Im Prozess um einen möglicherweise inszenierten Raubüberfall auf einen Geldtransporter in Ludwigsburg wurden erste Zeugen vernommen. Die Verteidigung übt daraufhin Kritik an den Vernehmungen der Polizei.

Was genau ist am frühen Abend des 4. Januars 2024 auf dem Feldweg zwischen Pattonville und Oßweil passiert? Zwei Mitarbeiter einer Werttransportfirma behaupten, sie seien überfallen worden: Vor einer sternförmigen Kreuzung hätten sie stoppen müssen, da ein anderes Auto den Weg versperrte. Neben diesem sei ein älterer Mann mit Gehstock gestanden, der wohl eine Panne gehabt habe.

 

Als der Beifahrer des Werttransporters ausgestiegen war, um mit dem Mann zu sprechen, habe dieser eine Pistole gezückt. Ein weiterer bewaffneter Mann mit einem Sturmgewehr sei hinzugekommen und habe den Beifahrer gezwungen, sich hinzulegen. Fast zeitgleich sei ein dritter Mann mit Panzerfaust an der Fahrerseite des Sprinters aufgetaucht und habe den Fahrer gezwungen auszusteigen. Auch dieser habe sich auf den Boden legen müssen. Anschließend hätten die Täter die Beute in zwei mitgebrachte Fahrzeuge umgeladen und seien geflohen.

Ein Jogger hatte zwei Personen tuscheln gehört

Seit vergangener Woche sitzen allerdings der 43-jährige Fahrer sowie der 25-jährige Beifahrer der Werttransportfirma auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Diebstahl mit Waffen und Vortäuschen einer Straftat vor. Nach ihrer Ansicht haben beide den Überfall inszeniert, Komplizen seien mit der Beute abgehauen. Das Duo selbst blieb am Tatort, um die Straftat vorzutäuschen. Die Polizei sei schließlich auf ihre Bitte von einem Radfahrer alarmiert worden, der am Tatort vorbeigefahren war. Von der Beute in Höhe von knapp 3,8 Millionen Euro fehlt bis heute jede Spur.

Nachdem die beiden Angeklagten am ersten Prozesstag nochmals ihre Version der Ereignisse bestätigt hatten, hat die 7. Große Strafkammer am zweiten Prozesstag damit begonnen, den anhand von Zeugenaussagen zu rekonstruieren. Ein Jogger berichtete, er habe die Rücklichter eines Transporters auf dem Feldweg gesehen und die Stimmen zweier Personen gehört. Diese hätten leise getuschelt. „Das kam mir alles ein bisschen komisch vor“, erklärte der 53-Jährige, der außerdem von einem kleineren Fahrzeug berichtete, das aus Richtung Pattonville heraufgefahren sei.

„Mir kam das alles nicht ganz koscher vor“

Ein Schüler, der mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Rudertraining war, erzählte, er sei auf dem Feldweg an einem Transporter mit offener Schiebetür vorbeigekommen. In der Fahrerkabine habe Licht gebrannt. Personen habe er jedoch nicht wahrgenommen. Ein Spaziergänger mit Hund berichtete, er habe einen Transporter neben dem Weg im Feld stehen sehen und circa zwei Meter daneben zwei dunkel gekleidete Personen, von denen eine geraucht habe. „Mir kam das alles nicht ganz koscher vor, zumal später ja auch noch ein Hubschrauber im Einsatz war“, führte der Zeuge weiter aus. Als er später einen Zeugenaufruf in der Zeitung gelesen habe, habe er sich bei der Polizei gemeldet.

Bargeld in Höhe von gut 3,8  Millionen Euro ist seit dem Überfall verschwunden. Foto: dpa/Patrick Pleul

Rechtsanwalt Andreas Baier, der Verteidiger des Beifahrers, kritisierte anschließend in einer Erklärung die polizeiliche Vernehmung dieses Zeugen. In dieser würden Begriffe wie „stockfinstere Nacht“, „Silhouette“ und „der Zeuge erahnt“ auftauchen, die erkennen ließen, wie wenig dieser wirklich gesehen habe und wie unsicher er sich sei. „Und dennoch werden Aussagen wie diese voller Suggestionen herangezogen, um die Untersuchungshaft gegen meinen Mandanten zu begründen“, erklärte er.

Prozess

Termin: Der Prozess wird am 7. Oktober fortgesetzt.

Urteil: Das Urteil soll am 23. Oktober fallen.