An diesem Samstag und Sonntag wird in Ostfildern das 50-jährige Bestehen gefeiert. Zum Jubiläum erzählen sechs Menschen, was die Stadt und ihre Stadtteile besonders macht.
Elisabeth Maier
11.07.2025 - 10:00 Uhr
An die Zeit, als der heutige Scharnhauser Park noch ein Militärgelände der US-Armee war, erinnert sich Ulrich Voss gut. „Am Tag der offenen Tür durfte man reinschauen.“ Damals gab es Volksfeste und Rodeos. Ansonsten waren die „Barracks“ tabu, sagt der Vorsitzende des Bürgervereins Parksiedlung. Die Entwicklung der Ostfilderns haben er und fünf andere Menschen aus den sechs Stadtteilen ganz unterschiedlich erlebt. Zum 50-jährigen Bestehen der Reformstadt blicken sie zurück.
Aus den vier Filderdörfern Nellingen, Ruit, Kemnat und Scharnhausen wurde 1975 durch die Gemeindereform Ostfildern. „Wir fühlen uns als Ostfilderner“, sagt Werner Schmidt. Dennoch fühle er sich in Kemnat zuhause, sagt der ehemalige Schulleiter der Pfingstweideschule und langjährige frühere SPD-Gemeinderat. Darin sieht der erfahrene Kommunalpolitiker jedoch keinen Widerspruch. Jeder Stadtteil habe sich seine Eigenheiten bewahrt. „Trotzdem schauten wir immer über den Tellerrand.“ Als geschäftsführender Schulleiter war Schmidt jahrzehntelang für die Schulen der Stadt zuständig, mit Ausnahme der Gymnasien. Er habe die Stadtentwicklung „mit Leidenschaft“ begleitet, sagt der 83-Jährige.
Feuerwehrleute begründen Städtepartnerschaft
Ostfildern und seinen Stadtteil Scharnhausen hat der langjährige Feuerwehrkommandant Werner Strobel im Blick. Mit den Feuerwehrabteilungen der anderen Stadtteile gemeinsame Sache zu machen, „und doch eigenständig zu bleiben“, das fand der 89-Jährige immer spannend. Strobel hat mit seinen Feuerwehrleuten auch die Städtepartnerschaft mit Montluel in Frankreich mit begründet, die seit 45 Jahren besteht. „Wir haben den Kontakt geknüpft“, sagt der ehemalige Stadtrat Strobel, der bis heute gute Kontakte in die Stadt im Département Ain hat.
Mit seinem Neffen Axel Deutsch, der heute für die CDU im Gemeinderat sitzt, ist der aktive Senior vor 20 Jahren sogar die 900 Kilometer in die französische Partnerstadt gewandert. „30 Tage haben wir da gebraucht“, erinnert er sich. „Das war ein unvergessliches Erlebnis.“
Dörfliche Strukturen in der Großen Kreisstadt
Tanja Stick lebt in Ruit und ist in Kemnat aufgewachsen. Foto: Markus Brändli
In Kemnat wurde Tanja Stick geboren; damals hieß sie noch Wieder. Da habe sie bei Rektor Werner Schmidt die Schulbank gedrückt, erinnert sich die Friseurmeisterin, die 2025 gemeinsam mit der Stadt Ostfildern ihren 50. Geburtstag feiert. Als sie ihren Mann Marcel Stick in der Lehre kennenlernte und später heiratete, zog sie nach Ruit. Dort ist sie unter anderem passives Mitglied im Sängerbund. Marcel Stick ist Abteilungskommandant in Ruit und seit Mai auch einer der stellvertretenden Stadtkommandanten. „Bei Festen helfe ich natürlich, wo ich kann“, sagt seine Frau, die das rege Vereinsleben in der Stadt mag.
„Man fühlt sich beiden Stadtteilen und auch der Stadt Ostfildern verbunden.“ Das gefällt Tanja Stick an Ostfildern. Denn die Große Kreisstadt habe sich in den Stadtteilen vielfach noch dörfliche Strukturen bewahrt. Durch die Stadtbahn seien auch die Wege in die Landeshauptstadt Stuttgart kürzer geworden. In ihrem Friseursalon in Stuttgart-Sillenbuch hat Stick Kundschaft aus Stuttgart, aber auch aus Ostfildern. „Die Stadt hat für alle Generationen viel zu bieten“, sagt die Geschäftsfrau. Auch das Miteinander der Selbstständigen „in den Stadtteilen und in der Stadt“ gefällt ihr gut.
