Kinderfilme, Filmreihen oder Dokus: Rund um Stuttgart haben Cineasten die Qual der Wahl, denn in der Region befinden sich 13 besondere, preisgekrönte Kinos.
Jedes Jahr verleiht die Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Filmförderung Baden-Württemberg ihre Kinopreise. Ausgezeichnet werden dabei Lichtspielhäuser, die sich bei der Gestaltung ihres Programms besonders hervortun, spezielle Eventreihen veranstalten oder zum Beispiel Besonderheiten für Kinder und Jugendliche anbieten. Bei der jüngsten Auszeichnung waren unter den Kinos, die für ihr Programm der zurückliegenden Saison ausgezeichnet wurden, sage und schreibe 13 aus der Region Stuttgart – für uns ein Grund mehr, diese besonderen Kinos, die das Herz vieler Cineasten höher schlagen lassen, kurz vorzustellen.
Die beiden Stuttgarter Arthaus-Kinos, das Atelier am Bollwerk und das Delphi, haben jeweils einen der Preise erhalten. Hier ist der Name Programm, denn beide Kinos haben sich Filmerlebnissen abseits des Mainstreams verschrieben – oft auch in Originalfassung. Festivals wie das Queerfilmfestival sowie Filmreihen wie so genannte Horror Classics Sneak gibt es hier ebenfalls. Jedes Jahr finden zudem rund 50 Filmpremieren statt, zu denen oft auch die Filmschaffenden kommen. Die beiden Arthaus-Kinos werden von Peter und Simon Erasmus betrieben – ersterer ist schon seit 40 Jahren im Geschäft.
Das Cinema, ein Familienbetrieb in der dritten Generation, gehört zu den drei Stuttgarter Innenstadt-Kinos. Es wartet nicht nur mit einem schönen Ausblick auf den Schlossplatz auf, sondern auch mit einem leichten Schwerpunkt auf Arthouse-Filmen und verschiedenen Filmreihen wie den „Himmelsstreifen“ in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk der Kirchen. Viele baden-württembergische Produktionen feiern hier ihre Premiere. Auch Events wie das Internationale Trickfilm-Festival oder das Indische Filmfestival gehen hier über die Bühne.
Das Kino Kleine Fluchten in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) ist bei vielen Menschen auch als das „Manu-Kino“ bekannt, dank seiner Unterbringung im Club Manufaktur. Nachdem Jürgen Frank dort mehr als 30 Jahre lang alles organisiert hat, gibt es seit dem Herbst neue Pächter: Julia Schiemann und Daniel Gachstatter machen manches neu und belassen anderes beim alten. So wird es in dem alternativ angehauchten kleinen Kino auch künftig riesige Beinfreiheit, aber kein Popcorn geben, zudem weiter viele Filme aus dem Arthouse-Bereich und Streifen in Originalsprache mit Untertiteln. Die Betreiber sind ständig auf der Suche nach besonderen Filmperlen, die sie an Einzelterminen zeigen.
Neu eingeführt haben die beiden das Kinderkino, das zweimal im Monat stattfindet. Auf die jungen Besucher warten hier zum Beispiel Bastel- oder Malaktionen, passend zum gezeigten Film. Sonntagvormittags werden nun auch Vorführungen des Royal Opera House in London gezeigt – und zu verschiedenen Gelegenheiten wollen Schiemann und Gachstatter auch Filmvorführungen mit Anmoderation und anschließenden Gesprächsrunden bieten. Dafür bietet sich zum Beispiel der Salon K3 an.
Als einziges Kino im Land hat das Kino Universum einen Preis für ein sehr gutes Kinder- und Jugendfilmprogramm erhalten. Das ist kein Zufall, denn das familiengeführte Backnanger Kino ist seit 2021 die Heimat der Kinder- und Jugendfilmjury Baden-Württemberg. Die jungen Mitglieder dieses Gremiums sichten Filme noch vor Erscheinungsdatum, diskutieren darüber – und ihr Urteil spiegelt sich in Empfehlungen und natürlich auch im Programm des Kinos wieder.
Das Team um die Betreiberfamilie Eppler setzt diese Ausrichtung konsequent fort – zum Beispiel mit den „Kinokrümeln“. Dieses Angebot richtet sich an Familien mit kleinen Kindern, die immer mittwochs kurze, altersgerechte Filme ohne Werbung, mit reduzierter Lautstärke und angepasster Beleuchtung und zu einem besonders günstigen Preis gezeigt bekommen.
