Schreie, Schüsse, Feuer – am Donnerstagmorgen werden Anwohner in Esslingen aus dem Schlaf gerissen. Zwei Menschen sterben, es gibt Verletzte. Jetzt geben Polizei und Staatsanwaltschaft weitere Details bekannt.

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

Gegen 7 Uhr am Donnerstagmorgen geht der Notruf bei Polizei und Rettungskräften ein: Anwohner im Bereich „Am Kronenhof“ in der Esslinger Altstadt berichten von einem Streit, Knallgeräuschen und einem Feuer. Der aktuelle Stand zum Großeinsatz – mehrere Stunden nach dem Vorfall.

 

Was ist passiert?

Was am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr in der Esslinger Altstadt geschieht, schockt viele Anwohner. In dem betroffenen Haus hat ein Zimmer im Dachgeschoss gebrannt, angrenzende Gebäude wurden teilweise vorsorglich geräumt. Aufgrund der unklaren Knallgeräusche befanden sich auch Entschärfer des Landeskriminalamts Baden-Württemberg und Spezialkräfte des Polizeipräsidiums Reutlingen im Einsatz vor Ort. Gefahr für die Bevölkerung bestand nach Polizeiangaben nicht, die Lage vor Ort ist unter Kontrolle. Die Straße rund um den Brandort ist weiträumig abgesperrt. Die Löscharbeiten laufen noch (Stand 15 Uhr). Wie das zuständige Polizeipräsidium mitteilte, konnte die Feuerwehr verhindern, dass sich das Feuer auf Nachbargebäude ausbreitete.

Was ist zu den Opfern bekannt?

Laut Polizei wurden zwei Männer tot aufgefunden, einer davon ist der mutmaßliche Täter. Es handelt sich bei den Toten um den 31-jährigen Sohn des Haus-Eigentümers und um einen ebenfalls in dem Gebäude wohnenden, 61-jährigen Mieter, wie das zuständige Polizeipräsidium Reutlingen und die Staatsanwaltschaft Stuttgart am Mittag mitteilten. Beide Männer wiesen „mutmaßliche Schussverletzungen“ auf, die Polizei fand am Tatort auch die möglichen Tatwaffen. Zudem gibt es zwei Verletzte: Eine schwer verletzte 32-jährige Frau wurde mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. „Sie war offenbar zuvor aus einem Fenster gesprungen“, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Einen weiteren Mann, den 76-jährigen Eigentümer des Gebäudes, rettete die Feuerwehr mit Hilfe einer Drehleiter von einem Balkon, er wurde zur Untersuchung in eine Klinik gebracht. Weitere betroffene Personen betreute der Rettungsdienst und Mitarbeiter der Psychosozialen Notfallversorgung.

Gibt es Hinweise auf ein Motiv für die Tat?

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart und die Kriminalpolizeidirektion Esslingen ermitteln wegen des Verdachts eines Tötungsdelikts und der schweren Brandstiftung. „Bekannt ist, dass der Mietvertrag des 61-jährigen Deutschen vom Vermieter bereits seit längerem gekündigt worden war und die Zwangsräumung der Wohnung offenbar am Folgetag anstand“, heißt es in der Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Aufgrund dieser Umstände soll es in der Vergangenheit mehrmals zu Streitigkeiten gekommen sein. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 61-jährige Mieter sowohl für den Brand als auch den Tod des 31-jährigen Eigentümer-Sohns verantwortlich ist. Anschließend soll er sich selbst getötet haben. Für weitere Erkenntnisse sollen die beiden Toten obduziert werden.

Was berichten Anwohner?

Qadir Khan wohnt direkt gegenüber des Einsatzortes. Der 24-Jährige erklärt, wie er das Geschehen am Morgen erlebt hat. „Ich habe heute Morgen gegen 7 Uhr drei Schüsse gehört. Als ich nach draußen gegangen bin, habe ich gesehen, dass das Nachbarhaus brennt.“ Daraufhin habe er sofort die Polizei angerufen. Vor der Polizeiabsperrung stehen am Donnerstagvormittag auch Iven und seine Partnerin – in Badeschlappen. „Ich konnte nur meinen Schlüssel mitnehmen“, sagt Iven. Die beiden Werkstudenten hörten am Morgen Schreie. Als sie aus dem Fenster schauten, sahen sie auf der Straße eine Menschenmenge, die sich um eine am Boden liegende Person versammelte. Kurze Zeit später seien Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte eingetroffen. Das Paar lebt im Nachbarhaus und versucht erst einmal, bei Freunden unterzukommen.

Was sagt Oberbürgermeister Matthias Klopfer?

„Das ist wieder eine schwierige Situation für unsere Stadt“, sagte Esslingens OB Matthias Klopfer, der sich am Vormittag ein Bild von der Lage vor Ort machte. Erst im Oktober hatte es einen tragischen Unfall in der Stadt am Neckar gegeben: Damals war ein Autofahrer auf einen Gehweg geraten und hatte dort eine 39-Jährige und ihre drei und sechs Jahre alten Söhne erfasst. Die drei waren noch an der Unfallstelle gestorben. Der SPD-Politiker sagt, er sei geschockt gewesen, als er von dem Brand erfahren habe. Die Löscharbeiten gestalten sich nach Angaben des Oberbürgermeisters schwierig. Ein Brand in der Altstadt sei herausfordernd, sagte Klopfer. Es seien knapp 100 Feuerwehrleute vor Ort.

Wie geht es weiter?

Die Feuerwehr ist weiterhin mit den Löscharbeiten beschäftigt. Zum genauen Geschehen ermittelt die Kriminalpolizeidirektion Esslingen auf Hochtouren.