen Wendlingen im Neckartal und dem Flughafen auf den Fildern. Die Arbeiten dort sind soweit fortgeschritten, dass sich Hermann am Donnerstag mit einem Testzug auf die Reise machen konnte. Das Gefährt in Diensten des Bahntechnikherstellers Hitachi war noch vor nicht allzu langer Zeit auf der Strohgäubahn im Kreis Ludwigsburg unterwegs. Hat es dort Schüler und Pendler ans Ziel gebracht, ist es nun mit allerlei Messtechnik ausgestattet. Lucie, so heißt der Zug, mache Abnahmefahrten für die digitale Sicherungstechnik ETCS, so Drescher.
Eine knappe Stunde hat die Fahrt gedauert. Das lag aber nicht daran, dass Verkehrsminister Winfried Hermann zeitweise im Führerstand Platz genommen hat für, „die wahrscheinlich langsamste Fahrt über die Schnellfahrstrecke“, wie Hermann hinterher feststellte. Der Bauzug darf nicht schneller unterwegs sein. Zwar liegen bereits Gleise in einer der beiden Röhren des neuen Flughafenbahnhofs, aber dorthin konnte der Abnahmezug noch nicht vordringen. Zu Fuß ging es in die Tunnel. Robert Berghorn, bei der Bahn für den Neubau des Flughafenabschnitts zuständig, geht davon aus, dass der Gleisbau Ende des Jahres abgeschlossen ist.
Schienen liegen etwa schon am unterirdischen Abzweig zum geplanten Pfaffensteigtunnel, der den Flughafenbahnhof und die bestehende Gäubahnstrecke bei Böblingen verbinden soll. Man habe alles so vorbereitet, dass der Bau der neuen Röhren den Betrieb des Flughafenbahnhofs nicht beeinträchtige. Der auf rund zwei Milliarden Euro taxierte neue Tunnel ist im Haushaltsentwurf der Bundesregierung verankert. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Tunnel auch im Haushalt drin bleibt“, sagte Hermann. Dass sich die Kosten nochmals erhöhen könnten, schließt der Verkehrsminister nicht aus, teilt aber die Ansicht nicht, dass die Aufnahme in den Haushalt noch keine Sicherheit für die Umsetzung des Vorhabens bedeutet. Stuttgart-21-Kritiker halten den Tunnel für eine Fehlinvestition und fordern stattdessen einen Teilerhalt des Kopfbahnhofs für die Züge der Gäubahn.
Im rund 430 Meter langen Bahnsteigbereich tief unter der Messepiazza sind die Bahnsteige bereits mit dem Bodenbelag versehen, die Wandverkleidungen wachsen Stück für Stück. Insgesamt 14 Aufzüge verteilt auf den Haupt- und den Osteingang sollen Reisenden dabei helfen, die gut 27 Meter Höhenunterschied zu überwinden. Dass es auch durch das Treppenhaus möglich ist, davon überzeugte sich die Reisegruppe um Hermann. Einmal wieder zu Atem gekommen, standen die Besucher im Empfangsgebäude des Flughafenbahnhofs auf dem ein Dach aus Luftkissen thront, „wie bei der Allianz-Arena in München“, sagte Robert Berghorn.
Winfried Hermann, von Anfang dem Vorhaben Stuttgart21 eher reserviert gegenüber eingestellt, zeigte sich am Ende des Baustellenbesuchs beeindruckt. Er erinnerte auch daran, dass auf Initiative des Landes die ursprünglichen Pläne geändert wurden, so etwa an der Verknüpfung zwischen Alt und Neu bei Wendlingen. „Wir haben heute richtig viel gesehen und einen Eindruck von der Komplexität bekommen“. Er habe Respekt vor denen, „die das bauen“.