VfB Stuttgart Transfermarkt Warum der Undav-Wechsel vollends zu platzen droht
Der mögliche Transfer von Stürmer Deniz Undav zum VfB Stuttgart stockt seit Wochen – trotz intensiven Verhandlungen. Nun droht der Deal zu scheitern. Die Hintergründe.
Der mögliche Transfer von Stürmer Deniz Undav zum VfB Stuttgart stockt seit Wochen – trotz intensiven Verhandlungen. Nun droht der Deal zu scheitern. Die Hintergründe.
Eigentlich schien in Sachen Deniz Undav und einem finalen Wechsel zum VfB Stuttgart alles auf der Zielgeraden. Der VfB Stuttgart ließ wissen, den Spieler verpflichten zu wollen. Der Spieler selbst positionierte sich klar pro Stuttgart. Und Brighton & Hove Albion, der Club, der die Rechte an Undav hält, gewährte den Stuttgartern eine Kaufoption in Undavs Leihvertrag, die einen Wechsel für eine bestimmte Summe möglich macht. Sie ist nach Informationen unserer Redaktion bis zum 30. Juni gültig und auf 20 Millionen Euro taxiert. Der VfB kann Undav also zu klar festgelegten Konditionen an sich binden.
Doch diese Klausel ist nicht die einzige im Vertrag. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es noch weitere. Der Knackpunkt ist eine sogenannte Rückkaufoption (RKO). Diese beschäftigt den VfB seit Wochen. Vereinbart wurde sie nebst der Kaufoption für den VfB im Zuge des Wechsels auf Leihbasis von Deniz Undav zwischen Brighton & Hove Albion und den Stuttgartern. Die Engländer mit ihrem Besitzer und Mastermind, Tony Bloom, haben sie fixiert. Für rund 25 Millionen Euro können sie Undav zurückkaufen und gegebenenfalls wieder weiterveräußern. Für eine potenziell höhere Summe. Wirkt ein wenig wie ein Pokerspiel – und das trifft es ganz gut. Schließlich ist Bloom, Spitzname „The Lizard“ (Die Eidechse), durch das Kartenspiel erst berühmt geworden (und zu Geld gekommen).
Es ist ein Daumenschrauben-Deal. Was sich allerdings auch erklären lässt. Zum einen sind gerade englische Clubs bekannt dafür, knallhart zu verhandeln und dabei alle Winkelzüge und Möglichkeiten zu nutzen, die der Markt so bietet. Zum anderen muss man sich immer den Zeitpunkt in Erinnerung rufen, zu dem der VfB den Handel machen konnte. Das war im späten Frühjahr 2023, der Club war damals gerade so dem Gang in die zweite Liga per Relegation von der Schippe gesprungen, galt weiterhin als Abstiegskandidat. Eine völlig andere Verhandlungsposition als die jetzige, in die man als Champions-League-Club gehen kann. Da hilft es auch nur bedingt, dass der Spieler allen Beteiligten unmissverständlich seine Wünsche übermittelt hat. „Ich habe allen klipp und klar gesagt, was ich möchte: Ich möchte hierbleiben“, ließ Undav unlängst wissen.
In den bisherigen Verhandlungen zwischen Stuttgart und Brighton waren diese Gegebenheiten immer wieder Thema. Stuttgart ist gewillt, die 20 Millionen fix vereinbarte Ablösesumme zu bezahlen. Brighton ließ dagegen durchblicken, quasi umgehend von der RKO Gebrauch machen zu wollen. Eine Pattsituation. Mit Vorteil Brighton. Denn schließlich weiß Bloom um die Möglichkeit der Wertsteigerung von Undav durch dessen Teilnahme an der Europameisterschaft – und wittert ein gutes Geschäft. Oder, salopp formuliert, die Eidechse zockt. Mit einem sehr ordentlichen Blatt. Die Engländer haben keinerlei Interesse daran, vor dem Ende des Kontinentalturniers eine finale Lösung anzustreben. Der VfB dagegen strebt nach früher Planungssicherheit. Ausgang völlig offen.
Nicht nur deswegen ist es inzwischen nicht mehr unwahrscheinlich, dass der Wechsel des Neu-Nationalspielers komplett zu platzen droht. Denn das Gesamtpaket ist jetzt schon kaum zu stemmen für die Schwaben. Nimmt man die vereinbarte Kaufoption, das Grundgehalt für Undav über vier Jahre Vertragslaufzeit – hier sind etwa vier Millionen Euro pro Jahr realistisch – die üblichen Transfer-Begleiterscheinungen wie Handgeld und Beraterprovision (üblicherweise zehn Prozent der Transfersumme) und das Delta dazu, die Stuttgart Brighton zusätzlich zahlen muss (RKO + X) – dann verschlänge der Deal rund 40 Millionen Euro und damit die kompletten Mehreinnahmen, mit denen der Club durch die Champions League kalkulieren kann. Es ist nicht davon auszugehen, dass man das für einen einzigen Spieler zu riskieren bereit ist.
Die Causa Undav ist dabei alles andere als ein Einzelfall. Im Transfergeschäft wird oft mit harten Bandagen gekämpft. Klauseln spielen hier regelmäßig eine Rolle. In jüngerer Vergangenheit explizit sale-and-buy-back-clauses, sogenannte Rückkaufoptionen (RKO). Ein Begriff, der ursprünglich aus dem Wertpapiergeschäft an der Börse kommt. Es ist ist die Bezeichnung für einen Handel, bei dem zwei voneinander unabhängige Verträge zeitgleich abgeschlossen werden. Dabei werden Wertpapiere verkauft, wobei sich der Verkäufer verpflichtet oder das Recht sichert, die Wertpapiere zu einem festen Termin sowie fixen Konditionen zurückzukaufen.
RKO werden zwischen Vereinen vereinbart, die einen Handel mit einem Spieler abwickeln, diesen also verkaufen oder verleihen. Der abgebende/verleihende Club vereinbart vertraglich eine RKO mit dem aufnehmenden Club – weil er darauf setzt, dass der Spieler bei seiner nächsten Station eine Wertsteigerung erfährt. Die will man dann abschöpfen, indem man den Spieler für einen Fixpreis zurückholt, um ihn dann selbst einzusetzen oder teurer weiterverkaufen zu können. Das Delta zwischen der ursprünglichen Leihgebühr oder Ablösesumme und dem Fixpreis für den Rückkauf dient quasi als Ausbildungsentschädigung für den Club, bei dem der Spieler zwischenzeitlich war.
Auch der VfB Stuttgart hat schon einmal gute Erfahrungen mit solch einem Deal gemacht. Als man den jungen Innenverteidiger Matej Maglica zum FC St. Gallen abgab, gewährte man St. Gallen eine Kaufoption, vereinbarte gleichzeitig aber eine RKO. Die Clubs zogen ihre Optionen, der Spieler wurde schließlich mit deutlicher Wertsteigerung vom VfB an den SV Darmstadt 98 weiterverkauft.