Alaska: Der Name steht für saubere Luft, kristallklare Flüsse, unberührte Natur. Doch was derzeit im nördlichsten US-Staat zu erleben ist, hat nichts damit zu tun. Seit einigen Jahren verfärben sich immer mehr Flüsse in Alaska orangefarben. Das Phänomen birgt große Gefahren für Mensch und Natur.
Im Norden Alaskas haben sich in den vergangenen Jahren Dutzende Flüsse von kristallklaren Gewässern in trübe, orangefarbene Brühen verwandelt. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen liefern jetzt Forscher um Jonathan O’Donnell vom National Park Service in dr Stadt Anchorage im Fachmagazin „Communications Earth & Environment“.
Klimaerwärmung führt zu Auftauen des Permafrosts
Demnach führt die fortschreitende Klimaerwärmung zum Auftauen von Permafrostböden. In der Folge würden Eisen und giftigen Metalle aus dem Bergbau freigesetzt und gelangen in die Flüsse. Vor allem das Eisen sei für die orange Färbung verantwortlich. „Auftauender Permafrost kann die chemische Verwitterung von Mineralien, die mikrobielle Reduktion von Eisen im Boden und den Grundwassertransport von Metallen in Flüsse beschleunigen“, schreibt das Wissenschaftlerteam.
Weit von Minen entfernte Flüsse sind verseucht
Die Forscher werteten Beobachtungen von Wissenschaftlern, Piloten, Naturführern, Touristen sowie der Land- und der indigenen Bevölkerung aus. Insgesamt identifizierten sie so 75 betroffene Flüsse entlang der sogenannten Brookskette, einem Gebirge im Norden Alaskas, das sich über 1100 Kilometer von West nach Ost des US-Bundesstaates zieht.
So gut wie alle der betroffenen Flüsse seien dabei in sehr abgelegenen Gegenden gewesen, Dutzende bis Hunderte Kilometer beispielsweise von Minen entfernt, erklären die Experten.
Wasserqualität wird immer schlechter
O’Donnell zufolge waren die Verfärbungen erstmals im Jahr 2018 aufgefallen, doch bereits zehn Jahre zuvor war das Phänomen auf Satellitenbildern zu sehen. „Das Problem breitet sich im Laufe der Zeit langsam von kleinen Quellgebieten auf größere Flüsse aus“, berichtet O’Donnell.
„Da sich das Klima weiter erwärmt, ist damit zu rechnen, dass der Permafrostboden weiter auftaut. Überall dort, wo diese Arten von Mineralien vorkommen, besteht also die Gefahr, dass sich die Flüsse orange färben und sich die Wasserqualität verschlechtert.“
Es gebe bestimmte Stellen, die fast wie ein milchiger Orangensaft aussehen. Diese orangefarbenen Ströme könnten problematisch sein. Sie seien nicht nur giftig, sondern könnten auch die Wanderung der Fische zu den Laichgebieten verhindern können, betont O’Donnell.
Wasser der Flüsse versauert
Die Fachleute untersuchten Proben mehrerer Expeditionen im Labor. Dabei stellten sie fest, dass der pH-Wert orangefarbener Flüsse zum Teil deutlich niedriger ist als von Gewässern, die nicht von der Verfärbung betroffen sind.
„Das bedeutet, dass die Sulfidminerale verwittern, was zu stark sauren und korrosiven Bedingungen führt, die weitere Metalle freisetzen. Es wurden erhöhte oder hohe Werte von Eisen, Zink, Nickel, Kupfer und Cadmium gemessen“, heißt es in einer Mitteilung der University of California. Bestimmte Metalle könnten direkt von Tieren wie Fischen aufgenommen werden, andere eventuell über die Nahrungskette.
Dramatischer Rückgang der Tierwelt an Land und im Wasser
Die Verfärbung sei verbunden mit einem dramatischen Rückgang der Vielfalt großer wirbelloser Tiere und des Fischbestandes, schreiben die Forsche. So sei an einer Messstelle im Kobuk-Valley-Nationalpark ein erheblicher Rückgang der Artenvielfalt beobachtet worden, nachdem sich ein Hauptzufluss des Akillik River orange gefärbt hatte.
Demnach seien Dolly-Varden-Forellen (Salvelinus malma) und bestimmte Groppen (Cottus cognatus) komplett verschwunden, nach dem der pH-Wert plötzlich gefallen war. Neben den Gefahren für Umwelt und Tierwelt sehen die Experten auch das Risiko, dass die Kontaminationen das Trinkwasser verunreinigen.