Für rund 70 Bewohner des Altenheims Haus Ahorn in Beilstein (Kreis Heilbronn) wird es ungemütlich. Sie müssen raus, weil der Pflegebetrieb aufgibt. Wie geht es jetzt weiter?

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Lange Jahre galt das Haus Ahorn in Beilstein als vorbildlich – vor etwa 30 Jahren konnten sich Eigentümer im Haus eine Wohnung kaufen: um sich im Alter pflegen zu lassen. Doch damit ist Schluss. Der Pflegebetreiber Wohnintern gGmbH beendet den Betrieb zum 31. März 2025. Die gemeinnützige Gesellschaft hat ihr Mietverhältnis mit den Einzeleigentümern der Wohnungen gekündigt. Unmittelbar betroffen sind neben etwa 80 Angestellten auch rund 70 Pflegebedürftige und Demente. Ihre Angehörigen müssen für sie einen neuen Pflegeplatz suchen. Das dürfte sich schwierig gestalten.

 

Die Pflegeheimleiterin Andrea Stoll (links) mit dem inzwischen verstorbenen Chorleiter Gotthilf Fischer (Mitte) bei einem Pressetermin vor einigen Jahren Foto: Archiv/ Haus Ahorn

Die Betroffenheit ist groß. „Es ist eine Katastrophe – wir haben ein tolles Team, aber keinerlei Perspektive“, sagt Andrea Stoll, Heimleiterin und eine Geschäftsführerin der Wohnintern. Die GmbH hat die Wohnungen von den Eigentümern gemietet und an die aktuellen Bewohner weitervermietet. Insgesamt stünden 98 Einzelplätze zur Verfügung – die 70 dort Wohnenden müssen im März 2025 raus. „Mir tut es für die Menschen persönlich sehr, sehr leid“, klagt Stoll und kündigt an, bei der Suche nach einem neuen Heimplatz behilflich zu sein. Die Heimleiterin hält es für unmöglich, dass sich die vielen Eigentümer auf eine Sanierung des Hauses verständigen. Stoll schätzt die Kosten auf sieben Millionen Euro. Die Eigentümer wohnten zum Teil weit weg. „Viele sind selbst schon älter: Sie oder ihre Erben wollen das Risiko nicht mehr eingehen.“ In dem Altbau müssten barrierefreie Bäder errichtet und die Wasserleitungen saniert werden. „Da könnten auch Überraschungen warten.“ Problematisch seien zudem die überdimensionierten Wohnflure und die mangelnde Energieeffizienz.

Unter Druck geriet die Wohnintern nach Angaben der Geschäftsführerin durch die neue Heimbauverordnung des Landes. Demnach seien nur noch Wohngruppen mit maximal 15 Personen erlaubt. Einfach weiterlaufen lassen konnte die Wohnintern den Pflegebetrieb nicht mehr, betont Andrea Stoll. „Wir hatten vom Landratsamt Heilbronn bereits mehrere Verlängerungen erhalten.“ Auch für die etwa 80 Mitarbeiter tue es ihr leid, aber sie sei sicher, dass das Personal neue Stellen finden werde.

Um die Altenpflege in Beilstein gärt seit Jahren ein Streit. Die Wohnintern wollte einen Ersatzneubau mit 75 Plätzen und fünf Wohngruppen auf dem Gelände an der alten Feuerwache bauen lassen. Das Grundstück stellte sich jedoch vor zwei Jahren als ungeeignet heraus, weil die Deutsche Bahn Anspruch auf Ersatz einer Grunddienstbarkeit für den Busverkehr gehabt hätte. „Wir hätten möglicherweise einen hohen Schadenersatz zahlen müssen“, sagt die Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld. Sie habe dem Gemeinderat ein Rechtsgutachten vorgelegt. Aus ihm sei hervorgegangen, dass das Projekt nicht umsetzbar sei. Damit sei ein älteres Gutachten bestätigt worden, das bereits der Vorgängerverwaltung vorgelegen habe.

Seitdem brodelt es immer mal wieder in dem etwa 6400 Einwohner zählenden Weinort an der Grenze zum Landkreis Ludwigsburg. „Ich habe nach den Kündigungen der Wohnintern schon wieder die ersten besorgten Mails erhalten“, sagt Barbara Schoenfeld. Sie wolle den Gerüchten entgegentreten, die Stadt habe es versäumt, für eine Lösung des Problems zu sorgen. Schoenfeld gibt an, sie habe der Wohnintern bereits vor eineinhalb Jahren konkrete Hilfe angeboten. „Wir wollten den Eigentümern ermöglichen, sich ein Bild zu verschaffen, was in den Gebäudeteilen tatsächlich verändert werden müsste.“ Leider habe niemand reagiert.

Die Vielzahl der Einzeleigentümer erschwert eine Einigung über die Zukunft des Hauses Ahorn. Foto: Archiv/Weingand

Die Wohnintern-Geschäftsführerin Andrea Stoll wiederum betont, sie habe das Angebot der Stadt angenommen – „leider ist dann nie etwas gekommen“. Wegen der Baupreisentwicklung und der Zinsexplosion habe man Abstand vom Neubau genommen. Eine Sanierung des Hauses Ahorn im laufenden Betrieb sei nicht möglich.

Die Stadt plant ein Vergabeverfahren für ein Grundstück

Barbara Schoenfeld bleibt bei ihrer Darstellung. „Es ist verwunderlich, dass das Angebot für einen Dialog über einen solch langen Zeitraum nicht angenommen wurde.“ Intern habe die Stadtverwaltung das Projekt im Auge behalten und nach Lösungsmöglichkeiten in Form von Alternativstandorten gesucht. „Wir müssten eigentlich kein Grundstück zur Verfügung stellen“, sagt die Rathauschefin, dennoch habe die Kommune mitgewirkt und die Grundstücke im Herbst 2023 in öffentlicher Sitzung vorgestellt. „Unser Ziel war und ist es, Beilstein als Standort eines Pflegeheims zu erhalten.“ Eine Entscheidung für einen Bauplatz sei für den Herbst geplant. Es soll ein öffentliches Vergabeverfahren für das Grundstück auf den Weg gebracht werden.

Was aber soll mit dem Gebäude von Haus Ahorn geschehen, nachdem die Wohnintern nicht mehr als Mieterin fungiert und den Pflegebetrieb an dieser Stelle nicht mehr aufrechterhält? Die Stadt habe ein Interesse, dass ein derart großes und markantes Haus in der Stadt weiterhin genutzt werde, sagt Barbara Schoenfeld, die sich dafür ausspricht, dass für das Gebäude eine Lösung gefunden wird, die auch im Sinne der Stadt und deren Bürger ist. „Ich werde deshalb noch mal Kontakt mit den Eigentümern aufnehmen, um herauszufinden, wie die Vorstellungen sind.“