Bei der Dernière gelingt den Caballeros der Weltrekord mit drei Vierfach-Salti. Zum Abschied schneit es Glitter. Das Publikum tobt im ausverkauften Zelt. 128 000 Gäste besuchten den Weltweihnachtscircus in 60 Shows zum 30. Geburtstag – so viele wie nie zuvor.
Wenn sich die artistische und clowneske Weltklasse auf dem Wasen trifft und das begeisterte Publikum mitreißt, ist selbst der Jubel weltrekordverdächtig. Denn ein Zirkushit jagt den nächsten, eine Sensation löst die nächste ab. Die Begeisterungsstürme im Zelt sind so gewaltig, dass es Henk van der Meijden, dem 87-jährigen Gründer des Weltweihnachtscircus, mitunter vorkommt, als sei er in einem Fußball-Finale.
Wenn man die Akrobatenwelt mit dem Fußball vergleicht, dann ist das, was in Stuttgart zu sehen ist, Champions League. Erneut ist es den holländischen Zirkusmachern gelungen, die ohnehin hohen Besucherzahlen weiter zu steigern. In den vergangenen vier Wochen sind 128.000 Gäste zu der Show zum 30. Geburtstag gekommen – vor einem Jahr waren es 124.000. Bis zur Pandemie konnten beim großen Familienfest unterm Chapiteau meist um die 100.000 Zirkusfans gezählt werden.
Bei seiner zweiten Spielzeit als neuer Zirkuschef von Stuttgart lief es für Dalien Cohen, den Schwiegersohn Henk van der Meijdens, bestens. Moderator Björn Gehrmann bittet ihn am Montagabend beim Finale der allerletzten Show in die Manege und bedankt sich im Namen des gesamten Zirkusdorfs für die tolle Zusammenarbeit. Man setzt Cohen einen Sombrero auf. Es schneit Glitter. Man sieht ihn kaum.
Zwei Nummern aus der Jubiläumsshow sind für das Zirkusfestival in Monte Carlo nominiert. Dort werden die wichtigsten Branchenpreise verliehen. Im Fürstentum am Mittelmeer treten die Radakrobaten vom Großen Chinesischen Staatscircus sowie die mexikanischen Caballeros mit ihren Vierfach-Salti an. Werden beide Teams gar den Goldenen Clown holen? Ihre Europapremiere feierten die sich jedenfalls zuvor in Stuttgart.
Auf dem Cannstatter Wasen ist es in den vergangenen vier Wochen den Caballeros „zu 80 Prozent“ gelungen, mit drei Vierfach-Salti hintereinander von drei verschiedenen Artisten Zirkusgeschichte zu schreiben. Auch wenn es nicht immer geklappt hat, war der Beifall stets sehr groß. Bei der allerletzten Show am Montagabend gelingt der Weltrekord. Das Publikum rastet aus. Der Chef und Vater der jungen Artistengruppe ist mit vor Ort und jubeln mit dem Nachwuchs. Auch der Senior ist mit dem Salto Mortale schon beim Weltweihnachtscircus aufgetreten.
Auch wenn man’s kaum für möglich hält: In der nächsten Wasen-Saison (der Kartenvorverkauf startet im März) soll es in Stuttgart erneut eine Steigerung geben. „Das Programm steht zu 75 Prozent“, sagt Henk van der Meijden. Sein Ziel ist es, dass Stuttgart den Vorsprung als deutsche Zirkushauptstadt weiter ausbaut. Die Zukunft in der Manege sieht er „in noch mehr Emotionen“.
Froh ist der Gründer, dass seine Tochter Elisa van der Meijden und sein Schwiegersohn Dalien Cohen so begeistert sein Lebenswerk fortsetzen. Jetzt blickt der 27-jährige Cohen auf harte, aber doch erfüllende Wochen in Stuttgart zurück. Als Produktionschef war er von früh bis spät im Zelt – als Ansprechpartner für alle, für die Artisten ebenso wie für die Lieferanten der Zirkusbewirtung oder die Requisiteure. Es macht ihm großen Spaß. „Henk und ich sprechen dieselbe Sprache“, sagt er. Die Ansprüche sind hoch, alles immer noch besser zu machen.
Wie man für weitere Besucherrekorde sorgen kann? An eine zeitliche Verlängerung der Spielzeit – etwa mit einer Premiere wie beim Palazzo bereits im November – denken die Macher jedenfalls nicht.