Im März 2021 wollte er den 25. Geburtstag der Lokalität Schlesinger feiern. Jörg Schelling, genannt Tschelle, einer der Gründer, hätte aufgelegt. Mit 59 Jahren ist der Wirt, DJ und Schlagzeuger friedlich im Bett für immer eingeschlafen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - So kannte man Tschelle: Meist gut gelaunt und gelassen stand Jörg Schelling im Schlesinger am Tresen und zapfte Bier. „Nach mir sind sogar Straßen benannt“, witzelte er und meinte damit seinen goßen Namensvetter, den Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling. Tschelle war nicht nur ein guter Zapfer. Als DJ Superjörgi legte er auf, spielte Schlagzeug in verschiedenen Bands, unter anderem bei No Sports, und hatte „immer ein offenes Ohr für alle“, wie Martin Arnold, genannt Nolde, sein Freund und Geschäftspartner, am Sonntag sagt. Tieftraurig und geschockt ist der Schlesinger-Gastronom, einen guten Freund verloren zu haben. Auf Tschelle sei „absolut Verlass“ gewesen. Gemeinsam hatten sie die einstige Musikkneipe zu einer auch bei Familien beliebten Lokalität aufgebaut, in der man hervorragend schwäbisch essen kann.

 

„Seine Lebensenergie war zu Ende“

Immer an Weihnachten trafen sich Nolde und Tschelle, die zusammen mit Heribert „Heri“ Meiers das Schlesinger vor bald 25 Jahren gegründet hatten, zur Arbeit in ihrer Bar an der Schlossstraße 28, unweit vom Haus der Wirtschaft. Wegen Corona wäre dieser gesetzte Termin in diesem Winter erstmals seit 1996 ausgefallen. „Sobald es die Umstände erlauben, werden wir Tschelle eine würdige Abschiedsfeier bereiten“, verspricht Autor und Stadtflaneur Joe Bauer, der ihn nicht nur wegen der gemeinsamen Fußballliebe für die Stuttgarter Kickers („Gewinnen war nicht unser Kerngeschäft“) gut kannte. „Wir haben einen liebenswürdigen Menschen und treuen Freund verloren“, sagt Bauer, „einen guten Mann.“ Die Lebensenergie von Tschelle sei zu „zu Ende“ gewesen. Zwar hatte er sich aus dem Schlesinger etwas zurückgezogen, war aber immer noch Teil der Mannschaft.

„59 Jahre ist viel zu früh“

Friedlich ist der am 1. September 1961 geborene Schelling, den viele auch aus dem Casino und Exil kannten, in der Nacht zum Samstag in seinem Bett für immer eingeschlafen. „Ein kleiner Trost ist, dass sein Tod friedlich war“, sagt sein Bruder Bernd Schelling, „aber der Verlust ist trotzdem riesengroß, 59 Jahre ist viel zu früh.“ Tschelle soll ein Baumgrab erhalten.

In den sozialen Medien drücken viele ihre Trauer und Fassungslosigkeit aus. Etliche haben ihr Profilbild bei Facebook schwarz gemacht. „Er war Stuttgarts Campino“, ist unter anderem zu lesen. Und: „Oh nein! Mein großes Schlagzeug-Vorbild und bester Mann im Casino.“ Tschelle hätte sich über so viel Zuspruch gefreut und einen Spaß darüber gemacht.