Mit 27 Jahren hat es Dalien Cohen weit gebracht – bis an die Spitze des Weltweihnachtscircus. Auf dem Wasen wird der Chef von rund 200 Personen für seine ruhige Art geliebt. Wir haben mit ihm über Neuheiten bei der Jubiläumsshow gesprochen.
Als der Weltweihnachtscircus 1994 seine allererste Premiere in Stuttgart feierte, war Dalien Cohen noch gar nicht auf der Welt. Nun ist der junge Mann Chef in der Manege, führt auf dem Cannstatter Wasen beim Aufbau des Zeltes und der neuen Sitzreihen das Kommando aber nicht von oben herab. Man denkt eher, er sei der Kumpel der vielen Mitarbeiter. Der gebürtige Holländer, dessen Vater aus Tel Aviv stammt, legt selbst an Hand an, delegiert nicht nur. Gerade ist der 27-jährige Geschäftsführer von Stardust in der Manege dabei, alle Sitze mit Nummern zu versehen.
Alles laufe nach Plan, sagt er. Seit zwei Wochen lebt Cohen, der quasi der Bürgermeister des Zirkusdorfs ist, ohne seine Frau und seine zwei Söhne in Stuttgart. Von früh morgens bis spät abends ist er Ansprechpartner für seine Leute beim Aufbau.
Künftig führt der Weg ins Innere des Zelts über Stufen. Man kommt nicht mehr direkt vom Foyer ebenerdig an die Manege. „Früher gab es ein Kommen und Gehen“, sagt Cohen, „das hat viele Gäste gestört, die sitzen.“ Deshalb ist die Anordnung der Reihen nun neu – und hat obendrein einige Sitze mehr beschert sowie den Zuschauern mehr Platz um sich herum. Rollstuhlfahrer können natürlich weiterhin den direkten Weg wählen.
Am Sonntag beginnen die Lichtproben in der Manege. Am Montag dürfen die 100 Artisten aus aller Welt zum ersten Mal ihre Nummern einstudieren. Premiere ist am 5. Dezember. So viele Künstlerinnen und Künstler gab es an diesem Ort noch nie – aus einem guten Grund: Zum 30. Geburtstag des Weltweihnachtscircus soll alles noch schöner und sensationeller werden. „Der Vorverkauf läuft besser als in Vorjahr“, berichtet der junge Chef. Und im letzten Jahr erzielte das holländische Unternehmen in Stuttgart mit 124 000 verkauften Karten einen neuen Besucherrekord.
Wenn man sieht, wie Dalien Cohen mit seinen Leuten unterm Chapiteau agiert, könnte man meinen, er ist ein Zirkuskind. Dabei wurde er nicht in diese bunte und fröhliche Welt hineingeboren – die Liebe hat ihn dorthin geführt! In Amsterdam führte er eine Gaststätte, als Elisa van der Meijden, die Tochter des Zirkusgründers Henk van der Meijden, 2018 zu einer Party kam. „Noch im selben Jahr war Elisa schwanger“, berichtet Cohen lächelnd. Inzwischen hat das Paar zwei Kinder, ein drittes ist unterwegs – an der dritten Generation des Zirkusunternehmens mangelt es also nicht.
Die schnelle Karriere in so jungen Jahren kommt seinen Talenten entgegen. Mit stoischer Ruhe arbeitet er präzise, hat alles im Griff, wenn’s mal wieder hektisch wird. Ziemlich oft klingelt sein Handy, nicht selten ist sein Schwiegervater Henk van der Meijden dran. Der 87-Jährige war Journalist in Amsterdam mit täglicher Leute-Kolumne und wurde vom Zirkus-Fan zum Zirkus-Besitzer. Heute ist er eine Zirkuslegende. Schon im vergangenen Jahr hat der Gründer des Weltweihnachtscircus die Geschäfte an seine Tochter und seinen Schwiegersohn übergeben. Aber „Henk“, wie ihn alle nennen, wird Ende November, wie in den 30 Jahren zuvor, mit seiner Frau Monica Strotmann nach Stuttgart reisen.
„Leidenschaft geht nicht in Rente“
Der Senior will „aus der hinten Reihe“ zuschauen, wie es die Jungen vorne machen. Solange es ihm gesundheitlich gut geht, will er darauf nicht verzichten. „Leidenschaft geht nicht in Rente“, ist ein Satz, den er gerne sagt.
Wer Karten für den Weltweihnachtscirus kauft, kann sicher sein, dass er die Besten der Besten sehen wird. Dank der 30-jährigen Erfolgsgeschichte wollen viele Artisten gern in Stuttgart auftreten, so wie Fußballer davon träumen, bei Bayern oder Real Madrid zu spielen. Und welches ist die Lieblingsnummer von Dalien Cohen in der Jubiläumsshow? Er überlegt eine Weile, dann sagt er mit einem Lächeln: „Wie kann man sich da entscheiden, wenn es so viele Höhepunkte gibt?“
Das Schönste am Zirkus ist für ihn, „dass alle Mitarbeiter und Künstler, egal aus welchem Land sie kommen, während dieser Zeit zu einem Team werden, fast schon zu einer Famil
ie“. Alle seien füreinander da, setzten sich gemeinsam dafür ein, die „bestmögliche Show“ auf die Beine zu stellen.
„Außerdem liebe ich es, unter Menschen zu sein“, sagt Dalien Cohen, „und ein Zirkus weckt das innere Kind in jedem.“ Es erfüllt ihn mit Stolz, „wenn die Menschen schon beim Betreten glücklich werden“. Wenn sie nach Hause gingen, diskutierten sie, was ihnen an der Show am besten gefallen hat – da hört der Zirkuschef dann ganz genau zu. Das gebe ihm so viele positive Energie, die sehr gut tue.