Beim Westernreitturnier „Birkenhof Classics“ in Schwaikheim halten Cowboys und Cowgirls imaginäre Rinderherden mit spektakulären und rasanten Manövern auf dem Pferd im Zaum.

Im Trail ist Zentimeterarbeit im Sattel gefordert – beim Stangenmikado und am Gatter. Das große Tor darf nur so weit offenstehen, dass Pferd und Reiter gerade so durchkommen, aber eine virtuelle Rinderherde nicht durchbrechen kann und die Stangen auf dem Boden dürfen beim Durchreiten nicht berührt werden. Bei den „Birkenhof Classics“, dem großen Westernreitturnier in Schwaikheim, konnte das Publikum am Wochenende echte Cowboys und Cowgirls in Action erleben – nicht nur im Geschicklichkeitsparcours, sondern auch beim spektakulären Reining, das seinen Ursprung in der Arbeit mit Rindern hat.

 

601 mal erklang am Wochenende das Startsignal für Prüfungen wie „Ranch Riding“, „Western Horsemanship“ oder „Western Ranch Rail“. Das Turnier auf dem Birkenhof, der nicht nur fürs Westernreiten, sondern auch für edle Destillate, vor allem Gin und Whisky, bekannt ist, findet schon seit fast 30 Jahren statt. Diesmal ging es für die Profis unter den Westernreiterinnen und -reiter um nicht weniger als eine mögliche Qualifikation für die deutschen Meisterschaften im Westernreiten, die im September in Greuth ausgetragen werden. Lässig wie Lucky Luke im Wilden Westen ritten sie in die Arena ein: einen Cowboyhut auf dem Kopf, Fransen an der Hose und mit nur einer Hand am Zügel, weil die andere ursprünglich das Lasso halten musste.

Westernreiten für sich vor 30 Jahren entdeckt

Vor rund 30 Jahren war Lothar Schmid vom Birkenhof in Schwaikheim zu Besuch in den USA. Als er dort erstmals Westernreiten erlebte, war er sofort begeistert und sattelte nach seiner Rückkehr vom klassischen englischen Reiten zum Cowboystil um. 1998 kauften sich die Schmids das erste American Quarter Horse. Die Pferderasse gilt als besonders lernfähig und nervenstark, temperamentvoll, aber dennoch gelassen und ausdauernd und robust. Und die nur 1,40 bis 1,60 Meter große Huftiere sind ebenso muskulös wie schnell und wendig, was sowohl der Arbeit der Cowboys zuträglich war, aber auch der sportlichen Leistung nutzt.

Schmid fand Gleichgesinnte im Remstal, darunter Dieter Ludwig aus Kernen-Stetten und dessen Söhne Grischa und Sascha, die sich in der Westernreiterszene einen guten Namen gemacht haben. „In den Anfängen seiner Profi-Karriere war Grischa auch bei uns am Start, und Sascha ist einer unserer Wertungsrichter“, sagte Sarah Betz, die mit ihrem Mann den Birkenhof und die Turnierleitung von ihrem Vater übernommen hat.

Vier eigene und mehr als 30 Einstellpferde stehen mittlerweile im Stall des Familienbetriebs – und am Wochenende kamen noch einmal gut 100 Reittiere der Teilnehmenden aus der ganzen Region dazu. Die Stallzelte seien neben dem Trailerpark aufgebaut, erzählte Nadine Schmid, die Schwester von Sarah Betz. Denn die meisten Westernreiter, von denen manche bis zu fünf Pferde mitbringen, reisten im Camper an. Wildwestromantik gibt es beim Westernreiten auch abseits des Sports, und die Fans und Anhänger tragen nicht nur beim Reiten am liebsten einen Cowboyhut.

Rasante Manöver in der Reithalle

Während die Trail-Prüfungen im Freien ausgetragen wurden, zogen die Westernreiterinnen und -reiter fürs Reining in die Reithalle um. Rasante Manöver wie die spektakulären „Sliding Stopps“, das sind gleitende Vollbremsungen aus dem vollen Galopp, bei denen mächtig viel Staub aufgewirbelt wird, flotte „Spins“, schnelle 360-Grad-Drehungen, und „Roll Backs“, 180-Grad-Wendungen, bekamen die Zuschauenden zu sehen.

Emma, Romy und Charlotte, alle neun Jahre alt und Enkelinnen von Lothar Schmid, feierten derweil ihre Turnierpremiere bei „Walk Trot Trail“, einer Einsteigerprüfung im Schritt- und Trabtempo. Sonst waren sie für die Schleifen – Blau für den Ersten, Rot für den zweiten Platz und Gelb für Rang drei – bei der Siegerehrung zuständig. Und auch der Senior hat die Zügel nicht ganz aus der Hand gegeben, sondern stand während der drei Turniertage am Grill und in der Küche.