Windkraft in Stuttgart Nahe Schloss Solitude sind sogar mehrere Windräder im Gespräch

Im Wald in der Nähe des Schlosses Solitude gibt es neue Pläne für womöglich bis zu vier Windräder. Foto: /Holger Leicht

Nicht nur die Stadtwerke Stuttgart möchten am Sandkopf in Stuttgart ein Windrad bauen. Auch ein Münchner Unternehmen hat Flächen für bis zu drei Anlagen gepachtet.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Der Wald zwischen dem Schloss Solitude, Weilimdorf und Botnang rückt immer stärker in den Fokus von Windkraftprojektierern. Dort am Sandkopf hat der Regionalverband vorläufig eine Fläche von 41 Hektar ausgewiesen, aber ob sie sich wirklich für Windkraft eignet, darüber soll erst im Herbst entschieden werden. Trotzdem planen nicht nur die Stadtwerke Stuttgart dort bereits eine Anlage, auch das Münchner Unternehmen MSE Solar ist dabei, den Standort genauer zu untersuchen.

 

Zur Einordnung: Der Staatsbetrieb Forst BW hat seit 2021 im Südwesten insgesamt 52 Flächen mit zusammen 8000 Hektar ausgeschrieben und verpachtet – das nicht mehr erreichbare Ziel der Landesregierung war es einmal gewesen, bis 2026 rund 1000 Windräder im Staatswald zu genehmigen. Eine dieser Flächen mit 40 Hektar befindet sich auf Stuttgarter Gemarkung, eben nahe dem Schloss Solitude. Im vergangenen Juni hat MSE Solar die Ausschreibung für dieses Gebiet gewonnen.

Dessen Geschäftsführer Fred Garside gibt nun über das Vorhaben Auskunft. Theoretisch könnten auf dem Gebiet bis zu drei Windräder errichtet werden, sagt er. Im Moment sei ihr konkretes Planungsgebiet aber deutlich kleiner; noch sei völlig unklar, ob am Ende ein, zwei oder drei Anlagen kommen könnten. Überhaupt wolle man trotz einiger laufender Voruntersuchungen noch warten, bis der Regionalverband seine Entscheidung gefällt habe. Garside betont aber: Grundsätzlich sei der Bau von Windrädern dort möglich, auch wenn der Regionalverband den Standort ausmustern würde. Das bestätigt auch Thomas Kiwitt, der Technische Direktor des Regionalverbandes.

Aber natürlich muss das Vorhaben erst das übliche Genehmigungsverfahren durchlaufen – dass Forst BW den Standort schon verpachtet hat, ist keine Vorentscheidung. Zuständig ist die Stadt Stuttgart, wie deren Sprecher Sven Matis sagt. Ergebnisse zu natur- und artenschutzfachlichen Untersuchungen gebe es noch nicht. Eine Pachtzahlung beginnt laut Sascha Bahlinger, dem Sprecher von Forst BW, erst, wenn ein Windrad in Betrieb gegangen ist. Dabei hat der Regionalverband selbst erhebliche Bedenken bezüglich der Fläche. In dem Waldstück kommen sensible Tierarten vor wie der Wanderfalke, es handelt sich um ein bedeutendes Naherholungsgebiet, und das Schloss Solitude gilt als Kulturdenkmal ersten Ranges. Das hohe Risiko ist Fred Garside bewusst: „Man kann nie ausschließen, dass sich die Voraussetzungen ändern“, sagt er.

Das Vorranggebiet S-02, wie es der Regionalverband in seinem Entwurf ausgewiesen hat Foto: Oliver Biwer

MSE Solar, wie der Name schon sagt, war bisher vor allem in der Photovoltaik aktiv, daher hat sich das Unternehmen für das Stuttgarter Projekt mit zwei anderen Firmen zusammengetan. Dabei handelt es sich um die Firma Windplan Bosse in Berlin sowie um die Firma EnValue in Hofkirchen in der Nähe von Passau.

Da Forst BW 40 der 41 Hektar des Vorranggebietes des Regionalverbandes gehören und diese an MSE Solar verpachtet hat, bliebe damit nur ein Hektar übrig für die Stadtwerke Stuttgart und ihr Windkraftprojekt. Das bis zu 260 Meter hohe Windrad könnte bis 2027 stehen. Stephan Stegmann, der Sprecher der Stadtwerke, bestätigt diese Größenordnung. Die kleine Fläche liege am östlichen Rand des Windenergiegebiets und sei im Besitz der Stadt Stuttgart. Der Genehmigungsantrag soll Mitte des Jahres eingereicht werden.

Stegmann betont im Übrigen, dass die Aussage der Bürgerinitiative Pro Tauschwald nicht richtig sei, bisher nicht informiert worden zu sein. Schon im Juli vergangenen Jahres habe es eine Vorantragskonferenz gegeben, an der Umweltverbände teilgenommen hätten. Zudem habe die Bürgerinitiative im September einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der positiv beschieden worden sei. Ein Sprecher der Initiative bleibt aber bei seiner Aussage. Man habe erst vor wenigen Tagen Unterlagen erhalten, die aber fast zur Gänze aus dem alten Verfahren von 2013 stammten. Bei den wenigen neuen Seiten sei das meiste geschwärzt gewesen.

Ganz in der Nähe des Sandkopfes, im Tauschwald, sollten tatsächlich vor zehn Jahren schon einmal zwei Windräder gebaut werden. Nach erheblichem Widerstand in der Bevölkerung hatte die konservative Mehrheit in der Regionalversammlung den Standort im Herbst 2015 abgelehnt. Selbst die Naturschutzverbände Nabu und BUND hatten sich damals gegen Windkraft im Tauschwald ausgesprochen. In der Regionalversammlung hat sich an den Mehrheitsverhältnissen bis heute nichts geändert.

Die öko-soziale Mehrheit im Gemeinderat hält den Sandkopf aber für geeignet, auch wenn der Naturschutz stark berücksichtigt werden müsse. Sie hat in einer Stellungnahme an den Regionalverband vor einem Jahr sogar darum gebeten, auch den alten Standort Tauschwald wieder aufzunehmen. Auch er ist also noch nicht völlig vom Tisch.

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