Der Verein Kinokult wurde 1987 gegründet und betreibt inzwischen insgesamt vier Kinos – drei davon wurden bei der jüngsten Verleihung der Kinopreise ausgezeichnet. Das Caligari in Ludwigsburg ist das offizielle Kino der Filmakademie Baden-Württemberg und verfügt über neueste Technik wie Atmos-Ton. Das Luna, ebenfalls in Ludwigsburg, befindet sich in einem historischen Fasskeller; durch seine moderne Lounge-Atmosphäre im Foyer verbindet es Nostalgisches mit Neuem. Im Fellbacher Stadtteil Schmiden gibt es zudem das Orfeo. Ebenfalls in einem historischen Gewölbekeller gelegen, besticht es durch seine ganz eigene Atmosphäre.
In ihren Kinos legen die Verantwortlichen großen Wert auf das Programm mit einer großen Vielfalt an Genres und Herkunftsländern. Außerdem gibt es mehrere kuratierte Filmreihen und nach vielen Vorstellungen auch Gesprächsrunden mit Filmemachern und anderen Gästen.
Einige Städte und Gemeinden haben kein eigenes Kino mehr – in solchen Fällen springt das Moki ein. Das Kino ist mobil unterwegs und wird seit 25 Jahren von Gerhard Göbelt betrieben. Mit einem professionellen digitalen Projektor ausgestattet, schafft er in Stadthallen und Gemeindesälen annähernd Kino-Atmosphäre.
Das MoKi gastiert regelmäßig in Freiberg, Tamm, Münchingen, Schwieberdingen, Asperg, Ditzingen und Markgröningen im Kreis Ludwigsburg und in mehreren anderen Orten im Land. Göbelt legt dabei Wert auf eine sorgfältige Auswahl der gezeigten Filme, von denen rund zwei Drittel europäischen Ursprungs sind. Zum Lohn bekam er von der MFG Filmförderung einen Preis für ein „sehr gutes Jahresprogramm“.
Seit dem Jahr 2019 werden die Capitol Lichtspiele in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) von Michail Toronidis und Tobias Scholz betrieben. In dem sehr zentral gelegenen Kino, das seit dem Jahr 1929 besteht, legt man großen Wert auf ein vielfältiges Programm mit ausgewählten, besonderen Filmen sowie Sondervorstellungen von starken Nischenwerken wie indischen Filmen oder Dokumentationen, Wiederaufführungen von Kultwerken oder Filmen in Originalsprache. Auch der Anteil an Kinderfilmen ist hoch. Immer wieder gibt es auch Events mit Filmschaffenden.
Das Kino selbst verfügt über zwei Säle: das Capitol ist ausgestattet mit 145 Plätzen, das in Rot gehaltene „Little Red“ bietet 75 Sitzplätze an.
Das Filmzentrum Bären liegt zentral in der Böblinger Innenstadt direkt am Stadtpark, angegliedert an den alten Gasthof Bären. Dazu gehört auch das Einzelcenter Metropol am Postplatz. Das Kino folgt dem Motto „Tradition trifft Moderne“, um trotz altehrwürdiger Gemäuer ein modernes Kinoerlebnis zu bieten, in Sälen, die regelmäßig renoviert werden und auch technisch „großes Kino“ bieten können.
Zudem gibt es eine multifunktionale Eventfläche, das FilmWerk, das filmreife Events, Filmpremieren und andere cineastische Veranstaltungen ermöglicht. Die von Ralf Merkel und Andreas Zienteck betriebenen Kinos haben von der MFG Filmförderung einen Preis für ihr gutes Jahresprogramm 2023 bekommen.
Ebenfalls unter den ausgezeichneten Kinos ist das Staufen-Kino in Göppingen, das seit drei Generationen von der Familie Huttenlocher und seit vergangenem Jahr zudem von Sebastian Selig geführt wird. Die sieben nostalgisch angehauchten Kinosäle werden immer wieder renoviert – in den vergangenen zwei Jahren gab es zum Beispiel neue Soundanlagen, eine Sektbar und ein neu gestaltetes Foyer. Auch sonst sind die Betreiber umtriebig: In Kooperation mit anderen Institutionen und Vereinen haben sie diverse Filmreihen und -events aus der Taufe gehoben, zum Beispiel das fünftägige Filmklang-Festival mit Musikfilmen aus dem deutschsprachigen Raum oder die Filmtage „Filmriss und Kopfkino“, die in Zusammenarbeit mit der psychiatrischen Klinik Christophsbad veranstaltet werden.
