Haben Behörden versagt? In seinem Kommentar wundert sich Johannes M. Fischer, warum die Staatsanwaltschaft weiterhin schweigt über den Stand der Ermittlungen.

Es ist eine sehr harte Geduldsprobe, die die Staatsanwaltschaft Heilbronn all jenen zumutet, die sich von einer Tat betroffen fühlen, die Mitte November passierte: Es geht um die Tötung von Luca S., um die versuchte Tötung weiterer Menschen, um Brandstiftung. Der mutmaßliche Täter war polizeibekannt, auffällig – es gab über Jahre hinweg und auch kurz vor der Tat zahlreiche Hinweise an die Behörden, dass Leib und Leben der Bewohner des Hauses in Gefahr seien.

 

Deshalb steht der Vorwurf im Raum, die Behörden könnten versagt haben. Die Oberstaatsanwaltschaft Stuttgart erteilte der Staatsanwaltschaft in Heilbronn den Auftrag, dieses mögliche Behördenversagen zu untersuchen. Doch bis heute gibt es k ein Ergebnis, nicht einmal ein Zwischenergebnis.

Kritiker fragen: Werden die Ermittlungen verschleppt?

Das Haus, in dem Luca getötet wurde, steckte der mutmaßliche Täter in Brand. Foto: dpa/Jason Tschepljakow

Dem Verdacht auf Behördenversagen gesellt sich nun ein neuer hinzu: Wird hier etwas verschleppt? Warum gibt es nicht einmal ein Signal, das da lauten könnte: Wir haben bereits umfangreiche Untersuchungen gemacht, wir haben Teilerkenntnisse, aber wir möchten den Fall akribisch aufarbeiten, und dafür brauchen wir noch Zeit.

So aber stellt sich die Frage: Was wurde denn überhaupt aufgearbeitet? Unsere Zeitung fand zahlreiche Zeugen und sprach mit ihnen. Während also Journalisten schon in den ersten Tagen und Wochen nach der Tat herausfanden, dass Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz auf jeden Fall von der Gefährlichkeit des Täters eine Ahnung haben mussten, ist von den offiziellen Ermittlern nach wie vor nichts zu hören.

Dabei geht es natürlich auch darum, Trauernden wenigstens ein ganz klein wenig Ruhe und Friede durch die Gewissheit zu verschaffen, dass mögliche Fehler, die passiert sind, aufgearbeitet werden. Dabei geht es aber auch darum, solche Fehler in der Zukunft zu vermeiden.

Eine Analyse hilft auch dem Gesetzgeber

Eine solche Analyse hat eine gesamtgesellschaftliche Relevanz. Sie eröffnet nämlich auch die Chance, den Umgang mit psychisch kranken und zugleich potenziell gefährlichen Menschen zu überdenken. Denn ähnliche Fälle wiederholen sich, in Erinnerung ist auch noch die Amokfahrt in Mannheim Anfang März.

Deshalb muss diese Frage gelöst werden: Welche Eingriffsmöglichkeiten haben der Staat und die Medizin heute? Und gibt es inzwischen eine veränderte Gefahrenlage oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die es nötig machen, bestehende Gesetze zu reformieren?