Hobby-Bauer aus dem Heckengäu Dieses Superfood aus Deckenpfronn gibt es jetzt im Supermarkt

Vom Feld in die Tüte: Am gefragtesten ist derzeit das Gäuhanf-Granola-Müsli von Matthias Wolf. Foto: efanie Schlecht

Unter der Woche bei Daimler, am Wochenende auf dem Acker: Matthias Wolf baut in seiner Freizeit Hanf an. Was er damit macht und warum das Ordnungsamt schon bei ihm war.

Auf den ersten Blick wirkt das Feld am Ortsrand von Deckenpfronn unscheinbar. Grün, dicht, ordentlich in Reihen – wie Raps oder Luzerne. Doch wer nähertritt, erkennt die gezackten Blätter und riecht den süßlich-herben Duft der Hanfpflanze, die seit Jahren ein falsches Image hat. „Viele Spaziergänger schauen zwei Mal hin. Einmal hat mich jemand wegen des Anbaus von Hanf angezeigt“, erzählt Matthias Wolf und lacht. Das habe sich aber schnell geklärt gehabt. Denn Matthias Wolfs Hanf macht niemanden high. „Es ist reiner Nutzhanf. Er enthält kein Tetrahydrocannabinol“, erklärt der Nebenerwerbslandwirt aus Deckenpfronn, der hauptberuflich bei Mercedes-Benz in Sindelfingen arbeitet. Seit gut drei Jahren baut er in seiner Freizeit Hanf an – und hat sich damit auf einen ungewöhnlichen Weg begeben.

 

„Ursprünglich habe ich eine Pflanze gesucht, die den Ackerboden auflockert“, erzählt der 52-Jährige. Da Hanf bis zu drei Meter tiefe Wurzeln bilden kann, habe er sich schließlich für die Kulturpflanze entschieden. Im April 2022 säte er die ersten Hanfsamen auf seinem Acker aus. Dieses Jahr konnte er bereits die vierte Hanf-Ernte einfahren. Die Bedingungen seien 2025 top gewesen, sagt der Nebenerwerbslandwirt. Die Hanfpflanze an sich sei pflegeleicht, sie werde nur einmal im Jahr mit einem mineralischen Dünger gedüngt. Da Hanf so dicht wächst, ist der Boden zudem fast frei von Unkraut. Bis zu vier Meter hoch kann der Nutzhanf werden.

Erntet man ohne Freigabe, so drohen hohe Geldstrafen

Dass der Anbau von Hanf jedoch mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden ist, hat Wolf schnell gelernt. Noch vor der Aussaat musste er der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn das zertifizierte Saatgut mitteilen und den Zeitpunkt der Aussaat. Fängt die Pflanze an zu blühen, so muss man dies ebenfalls sofort melden. Möchte man den Hanf ernten, braucht man zuerst eine Erntefreigabe vom Amt, davor kann man seine Pflanzen nicht ernten. „Es drohen Strafen von bis zu 50 000 Euro“, weiß Wolf.

Für den Anbau von Hanf gelten besondere gesetzliche Regelungen. Foto: M. Wolf

Rund einen Hektar Hanf baut Matthias Wolf pro Jahr an. Bei der Feldarbeit helfen die beiden neun und elf Jahre alten Söhne der Familie mit. Im September wird die Ernte eingefahren. Sie ist recht anspruchsvoll, da der Nutzhanf sehr viele Fasern hat. Ein normaler Mähdrescher, wie ihn Wolf besitzt, hat seine Schwierigkeiten damit. Nach der Ernte werden die Hanffasern, Samen und Blätter sofort getrocknet. Die Samen werden per Farbausleser gereinigt und in Lebensmittelsilos eingelagert. Aus der restlichen Pflanze werden beispielsweise Mehl und Hanf-Pellets hergestellt.

Die 800 bis 1200 Kilogramm Hanf verarbeiten er und seine Frau Claudia zu Hanf-Samen, Hanf-Öl, Hanf-Mehl, Hanf-Müsli und Hanf-Pellets. Das Müsli ist der Verkaufsschlager. „Qualität und Regionalität sind uns sehr wichtig“, betont das Ehepaar. Seit Oktober vergangenen Jahres ist das Gäuhanf-Granola-Müsli im Sortiment. Derzeit wird es im Lebensmittellabor überprüft, erst im Anschluss bekommt es ein offizielles Etikett. Aktuell verkauft die Familie ihre Produkte unter dem Namen Gäuhanf noch überwiegend an der Haustür, es gibt aber auch schon einige Hofläden und zwei Supermärkte in Herrenberg und Gärtringen, die Gäuhanf-Produkte in ihrem Sortiment haben.

 Am Hanf gefällt Wolf besonders, dass er pflegeleicht und sehr gesund ist. In Hanfsamen sind acht essenziellen Aminosäuren und viele zentrale Vitamine enthalten. Dank des hohen Eiweißgehalts sind Hanfsamen echte kleine „Kraftpakete“. Hanf wirkt entzündungshemmend und cholesterinregulierend.„Viele Menschen denken, Hanf sei etwas Verbotenes und wollen damit nichts zu tun haben. Wir versuchen, die Menschen aufzuklären, dass Nutzhanf sehr gesund ist und mit dem berauschenden Hanf nichts zu tun hat“, erklärt Wolf.

Die Gäuhanf-Produkte gibt es in Hofläden und mittlerweile auch in zwei Supermärkten. Foto: Stefanie schlecht

Superfood ruft Ordnungshüter auf den Plan

Dass Aufklärungsbedarf besteht, bekam der 52-Jährige in der Vergangenheit auch schon zu spüren. Denn bei ihm meldete sich eines Tages das Ordnungsamt mit dem Hinweis, dass gegen ihn eine Anzeige wegen Anbaus von Hanf vorliege. „Das Thema hat sich allerdings schnell erledigt“, erzählt Wolf. Denn er konnte den Ordnungshütern versichern, dass es sich bei seinen Pflanzen um reinen Nutzhanf handelt. „Wer Cannabis anbaut, sucht sich bestimmt nicht das Feld direkt an der Bundesstraße aus“, sagt der Hobby-Bauer und lacht.

„Wir haben lange gesucht, bis wir ein Produkt gefunden haben, dass wir beide gut finden“, erklären Matthias und Claudia Wolf. Trotz des Bürokratieaufwands sind sie zufrieden mit ihrer Entscheidung, Hanf anzubauen. Die Familie hat auch schon weitere Pläne, was sie künftig noch für Hanfprodukte anbieten könnte. Doch diese sind noch geheim. „Die Landwirtschaft ist einfach meine große Leidenschaft“, erklärt der 52-Jährige.

Der größte Unterschied zwischen Nutzhanf und Marihuana

Nutzhanf
Nutzhanf enthält so gut wie kein Tetrahydrocannabinol (THC). THC ist der psychoaktive Wirkstoff, der für die berauschende Wirkung verantwortlich ist. Nutzhanf wird bis zu vier Meter hoch, hat dünne Blätter, viele Fasern und wenig Blütenharz. Mit zertifiziertem Saatgut darf er legal angebaut werden. Nutzhanf ist nicht psychoaktiv, daher kann man Hanfprodukte sicher und legal konsumieren.

Rauschhanf
Rauschhanf (Marihuana) hat einen THC-Gehalt zwischen fünf bis 30 Prozent, je nach Sorte. Diese Pflanzen werden wegen ihrer berauschenden Wirkung angebaut und dienen der Herstellung von Marihuana oder Haschisch. Rauschhanf ist meist kleiner und und buschiger gewachsen und hat viele Blüten, in denen sich das THC konzentriert.

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