SWR-Chefredakteurin Reimann geht „Frischer Wind“ beim SWR weht nur drei Jahre

Das offizielle SWR-Foto: Noch-Co-Chefredakteurin Marieke Reimann, 37 Foto: SWR/Patricia Neligan

Sie sollte frischen Wind in den SWR bringen. Doch nach gut drei Jahren verlässt Marieke Reimann den SWR schon wieder. Warum? Ihr Vertrag war gerade erst verlängert worden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Es sollte nach einem geplanten Abgang klingen. Als Marieke Reimann (37) jüngst verkündete, den Südwestrundfunk nach gut drei Jahren als „Zweite Chefredakteurin“ auf eigenen Wunsch wieder zu verlassen, hatte sie eine plausible Erklärung vorbereitet. Mit der Übergabe des ARD-Vorsitzes vom SWR auf den Hessischen Rundfunk (HR) gehe eine „interessante und anspruchsvolle Aufgabe zu Ende“. Nun sei „der richtige Zeitpunkt, einen neuen Weg zu gehen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber weiterhin als schützenswertem Gut einer pluralen, demokratischen Gesellschaft verbunden zu sein“.

 

So, wie es die SWR-Pressestelle Reimann in den Mund legte, redet kein Mensch. Persönlich zu sprechen war sie für unsere Zeitung nicht. Auf Linked-In schrieb sie, der Schritt falle ihr schwer, sei aber „nach sehr langer Überlegung der richtige für mich“. Doch noch im Juni sah es anders aus. Da nämlich verlängerte der SWR ihren Vertrag, für welche Laufzeit, wird nicht verraten. Die angeführte Übergabe des ARD-Vorsitzes war zu diesem Zeitpunkt natürlich längst absehbar. Schlüssiger klang ihre Begründung, sie wolle künftig wieder weniger in Konferenzen sitzen und stärker journalistisch arbeiten. Wo das sein soll, scheint noch offen. Von einem neuen Job war nicht die Rede.

Ein halb gelungenes Experiment

Mit Reimanns Abschied zum Jahreswechsel endet ein Experiment, das allenfalls halb gelungen ist. Als der SWR die gebürtige Rostockerin verpflichtete, sorgte das in der Medienbranche für einiges Aufsehen – auch, weil die einstige Chefredakteurin eines Online-Magazins („Zett“) nicht aus der öffentlich-rechtlichen Welt kam. Profil gewonnen hatte sie als versierte und selbstbewusste Journalistin („Ich bin mir meines Könnens sehr bewusst“), aber auch als Anwältin der im Medienbetrieb unterrepräsentierten Ostdeutschen. Bei dem Sender sollte sie „jüngere und uns fernere Zielgruppen erreichen“ und den digitalen Umbau vorantreiben. „Frischen Wind“ erhoffte man sich von ihr, gerade neben dem altgedienten, inzwischen pensionierten Ersten Chefredakteur Fritz Frey.

Mit ihrem „Blick von außen“ habe Reimann „viele neue Impulse“ gesetzt, bilanzierte der Programmdirektor Information, Clemens Bratzler. Doch am Ende waren die Welten, die da zusammenkamen, vielleicht doch zu unterschiedlich. Der SWR heiße nicht umsonst „Anstalt“, spötteln Insider. Hierarchiedenken, unübersichtliche Strukturen und schwerfällige Prozesse machten es Quereinsteigern nicht gerade leicht. Mit den drei Standorten und diversen Seilschaften müsse man erst mal klarkommen. Manche Außenbesetzung klappte, wie jüngst mit einem recherchestarken Landespolitik-Reporter, andere weniger.

Nie ganz beim SWR angekommen

Eine gewisse Distanz zwischen Reimann und dem SWR blieb auch räumlich: In Baden-Baden ließ sich die Zweite Chefredakteurin zwar regelmäßig blicken, aber sie arbeitete viel online von ihrem Berliner Wohnsitz aus. Schon länger fragte man sich im Sender daher, wie lange sie wohl noch bleiben würde. Bei der Nachfolge von Fritz Frey, dem machtbewussten Primus, spielte sie keine Rolle: neue Erste Chefredakteurin wurde die Leiterin der Intendanz, Franziska Roth. Anfang Oktober trat sie das Amt an. Zwei Frauen an der Spitze – das galt seither als Lösung auf Zeit.

Wie es weitergeht, mag der SWR noch nicht verraten. „Die Modalitäten der Nachbesetzung der Position der Zweiten Chefredakteurin werden derzeit geprüft“, heißt es. Dem Vernehmen nach könnte das Amt entfallen, für eine neue Abteilung. Das Ende des ARD-Vorsitzes, auf das Reimann verwiesen hatte, ist natürlich auch für den Intendanten Kai Gniffke eine Zäsur. Im Sender würde es nicht verwundern, wenn er seine Amtszeit nicht voll ausschöpfen würde.

Etliche SWR-Leute hätten auch schon eine Wunschnachfolgerin: Christine Strobl (53), die allenthalben hoch gelobte ARD-Programmdirektorin. Wenn ihr Mann, der baden-württembergische Noch-Innenminister Thomas Strobl, nach der Landtagswahl 2026 politisch weiter zurücksteckte, gäbe es für sie keine Hürde mehr.

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