US-Präsident Ist Donald Trump ein Faschist?

Donald Trump liebt die Auftritte vor seinen Anhängern, denen er sich als großer Macher und Erlöser präsentiert. Foto: AFP/ROBERTO SCHMIDT

Was treibt den US-Präsidenten in seinem Furor gegen das etablierte System der amerikanischen Demokratie an? Viele Forscher sehen eine Nähe zum Faschismus. Da ist zwar etwas dran – reicht aber als Erklärung nicht aus, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Ist das, was Donald Trump macht, Faschismus? Viele sagen Ja. Geadelt wird diese These durch Jason Stanley, einen der wichtigsten Faschismusforscher der USA. „Die große Faschismus-Debatte tobt nun schon seit Jahren“, erklärt der Philosophie-Professor, „und ich kenne niemanden, der sich mit dem Thema beschäftigt, der nicht sagen würde: Es ist Faschismus.“

 

Faschismus beschreibt einerseits ein historisches Phänomen. In den 1920er Jahren bildete sich in Italien eine Bewegung, deren Anhänger sich selbst als Faschisten bezeichneten und deren Symbol, das Rutenbündel (ital.: fascio), die Stärke und Überlegenheit der Gemeinschaft gegenüber dem Einzelnen unterstreichen sollte. Unter Benito Mussolini errichteten sie eine Diktatur, die Vorbild für viele andere faschistische Bewegungen vor allem in Europa wurde.

Oben steht ein „starker Mann“

Andererseits ist der Begriff Faschismus heute zu einer diffusen Sammelbezeichnung für Ideologien und politische Bewegungen geworden, die nationalistisch, antidemokratisch, rechtsradikal und nach dem Führerprinzip organisiert sind. Legt man in diesem zweiten Sinne die Messlatte an Donald Trump und seine Make-America-Great-Again-Bewegung (MAGA), dann erfüllen sie viele der üblichen Faschismus-Kriterien.

Trump und MAGA feiern eine politische Ordnung, die von oben durch einen „starken Mann“ beherrscht wird. Dieser Anführer geriert sich als die „wahre Stimme des Volkes“, dessen Willen es durchzusetzen gilt, um ein goldenes Zeitalter anbrechen zu lassen. Demokratie und Rechtsstaat sind Störfaktoren, die dafür ausgehebelt werden müssen.

Wie alle Faschisten schürt Trump eine Wut gegen die angebliche „Elite“ in Politik, Medien, Kultur und Wissenschaften, deren Macht es zu brechen gilt. Der US-Präsident kultiviert ein Freund-Feind-Denken, eine Aufteilung der Welt im Inneren wie im Äußeren in ein „Wir“ und ein „Die“. Er hetzt gegen das „Fremde“ und das „Andere“. Migranten werden zu Verbrechern stilisiert, die ins Gefängnis oder noch besser außer Landes zu schaffen sind.


Übersteigerter Nationalismus

MAGA führt im Namen einer angeblich glorreichen amerikanischen Vergangenheit einen Kulturkampf gegen sexuelle und intellektuelle Freiheiten, gegen Gleichberechtigung und für einen sozialen Darwinismus, in dem die „Loser“ verachtet werden.

Trump und MAGA stehen für einen übersteigerten Nationalismus, der keine Rücksicht auf internationales Recht und globale Institutionen nimmt. Sie wollen die Wünsche der USA nach Ressourcen, Einfluss- und Sicherheitszonen , also ihren „Lebensraum“, bei Bedarf auch mit Gewalt erweitern.

Ohne Zweifel ist Trump faschistoid, aber er ist keine Reinkarnation von Adolf Hitler oder Benito Mussolini. Zum „klassischen“ Faschismus zeigen er und seine Bewegung, trotz der vielen Übereinstimmungen, auch markante Abweichungen.

Es fehlen die Uniformen, die Fackelmärsche

Es fehlt die Militarismus-Komponente: MAGA unterhält keine Kampfverbände, die Angst und Schrecken verbreiten. Es fehlen die Uniformen, die Fackelmärsche – die ganze martialische Symbolik. Anders als die historischen faschistischen Bewegungen glaubt Trump auch nicht an den starken, alles lenkenden Staat – ganz im Gegenteil: Kern seiner Ideologie ist der (außerhalb von Sicherheitsfragen) schwache Staat, der vor allem den Unternehmer ungehindert seine Geschäfte machen lässt. Trumps Rhetorik ist auch nicht auf eine selbstlose Aufopferung des Einzelnen für eine gemeinsame große Sache gerichtet, sondern eher auf das Gegenteil: auf einen radikalen Individualismus, in dem sich der Starke gegen den Schwachen durchsetzt.

Traum von einer KI-gesteuerten Technokratie

Für das, was der aktuelle US-Präsident gerade mit seinem Land macht, gibt es noch keine griffige Formel, keinen alles definierenden Begriff. Wir erleben, neben den vielen faschistischen Anklängen, eine ganz eigene Melange aus auto-biografischen, historischen und ökonomischen Bezügen des Menschen Donald Trump.

Er wirkt tief geprägt durch die mafiösen Strukturen der New Yorker Immobilienwirtschaft, die Basis seines finanziellen und politischen Aufstiegs ist. Sein Auftreten erinnert eher an einen Mafia-Boss, als an einen Diktator alter Schule. Sein wirtschaftliches Denken entstammt zu guten Teilen dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, inklusive seiner glühenden Verehrung des US-Präsidenten William McKinley und dessen wahnwitziger Zollpolitik. Dies verbindet sich schlussendlich mit den Fantasien einiger Tech-Milliardäre aus dem Silicon Valley, die von einer KI-gesteuerten Technokratie träumen.

Ist das alles irre? Oh, ja. Ist das gefährlich? Ja, ganz außerordentlich.

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