Von seiner Dachterrasse aus hat der Sänger Cornelius Hauptmann einen fantastischen Blick über Esslingen – Tatütata, Glockenklang, Choräle und Vogelgezwitscher inklusive.
Seinen Gästen bietet Cornelius Hauptmann grundsätzlich den Sitzplatz mit dem Blick durch die große Fensterfront nach draußen an: „Ich kann diese Aussicht über Esslingen bis hinüber zum Zollberg ja jeden Tag genießen“, meint der Sänger. Auf der Dachterrasse seiner Wohnung hoch über der Ebershaldenstraße gibt es jedoch nicht nur einen fantastischen Panoramablick. Hier lässt sich die Stadt dank Tatütata, Glockenklang und Vogelgezwitscher auch akustisch spannend erleben.
Dachterrasse in Esslingen: Am Horizont ist das Feuerwerk der Flammenden Sterne zu sehen
Auf Cornelius Hauptmanns Dachterrasse kommt man sich vor, als ob man von oben auf den Esslinger Stadtplan schaut: Die Südkirche, das Wolfstor, die Hintere Kirche, die Moschee, die griechisch-orthodoxe Kirche, der markante Steg zwischen den Türmen der Stadtkirche St. Dionys ist durch üppiges Grün gerade noch zu erkennen, und allein 15 Glockentürme zählt der Hausherr auf. Man sieht die riesigen Kastanienbäume in der Maille ebenso wie Industrie- und Verwaltungsgebäude. Beugt man sich über das Geländer, lässt sich ein Blick auf die Hochwacht und den Seilergang erhaschen. Und im Hintergrund liegt als blaues Band die Schwäbische Alb. Von Kindesbeinen an liebt Cornelius Hauptmann, der im Haus nebenan aufgewachsen ist, diesen Ausblick.

Heute genießt der 73-Jährige Mußestunden auf seiner Terrasse in vollen Zügen: Schon frühmorgens trinkt er hier eine erste Tasse Kaffee. Dann verfolgt er die Flugzeuge, die über den Zollberg auf den Stuttgarter Flughafen einschweben. Ende August sieht er das Feuerwerk der „Flammenden Sterne“ in Ostfildern am Horizont. Aufmerksam hat er die Abrissarbeiten am Landratsamt verfolgt. Staunend guckt er zu, wenn in der Altstadt ein Dach mit einer Hebebühne repariert wird. Als es kürzlich in der Küferstraße brannte, behielt er besorgt die Rauchwolken im Auge. Von seinem Ausguck aus beobachtet er Amseln, Tauben, Krähen, Schwalben, Falken, Milane und in der Dämmerung Fledermäuse. In den Morgenstunden hört er manchmal einen Hahn krähen, und kürzlich weckten ihn nachts zwei in den umliegenden Gärten umherstreifende Dachse.
Cornelius Hauptmann: Blick über die Esslinger Altstadt
Cornelius Hauptmann ist ein begeisterter Himmelsbeobachter, der seine Wolkenfotos gerne in den sozialen Medien teilt: „Das Wolkendesign ändert sich alle paar Minuten, das ist besser als jedes Fernsehprogramm.“ Mal erkennt er Figuren, ein Krokodil, einen Dinosaurier. Mal zeichnen die Kondensstreifen der Flugzeuge Skizzen ins Himmelblau. Mal bilden Wolken eine Decke aus weißen Watteflöckchen. „Kürzlich sah der Himmel aus wie eine Riesen-Explosion in Lila, fantastisch“, schwärmt er von gleißenden Sonnenaufgängen und glühendem Abendrot, und er gesteht: „Manchmal ist das schon ein bisschen kitschig, wenn der Mond über der Hochwacht steht, wenn Nebelschwaden über der Altstadt schweben oder wenn es im Winter frisch geschneit hat und alle Dächer weiß sind.“
Ein Höhepunkt ist für den Terrassenbesitzer der Sonntagmorgen, wenn er extra früh aufsteht, um den Chorälen zu lauschen, die die CVJM-Turmbläser von den Balkonen im Südturm der Stadtkirche spielen. Natürlich hört Cornelius Hauptmann, der 2017 ein spektakuläres stadtüberspannendes Esslinger Glockenkonzert initiiert hat, dort oben auch das Glockenspiel auf dem Alten Rathaus ebenso wie viele andere Esslinger Glocken. Während der Corona-Pandemie lud er das SWR-Klarinetten-Ensemble dazu ein, auf der Dachterrasse ein „Konzert auf Abstand“ zu spielen. Dass er ab und an auch die Signale von Feuerwehr, Polizei und Notarzt hört oder dass dann und wann PS-Narren ihre frisierten Motoren auf der B 10 aufheulen lassen, störe ihn in seinem Refugium überhaupt nicht, versichert er.
Auf der Dachterrasse kann Cornelius Hauptmann abschalten
Die Dachterrasse war vor acht Jahren ein wichtiges Argument für die Entscheidung für genau diese Wohnung: Cornelius Hauptmann war beruflich sein Leben lang sehr viel unterwegs. In jungen Jahren war er Flötist und Saxofonist bei der Krautrock-Truppe Eulenspygel, später ist der Meisterschüler von Dietrich Fischer-Dieskau und Elisabeth Schwarzkopf als Konzert- und Opernsänger in ganz Europa aufgetreten. „Ich musste mir so viele Noten und Liedtexte merken, mein Kopf war immer voll. Hier oben kann ich Pflichten und Aufgaben ausblenden. Beim Wolkengucken denke ich nicht an Musik, nicht an Auftritte, nicht an meine vielen Ehrenämter. Da finde ich zu meiner Mitte zurück. Da wird mein Blick frei.“
Nicht nur Pflanzen und Kräuter fühlen sich auf der Esslinger Dachterrasse von Cornelius Hauptmann wohl, sondern auch die einst für fünf Euro ersteigerte Schaufensterpuppe, die auf den Namen Gretel hört.
Dieser Text wurde neuveröffentlicht. Erstveröffentlichung: 21.08.2024
Ein Zuhause für Gretel und Klaus-Bärbel
Grüner Daumen
Rund 60 Pflanzen hegt Cornelius Hauptmann. Sein ganzer Stolz ist ein fast 100 Jahre alter Cycas Revoluta, ein japanischer Palmfarn. Ein Olivenbaum sorgt für mediterranes Flair, Küchenkräuter inspirieren den begeisterten Hobby-Koch. Im Topf wachsen Erdbeeren der Sorte „Mieze Schindler“, ein kleines Apfelbäumchen trägt in diesem Jahr genau einen Apfel, und auch die Dachterrassen-Tomaten sind winzig.
Mitbewohner