Der Ex-Abteilungsleiter muss wegen Untreue, versuchten Betrugs und Bestechlichkeit lange ins Gefängnis. Sein Verteidiger hält die Strafe für zu hoch und kündigt Revision an.
Im Stuttgarter Klinikum-Prozess ist ein weiteres Urteil gefallen. Die 20. Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts hat den ehemaligen Leiter der für ausländische Privatpatienten im Klinikum zuständigen Abteilung, Andreas Braun, zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem muss er 65 000 Euro, die er als „Kickback-Zahlungen von verschiedenen Dienstleistern erhalten hat, zurückzahlen.
Der Vorsitzende Richter Hans-Jürgen Wenzler listete mehr als ein Dutzend Straftaten der Untreue, des versuchten Betrugs und der Bestechlichkeit auf. Sie wurden laut Gericht im Rahmen zweier Projekte mit Partnern aus Libyen und Kuwait in den Jahren 2013 bis 2015 begangen. Es ging um die Behandlung und Betreuung von 372 libyschen Kriegsversehrten, für die eine ordentliche vertragliche Grundlage gefehlt haben soll, sowie um ein Beratungskonzept mit dem kuwaitischen Gesundheitsministerium. Das Klinikum sollte über drei Jahre erfahrene Orthopäden ans Al-Razi-Krankenhaus entsenden, um Operationen vorzunehmen. Laut Gericht entstand bei den Projekten ein Millionenschaden. Andreas Braun sei der Haupttäter. Ohne ihn hätte es diese Projekte und die Gesetzesverstöße nicht gegeben.
Staatsanwaltschaft hatte geringere Strafe gefordert
Das Gericht ging über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die lediglich drei Jahre und zehn Monate Haft gefordert hatte. Brauns Verteidiger Frank Theumer hielt eine Bewährungsstrafe für angemessen. Im April waren die Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte, die für das Controlling im Klinikum zuständig waren, gegen Zahlung einer Geldauflage von 20 000 und 10 000 Euro beendet. Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen von Braun erhielten wegen Beihilfe zur Untreue Bewährungsstrafen von zwölf und 16 Monaten und jeweils 5000 Euro Geldstrafe. Zwei Patientenvermittler hatten bereits 2022 Haftstrafen von bis zu fünf Jahren erhalten.
Verteidiger zeigt sich enttäuscht
Theumer kündigte noch im Gerichtssaal an, in Revision zu gehen. Der Antrag sei schon vorbereitet. Er betrachtet das Urteil als falsch und die Strafe als viel zu hoch, ohne den Aufklärungswillen seines Mandanten hätte es bis heute keine Urteile gegeben. Er widerspricht der Einschätzung, Braun sei der Haupttäter. Dessen Vorgesetzten hätten sich über die Geschäfte informieren und diese sofort stoppen können, wenn sie Bedenken gehabt hätten.
Anklage gegen Vorgesetzte zugelassen
Das Landgericht hat die Anklage gegen den damaligen alleinigen Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz zugelassen. Ihm werden versuchter Betrug, Betrug und Untreue bei beiden Projekten vorgeworfen. Gleiches gilt für die ehemaligen Ärztlichen Direktoren Claude Krier und Jürgen Graf. Der Untreue-Vorwurf gegen den ehemaligen Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle zu Libyen und Kuwait beruht indes nur auf Unterlassen. Zudem stehen noch drei weitere Verfahren gegen ehemalige Dienstleister aus, die im ersten Prozess – damals wegen der strengen Schutzmaßnahmen wegen Corona – abgetrennt wurden. Sie werden beschuldigt, dem geständigen Andreas Braun gegen Scheinrechnungen geldwerte Vorteile verschafft zu haben.