Wie aus Kasernen ein neues Zuhause wird
Die US-Streitkräfte luden einst zum Tag der offenen Tür mit Rodeo ein. Foto: Stadtarchiv Ostfildern
„Durch den Abzug der Amerikaner im Jahr 1992 bot sich die historische Chance, einen neuen Stadtteil zu entwickeln“, erinnert sich Peter Stapelberg an die Geschichte des Scharnhauser Parks. Der promovierte Literaturwissenschaftler hat die Volkshochschule in Ostfildern ganz wesentlich geprägt. „Mit dem Bildungsangebot für Generationen haben wir die Identität der Reformstadt gestärkt“, blickt der 79-Jährige zurück. Sein Wirkungskreis waren die Räume An der Halle in Nellingen. Sie erinnern an das ehemalige Depot der Straßenbahn, das früher an der Esslinger Straße stand. Mit der Halle, die 1990 eröffnet wurde, habe sich die Stadt „klar zu ihrem Profil als Bildungs- und Kulturstadt bekannt.“
Stapelberg lebte mit seiner Familie im historischen Klosterhof im größten Ortsteil Nellingen, zog kürzlich aber mit seiner Frau in eine barrierefreie Wohnung im Scharnhauser Park. Die Entwicklung des neuen Stadtteils hat der Träger der Ostfilderner Bürgermedaille durch innovative Partizipationsangebote begleitet. „Es war wichtig, die Menschen beim Aufbau des Scharnhauser Parks mitzunehmen.“ Auch städtebaulich und beim Klimaschutz ist der „Schapa“ für Stapelberg ein echtes Modellprojekt. Dazu habe die Landesgartenschau im Jahr 2002 viel beigetragen.
Peter Stapelberg hat die Volkshochschule in Ostfildern geleitet. Foto: Andreas Kaier
25 Jahre Scharnhauser Park
Als Bewohnerin der ersten Stunde hat Ulrike Weitz zunächst in den ehemaligen Soldatenwohnungen im Scharnhauser Park gewohnt. „Die waren großzügig und geräumig“, erinnert sich die Vorsitzende des Bürgervereins „Die SchaPanesen“. Der Verein habe sich aus dem anfänglichen Protest gegen die sogenannten Punkthäusern formiert, die heute zwischen den ehemaligen Militärgebäuden stehen. Später zog Weitz mit ihrer Familie in ein Reihenhaus.
„Heute beleben wir den Stadtteil mit vielen Aktivitäten“, sagt Weitz. In den Anfangsjahren sei es darum gegangen, soziale Strukturen in einem Stadtteil aufzubauen, der keine gewachsene Vereinskultur hatte. Mit Flohmärkten, Kinoabenden, Sport und Kultur belebt der Verein den Stadtteil seit 25 Jahren. „Es ist schön, dass hier ganz unterschiedliche Menschen leben“, findet Weitz. Am Samstag feiert der Scharnhauser Park seine ersten 25 Jahre.
Parksiedlung: Der zweitjüngste Stadtteil und Brennpunkt
Ostfilderns zweitjüngster Stadtteil ist die Parksiedlung. Auf dem Gelände des Hauses Württemberg wurde 1956 mit der Besiedlung begonnen. „Es ging darum, Wohnraum für Geflüchtete und Heimatvertriebene zu schaffen“, erinnert Ulrich Voss an die Anfänge. Später kamen Reihenhäuser und Villen dazu. „Heute leben ganz unterschiedliche Menschen hier“, sagt der Vorsitzende des Bürgervereins. „Wir haben uns damals gegründet, weil ein Träger für die Mobile Jugendarbeit gesucht wurde.“
Denn der Stadtteil, der zunächst zu Nellingen gehörte, geriet immer wieder als Brennpunkt in die Schlagzeilen. Heute beleben Voss und seine Mitstreiter die Parksiedlung mit einem abwechslungsreichen Kulturprogramm. „Das macht die Parksiedlung lebenswert“, findet der Vereinschef. Sorge bereitet ihm, dass die Nahversorgung im Stadtteil nur noch sporadisch vorhanden ist. „Da erhoffe ich mir Impulse von der städtebaulichen Neugestaltung des Herzog-Philipp-Platzes.“
Zwei Tage feiert Ostfildern
Ein Bürgerverein feiert Am Samstag, 12. Juli, feiern „Die SchaPanesen“ ihre ersten 25 Jahre. Von 12 bis 23 Uhr haben die Menschen im jüngsten Stadtteil Ostfilderns ein vielseitiges Programm auf die Beine gestellt. Nach dem Festauftakt um 12 Uhr stehen Chöre, Tanzgruppen, Bands und ein Kinderprogramm auf dem Plan. Das Stadtteilfest steigt auf dem Baumhain am oberen Teil der Landschaftstreppe zwischen dem Stadthaus und dem Sophie-Scholl-Haus.
Das Stadtjubiläum Am Sonntag, 13. Juli, feiert Ostfildern sein 50-jähriges Bestehen mit einem großen Festsonntag im Scharnhauser Park – rund um das Stadthaus und im Baumhain. Viele Akteure gestalten ein buntes Programm. Den Auftakt bildet um 10.30 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst auf der Bühne, bevor Oberbürgermeister Christof Bolay um 11.30 Uhr den Festtag offiziell eröffnet. Es folgt ein Bühnenprogramm bis 18 Uhr, das Musik, Tanz, Theater und Chöre präsentiert. Zum Ausklang spielt um 18.30 Uhr das Orchester Stefan Balle vor dem Sophie-Scholl-Haus Mozarts „Kleine Nachtmusik“. Am Sonntag ist die Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr innerhalb Ostfilderns kostenlos – für die Anreise in die Stadt muss ein Ticket gekauft werden.