Das Neckartal soll zur Modellregion für grünen Wasserstoff werden und in Hedelfingen wird das Herzstück dafür entstehen: der„Green Hydrogen Hub Stuttgart“, kurz GH2S. Standort für das Vorzeigeprojekt wird das Grundstück Am Mittelkai 25 sein. Dort soll nach den Plänen der Stadtwerke Stuttgart eine Anlage mit Elektrolyseuren, Speichern, einer Abfüllstation für Trailer und einem Betriebsgebäude entstehen. Von einer Aussichtsplattform auf dem Gebäude können Interessierte die Anlage von oben anschauen, ein Seminarraum für Workshops und Info-Veranstaltungen ist ebenfalls vorgesehen.
720 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr
Die Leistung der Anlage soll in der ersten Ausbaustufe 7,5 Megawatt (MW) plus 1 MW Forschungselektrolyse betragen, was einer Produktion von rund 720 Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr entspricht. Ein Ausbau auf bis 10 MW ist möglich. Das würde der Energie von vier Millionen Litern Diesel entsprechen und jährlich 10 000 Tonnen CO2 einsparen. Für die Elektrolyse soll ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet werden, die dabei entstehende Abwärme wird ebenfalls genutzt. Der Wasserstoff wird zum einen durch eine ebenfalls noch zu bauende Wasserstoffpipeline und durch entsprechende Trailer per Lastwagen in die Region verteilt.
Die Wasserstoffpipeline wird von der neuen Anlage aus zum einen bis nach Esslingen geführt, zum anderen bis zum SSB-Betriebshof in Gaisburg. Auf Hedelfinger Gemarkung wird die neue Leitung entlang der Straße Am Mittelkai in Richtung Esslingen verlegt, außerdem über die Otto-Hirsch-Brücken und entlang der Uferstraße in Richtung Wangen und weiter nach Gaisburg. Parallel dazu wird in Richtung Gaisburg auch ein 110 Kilovolt-Erdkabel der Stuttgart Netze in der Trasse mitverlegt.
Die 12 bis 16 Meter langen Pipeline-Rohre und das Erdkabel werden im Abstand von zwei Metern überwiegend in offener Bauweise mindestens einen Meter tief vergraben. Rechts und links der Leitungsachsen wird ein Schutzstreifen von jeweils drei Metern ausgewiesen. Die Pipeline wird auf Stuttgarter Gemarkung vom SSB-Betriebshof Gaisburg bis zur Gemarkungsgrenze zu Esslingen 5,7 Kilometer lang sein. Mittelfristig ist ihr Anschluss an eine Wasserstoff-Fernleitung geplant, nach den aktuellen Planungen könnte es nach Angaben der Stadtwerke schon 2030 so weit sein.


Nach dem Zeitplan der Stadtwerke für das Projekt müsste inzwischen die EU-weite Ausschreibung laufen. Im ersten Quartal 2025 sollen die auf dem Baugrundstück bestehenden Gebäude abgerissen und die Baustelle für die neue Anlage vorbereitet sein. Dann beginnt auch der Bau der Pipeline. Der Bauabschnitt nach Gaisburg mit 4,6 Kilometern Wasserstoffleitung und 4,2 Kilometern Stromkabel soll bis zum dritten Quartal 2026 abgeschlossen sein. Der Bauabschnitt in Richtung Esslingen mit rund 1,1 Kilometern Wasserstoffleitung ist für das dritte und vierte Quartal 2026 geplant. Die Installationsarbeiten für die Elektrolyseanlage sollen im ersten Quartal 2026 beginnen. Start der Wasserstoffproduktion sowie die Inbetriebnahme von Trailerstation und Pipeline sind bis Ende 2026 vorgesehen. Aktuell werden die Planungen intensiv zwischen den vielen Beteiligten und von der Trassenplanung Betroffenen abgestimmt. Dazu gehören unter anderem das Tiefbauamt, das Grünflächenamt, das Liegenschaftsamt, die Stadtentwässerung Stuttgart (SES), die SSB, die Deutsche Bahn, das Regierungspräsidium sowie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.
Die Wasserstoff-Pipeline ist Teil des Projekts H2-GeNeSiS, der stadtwerke-eigene Green Hydrogen Hub Stuttgart eine Erweiterung davon. An H2-Genesis sind neben den Stadtwerken auch die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS), das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), (ZSW), das Steinbeis-Innovationszentrum Energieeffiziente und emissionsfreie Technologien (SIEET) sowie die Stadtwerke Esslingen beteiligt. H2-GeNeSiS wird von der Europäischen Union (EU) und dem Ministerium für Umwelt und Klima des Landes im Rahmen des Programms „Modellregion Grüner Wasserstoff” gefördert. Es soll einmal Vorbild für andere Regionen sein.
Ziel der Projekte ist nach Angaben der Stadtwerke, „eine wirtschaftlich tragfähige Wasserstoffproduktion inklusive Transportinfrastruktur im Neckartal auszubauen” und damit unabhängiger von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Öl zu werden. Der grüne Wasserstoff kann beispielsweise in SSB-Bussen, großen Trucks oder in der Energieversorgung etwa als Beimischung zu Erdgas verwendet werden. Auch Industriebetriebe sind potenzielle Abnehmer. Außerdem, so die Stadtwerke in ihrer Projektbeschreibung weiter, sei Wasserstoff ein Stoff, „über den Strom aus Sonnenlicht und Wind, der für den momentanen Bedarf nicht gebraucht wird, zwischengespeichert werden kann. Damit ist er ein wichtiger Baustein für das Erreichen der Klimaziele.” Jürgen Brand