Alle Versicherungsgutachten sind eingeholt, die Maßnahmenpakete geschnürt. Und das Wichtigste: Die Finanzierung der Wiederherstellung des Zugverkehrs auf der Wieslauftalbahn ist weitgehend gesichert. Doch es gibt weitere Herausforderungen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Die dunklen Wolken, die sich noch lange nach der Hochwasserkatastrophe vom Juni über der Wieslauftalbahn zusammengebraut haben, scheinen verflogen. Der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel und sein Expertenteam um den ÖPNV-Amtsleiter Daniel Wiedmann sind nicht nur guten Mutes, dass das Wiesel wieder auf die Spur gesetzt werden kann, sondern auch, dass dies finanzierbar ist.

 

Die Züge wurden anderthalb Meter hoch geflutet

Bei dem Starkregenereignis Anfang Juni waren Fahrzeuge, Infrastruktur und die Werkstatthalle der Wieslauftalbahn schwer beschädigt worden. Mehrere Gleisabschnitte sind unterspült und müssen erneuert werden. Verschlammungen und Feinkorneintragungen an vielen Stellen machen eine Reinigung oder Austausch von Gleisschotters notwendig. Die Werkstatthalle und mehrere Züge wurden in einer Höhe von rund anderthalb Metern geflutet und stark verschmutzt.

Das Gleisbett wurde an vielen Stellen – hier bei der Welzheimer Klingenmühle – unterspült. Foto: Gottfried Stoppel

Während lange nicht sicher war, ob die mit 20 Millionen Euro gedeckelte Versicherungsleistung für die Reparatur ausreicht, geht man mittlerweile davon aus, weit von der Summe entfernt zu sein. Laut Gutachten ist mit knapp fünf Millionen Euro zu rechnen. Darüber hinaus hat das Verkehrsministerium laut Landrat Richard Sigel nach intensiven Gesprächen zugesichert, alle eventuell nicht von der Versicherung übernommenen Schäden zu drei Vierteln zu übernehmen. „Die wirtschaftlichen Risiken sind jetzt überschaubar“, sagt der Landrat.

Erster Abschnitt schon bald wieder befahrbar?

Während in den Sommermonaten bereits alle Arbeiten, welche ohne Kostenrisiken aus eigener Kraft erledigt werden konnten, abgeschlossen worden seien, haben die Verantwortlichen zur Wiederherstellung der Infrastruktur drei größere Maßnahmenpakete geschnürt. Der erste Abschnitt, der Teil zwischen Schorndorf und Miedelsbach, könnte schon in diesem November in Angriff genommen werden. Die Ausschreibung für die Reparatur und Entschlammung des Gleisbetts ist bereits gemacht.

Allerdings gibt es auch für einen begrenzten Zugverkehr noch eine große Unbekannte, und zwar die Fahrzeuge. Um die Schäden belastbar beziffern zu können, müssen die Züge in eine Spezialwerkstatt in die Oberpfalz transportiert werden, wo sie – falls eine Reparatur lohnenswert erscheint – in ihre Einzelteile zerlegt, gereinigt und wieder zusammengebaut würden. Die bisher unbefahrbare Strecke zwischen Rudersberg und Schorndorf ist für diesen Zweck zwar bereits provisorisch hergerichtet worden, doch ein parallel anlaufendes Ereignis macht die Fahrt der selbst nicht mehr fahrbereiten Bahnen wohl vorerst unmöglich: Für derartige Abschlepp-Dienstleistungen gibt es deutschlandweit zurzeit lediglich einen einzigen Anbieter. Und der ist wegen der Eisenbahnmesse Inno-Trans in Berlin bis Mitte Oktober komplett ausgebucht.

Vier Züge haben wohl Totalschaden

Gleichwohl ist auch kaum davon auszugehen, dass alle sechs Fahrzeuge, die auf Geheiß der Versicherung die Reise in die Oberpfalz antreten sollen, einsatzbereit repariert wieder zurückkehren werden. Während für die zwei Regio-Shuttle-Züge durchaus berechtigte Hoffnung auf einen Re-Start im Wieslauftal besteht, geht Daniel Wiedmann davon aus, dass vier ältere Triebwagen als wirtschaftlicher Totalschaden abgeschrieben werden müssen und nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Für sie ist zwar schon vor der Hochwasserkatastrophe aus Altersgründen ohnehin bereits Ersatz geordert worden, doch die Lieferung ist in zwei Raten vereinbart. Zum Jahresende werden lediglich zwei der neu erworbenen Gebrauchtfahrzeuge zur Verfügung stehen, die andern beiden erst ein Jahr später.

Der Zweckverband Wieslauftalbahn, der zu gleichen Teilen vom Kreis und den Kommunen Schorndorf und Rudersberg getragen wird, hat seine Geschäftsführung deshalb beauftragt, sich auf dem Markt der Schienenfahrzeuge umzuschauen. Zumindest eine vorübergehende Anmietung zweier Fahrzeuge dürfte nötig sein, um so schnell wie möglich wieder einen geregelten Zugverkehr im Wieslauftal starten zu können. Im schlimmsten Fall – wenn sich herausstellen sollte, dass auch die Regio-Shuttles verschrottet werden müssen – müssten zwei neue Fahrzeuge gekauft werden.

Re-Start schon Mitte 2025?

Doch das wäre der schlimmste Fall, und selbst dieser wäre durch die Zusagen des Landes finanziell abgefedert. Der Zweckverband hat die Geschäftsführung deshalb nicht nur ermächtigt, den Fahrzeugmarkt zu sondieren, sondern den gesamten Wiederbetrieb der Wieslauftalbahn mit Hochdruck schrittweise in Angriff zu nehmen. Läuft alles optimal, könnte der Zugverkehr bereits im ersten Halbjahr des kommenden Jahres wieder rollen. Allerdings, das betont der ÖPNV-Amtsleiter Wiedmann, dürfen keine Überraschungen bei der Sanierung auftreten. „Wir sind auf einem sehr guten Weg, das Wiesel zu reaktivieren“, konstatiert der Landrat. Und auch der Schorndorfer Oberbürgermeister Bernd Hornikel erkennt an: „Seit der letzten Sitzung des Zweckverbands im Juli ist viel passiert. Das ist ein tolles Ergebnis – vielen Dank dafür.“