„Weil du mir gehörst“ ist ein deprimierendes, aber herausragend gut gespieltes Drama mit Felix Klare als entsorgtem Vater und mit Julia Koschitz als Mutter, die ihr Kind manipuliert.

Stuttgart - Vor gut zehn Jahren hat der Dokumentarfilmer Douglas Wolfsperger einen Film in eigener Sache gedreht. „Der entsorgte Vater“ handelte von Leidensgeschichten, die offenbar viele Männer betreffen: Ihre früheren Frauen oder Freundinnen ziehen alle Register, um den Umgang der Väter mit ihren Kindern unmöglich zu machen.

 

Ein unangekündigter Umzug ist da noch die harmloseste Variante. Die Frauen unterziehen die Kinder einer regelrechten Gehirnwäsche, und wenn das alles nicht genügt, holen sie zum vernichtenden Schlag aus und werfen dem Mann vor, er habe das Kind missbraucht. Weil Gerichte in solchen Fällen meist aufseiten der Mütter waren, zumal es oft entsprechende Gefälligkeitsgutachten gab, sind Prozesse regelmäßig zugunsten der Frauen entschieden worden. Auch dank Wolfspergers Film ist es in den letzten Jahren zu einem Umdenken gekommen; deshalb kann das deprimierende Drama „Weil du mir gehörst“ mit einem winzigen Hoffnungsschimmer enden.

Befragung eines Mädchens

Der Film beginnt mit der Befragung eines kleinen Mädchens. Die achtjährige Anni (Lisa Marie Trense) erzählt dem Richter, sie habe Angst vor ihrem Vater, der sei „jähzornig, stur und egoistisch“. Die Wortwahl klingt nicht nach Kind, aber das Mädchen zeigt zudem eine Wunde in der Handfläche, die ihm der Vater zugefügt habe. Anni sagt „Ich hasse ihn“ und wünscht sich, der Vater wäre tot; sie droht, sich umzubringen, wenn sie wieder zu ihm muss. Was mag dieser Mann für ein Monster sein, wenn seine Tochter so über ihn spricht?

Clever blendet der Film nach diesem Auftakt ein Jahr zurück. Tom Ludwig hat allem Anschein nach ein wunderbares Verhältnis zu seiner Tochter, die Besetzung der Vaterrolle mit Sympathieträger Felix Klare tut ein Übriges. Natürlich könnte der Schein trügen, aber rasch zeigt sich, wer in dieser Geschichte tatsächlich das Monster ist. Zunächst sind es nur kleine Sticheleien, die verraten, auf welch perfide Weise Julia Ludwig (Julia Koschitz) in Anni Zweifel sät, wenn sie wieder mal dafür gesorgt hat, dass Tom seine Tochter nicht sehen kann, ihm gegenüber dem Kind jedoch die Schuld dafür gibt.

Durchtriebene Vorwände

In seiner Not wendet sich der Vater ans Jugendamt. Aber damit wird alles nur noch schlimmer, denn Julia schlägt erbarmungslos zurück: Sie zieht weg, ohne Tom die neue Adresse mitzuteilen, und sorgt unter einem durchtriebenen Vorwand dafür, dass Anni ihn telefonisch nicht mehr erreichen kann. Die Tochter kann gar nicht anders, als irgendwann zu glauben, der Vater interessiere sich nicht mehr für sie, zumal er längst eine neue Familie hat.

Ohne Hintergrundwissen wirkt „Weil du mir gehörst“ wie ein frauenfeindliches Pamphlet: einseitig, ungerecht und völlig übertrieben. Berechtigt wäre jedoch allenfalls der Einwand, dass die Menge der Männer, die sich keinen Deut für ihre Kinder interessieren und regelmäßig die Unterhaltszahlungen schuldig bleiben, deutlich größer sein dürfte als die Zahl der entsorgten Väter. Davon abgesehen hält sich das Drehbuch von Katrin Bühlig jedoch an die Tatsachen: Was Tom erlebt, deckt sich exakt mit den Erlebnissen, die Wolfspergers Leidensgenossen in dessen Film geschildert haben; mittlerweile gibt es zudem diverse journalistische Recherchen zu diesem Phänomen.

Neu verteilte Rollen

Trotzdem ist das Drama fast zwangsläufig eine Gratwanderung. Umso cleverer war die Besetzung der weiblichen Hauptrolle mit Julia Koschitz. Die Österreicherin verkörpert zumeist Heldinnen, die gerade in den traurigen Geschichten ihres Landsmanns Johannes Fabrick regelmäßig tragische Schicksalsschläge verkraften müssen. Dazu zählt neben „Pass gut auf ihn auf!“ oder „Wenn es am schönsten ist“ auch „Zweimal lebenslänglich“ mit Koschitz als Frau, deren von Felix Klare gespielter Mann unter Mordverdacht gerät.

In „Weil du mir gehörst“ sind die Rollengenau andersherum verteilt. Regie führte allerdings nicht Fabrick, sondern Alexander Dierbach, der einige sehenswerte Beiträge zur ZDF-Krimireihe „Helen Dorn“ gedreht hat und sich hier vor allem durch die vorzügliche Arbeit mit den Schauspielern auszeichnet. Da Dierbach den Film betont zurückhaltend inszeniert hat – selbst die Musik von Sebastian Pill ist eher ein unheilverkündendes Hintergrundrauschen –, kommen die drei Hauptdarsteller noch viel besser zur Geltung.

Alle Beteiligten profitieren allerdings auch von einem sorgfältig recherchierten, differenzierten Drehbuch. Koschitz, mit der Dierbach einst auch sein Debüt gedreht hat („Uns trennt das Leben“, 2012, ebenfalls ein Familiendrama), ist ohnehin herausragend in allem, was sie macht. Klare meistert die Herausforderung mustergültig, einen Mann zu spielen, der irgendwas tun muss, weil er sonst platzt, aber die Füße still halten soll; es klingt wie Hohn, wenn Toms Anwältin ihm „Ruhe und Gelassenheit“ empfiehlt.

Erschrocken über die eigenen Untaten

Die Leistung der kleinen Lisa Marie Trense schließlich ist schlicht phänomenal; und das bei nur drei Stunden Drehzeit pro Tag (mehr ist bei kleinen Kindern nicht erlaubt). Die einzige durch und durch eindimensionale und entsprechend verachtenswerte Figur ist Toms Schwiegermutter (Teresa Harder), bei der wenige Szenen genügen, um erahnen zu lassen, warum Julia so ist, wie sie ist: Diese Frau ist noch manipulativer als ihre Tochter. Die wiederum scheint zwischendurch immerhin immer wieder mal innezuhalten und über ihre eigenen Untaten zu erschrecken; im Grunde ist Julia eine tragische Figur.

Bei Annis Instrumentalisierung ist die Rache einer verlassenen und zutiefst verletzten Ehefrau im Spiel, aber ihr Motiv, das Kind an sich zu fesseln, rührt vermutlich mindestens genauso aus Angst vor Einsamkeit, zumal Anni in den ersten Szenen eine deutlich innigere Bindung zum Vater hat. Auch deshalb ist der Gefühlswandel des Mädchens so schockierend.

Ausstrahlung: ARD, 12. Februar 2020, 20.15 Uhr