Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd. Und was gibt’s auf der Regenbogenalm? Unter diesem Titel feiert die queere Community auf dem Frühlingsfest die Premiere eines neuen Partyformats. Denn Gaydelight, der Klassiker, fällt erstmals seit 25 Jahren aus.
Auf den Tischen stehen Regenbogenfahnen in Bierkrügen. Ein Hit von Andrea Berg erklingt: „Ja, ich will, mit dir am Strand auf weißen Pferden reiten, ja, ich will, wild und verrückt sein wie in alten Zeiten.“ Der Cannstatter Wasen erfüllt an diesem Abend seine oft gewünschte Funktion, wild und verrückt zu sein. Die Stimmung ist bestens – vor allem auf der Empore der Almhütte Royal. Dort steigt die erste Regenbogenalm. So heißt das neue Partyformat für die queere Community, für die es erstmals seit 25 Jahren den Klassiker Gaydelight beim Frühlingsfest nicht gibt.
Gaydelight soll nur noch einmal im Jahr stattfinden
Theo Pagliarucci, der Erfinder des Gaydelights beim Wasenwirt, hat die Devise „Weniger ist mehr“ ausgegeben. Künftig will er den Partyhöhepunkt der LGBTQ-Gemeinde nur noch einmal im Jahr veranstalten, nur noch im Herbst beim Volksfest. Die aktuelle wirtschaftliche Lage, die politische Situation und die steigende Inflation mache es „nicht einfacher“, erklärt der Organisator: „Alles wird teurer, und man überlegt sich genau, wofür man sein Geld ausgibt.“
Andreas Müller, der als Produktmanager bei der S-Payment in der App-Entwicklung tätig ist, war zunächst enttäuscht, dass er seine geliebte Party in diesem Frühling nicht besuchen kann. Doch dann kam er auf die Idee, ein eigenes Fest für die Community zu organisieren, „ehrenamtlich, ohne kommerziellen Hintergedanken“, wie er sagt. „Wir wollten einen Ort schaffen, an dem man eine tolle Zeit miteinander verbringen und etliche bekannte Gesichter der Rainbow-Family treffen kann“, sagt Müller.
Als er Festwirtin Nina Renoldi darauf ansprach, war die Chefin der Almhütte Royal gleich angetan von seinem Vorschlag. Der Name dafür war rasch gefunden: „Regenbogenalm“. Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd – und auf der Regenbogenalm natürlich auch nicht. Ist ja keine Sünde, gemeinsam Spaß zu haben.
Andreas Müller berichtet von einer „Superresonanz“ bei der Premiere in der Herzlbar auf der Empore der Renoldis. „Das Konzept ist aufgegangen“ freut sich der Veranstalter. Etwa 300 Gäste feierten mit. Unterstützt werden er und sein ehrenamtliches Team von der Stuttgarter CSD-Initiative, die für das neue Format die Werbetrommel gerührt hat.
„Wir lieben Gaydelight und die Party dort“, sagt Müller, „aber auch unsere Angebot hat, ohne Gaydelight weh zu tun, seine Daseinsberechtigung – wir konzentrieren uns auf den Austausch und aufs Vernetzen, bei uns ist weniger Party, da geht man von Tisch zu Tisch.“ Gerade in der heutigen Zeit, da die Zahl der Straftaten gegen LGBTQ-Menschen ansteige und der Rechtsruck in Deutschland eine Belastung für Minderheiten sei, brauche die Community ein „sicheres Angebot“.
Nach der gelungenen Premiere steht fest: Es wird eine Fortsetzung geben. Müllers Ziel ist es, dass die Regenbogenalm zu einem „festen Termin im Veranstaltungskalender der Stadt“ wird. Mit „deutlichen Abstand zum Gaydelight beim Volksfest“ plane man für den Herbst die Wiederholung des neuen Formats.