VfB Stuttgart Europa League Fußballfans demolieren Stadtbahn
Eine Stadtbahn wird vor dem VfB-Europa-League-Spiel schwer beschädigt. Die Täter sind unbekannt. Warum liegt der Polizei aber keine Anzeige vor?
Eine Stadtbahn wird vor dem VfB-Europa-League-Spiel schwer beschädigt. Die Täter sind unbekannt. Warum liegt der Polizei aber keine Anzeige vor?
In den Polizei-Protokollen ist die Randale in einer Stadtbahn der Linie U4 nicht vermerkt – dabei sind die Folgen heftig: Vor dem Europa-League-Spiel des VfB Stuttgart gegen den spanischen Vertreter Celta Vigo am Donnerstagabend haben Unbekannte in einer Stadtbahn schwere Schäden angerichtet. Fahrgäste fühlten sich bedroht, zurück blieben eine zertrümmerte Tür, biergetränkte nasse Sitze, Müll und leere Bierkrüge. Handyaufnahmen zeigen, wie der Fahrtwind durch das zerstörte Glaselement der Tür bläst.
Der Vorfall soll sich nach bisherigen Erkenntnissen in einer Stadtbahn der Linie U4 im Stuttgarter Osten in Fahrtrichtung Untertürkheim zwischen 18 und 19 Uhr abgespielt haben. Gruppen von Fans stürmten die Bahn. Ein Zeugin berichtet, dass sie nicht aussteigen konnte, wo sie sonst ausgestiegen wäre – „weil ich Angst hatte“. Ein weiterer Fahrgast erklärt, dass er später eingestiegen sei und man auf den Sitzen nicht Platz nehmen konnte, weil diese nass gewesen seien. In einem Video ist zu sehen, dass man sich während der Fahrt aus dem zertrümmerten Glaselement der Tür nach draußen hätte lehnen können. Im Hintergrund ist Stimmengemurmel zu hören.
Eine zusätzliche Gefahr? Hans-Joachim Knupfer, Sprecher der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), erklärt auf Nachfrage, dass der Vorgang vom zuständigen Einsatzleiter der SSB festgestellt worden sei. Der Fahrer sei nach Absprache am Stöckach nicht über den Ostendplatz Richtung Untertürkheim abgebogen, sondern zur Wendeanlage im Neckarpark gefahren. „Im Neckarpark wurde der Zug getauscht“, so SSB-Sprecher Knupfer, „von dort setzte ein Reservezug dann Richtung Plankurs ein.“ Das sei das übliche Verfahren, „somit ist das Risiko für Fahrgäste minimiert“. Der Zug sei leer zur Wendeanlage gefahren. Der Schaden werde noch ermittelt.
Doch wer war da überhaupt an der Randale beteiligt? Am Freitagmittag musste Polizeisprecher Stephan Widmann feststellen, dass bei der Stuttgarter Polizei noch gar keine Anzeige der SSB in dieser Sache vorliege. In den Protokollen sei bisher nur ein Missbrauch des Nothalts einer Stadtbahn am Ostendplatz vermerkt. Diese Meldung sei um 19.30 Uhr im Lagezentrum der Polizei eingegangen. Warum der Fall der demolierten Stadtbahn noch nicht angezeigt wurde – das konnte der SSB-Sprecher am Freitag auf Anfrage nicht klären.
Dabei wäre für die Polizei, die in einem solchen Fall ermitteln müsste, die Sicherung von Beweismitteln sehr wesentlich. Außerdem sollten eigentlich schnellstmöglich Aufnahmen aus der Videoüberwachung sichergestellt werden, weil diese nach zu langer Zeit – in der Regel 36 Stunden – überschrieben wären. Zeugen berichten, es seien VfB-Fans gewesen, die zusätzlich zu den Schäden Sticker in die Bahn geklebt hätten. Die auf dem Video sichtbaren Glaskrüge lassen darauf schließen, dass sich die Krawallmacher zuvor am Biergarten im Schlossgarten aufgehalten haben könnten. Die Stadtbahn U4 hält an der Staatsgalerie sozusagen vor der Haustür.
„Ortskundige Fahrgäste, die zum Stadion wollen, würden die U4 wohl eher nicht nehmen“, lautet eine Vermutung in Polizeikreisen. Das spräche eher dafür, dass es sich um spanische Fans des Gastvereins Celta de Vigo gehandelt haben könnte. Nach polizeilichen Erkenntnissen hatte sich tatsächlich eine größere Gruppe der Vigo-Fans im Biergarten im Schlossgarten aufgehalten. Nach Informationen unserer Zeitung ist dabei mindestens eine Bahn an der Station Staatsgalerie von Hunderten spanischen Fans gestürmt und regelrecht überfüllt worden. Einheimische Fahrgäste flüchteten nach draußen. „Das waren Horden“, sagt einer. Allerdings ist unklar, ob dies auch der betroffene Zug war. Denn weitere Hunderte spanische Fans, die ausgelassen auf dem Bahnsteig skandierten, mussten auf den nächsten warten. Der Vorfall bleibt vorerst rätselhaft.