Wenn Stuttgart 21 mal in Betrieb ist, sollen Züge in Untertürkheim abgestellt werden. Die Verbindung zwischen dem dort neugebauten Abstellbahnhof und den bestehenden Gleisen Richtung Cannstatt muss aber neu geplant werden.
Stuttgart 21, diese Feststellung ist der mit dem Bau beauftragten Projektgesellschaft PSU besonders wichtig, sei weit mehr als bloß ein Bahnhof. Das ist richtig, denn zusätzlich zum neuen Durchgangsbahnhof entstehen noch ein weiterer Halt am Flughafen und ein Abstellbahnhof in Untertürkheim. Während am Flughafen im Oktober 2024 Richtfest gefeiert wurde, hat der Betriebsbahnhof im Neckartal bisher lediglich grobe Züge angenommen.
Kritiker zweifelt an Funktionsfähigkeit
Es liegen zwar in Abschnitten bereits Gleise, an anderen Stellen wird aber noch der Untergrund dafür bereitet. Nach Erkenntnissen von Hans-Jörg Jäkel, Mitglied bei den projektkritischen „Ingenieuren 22“, überarbeitet die Bahn derzeit die Pläne für die Anlage in Untertürkheim. Was nun vorgesehen ist, lässt Jäkel unterdessen nichts Gutes für die Inbetriebnahme ahnen. In mehreren Schreiben ans Landesverkehrsministerium und ans Eisenbahnbundesamt (Eba) hat er seine Bedenken dargelegt – und teils erstaunliche Antworten erhalten.
Konkret geht es um die Frage, wie die Züge zwischen Bad Cannstatt und dem neuen Abstellbahnhof geführt werden. Die ursprünglichen und auch genehmigten Pläne sahen eine für den Laien etwas gewagt anmutende Konstruktion vor, bei der die Züge auf Höhe des Daimler-Werks statt auf nebeneinander liegenden auf zwei übereinander liegenden Gleisen unterwegs sein sollten. Doch daraus wird nun nichts. Die Verknüpfung der neuen Gleise mit dem Bestand sei so „nicht umsetzbar“, was eine Neuplanung in diesem Bereich zur Folge hat. „Die erforderlichen Planänderungen und die anschließende bauliche Umsetzung sind bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember 2026 zeitlich nicht möglich“, erklärt ein Bahnsprecher und führt „veränderte Richtlinien“ an.
Bahn sieht den Betrieb sichergestellt
Der Betrieb ist aus Sicht der Bahn trotzdem sichergestellt. Zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 sei „ein Ringverkehr für Abstell- und Bereitstellungsfahrten von und zum Abstellbahnhof sichergestellt“. Der werde „aus allen Richtungen anfahrbar“ sein. Genutzt wird dazu eine bereits bestehende eingleisige Strecke, die ausgebaut werde.
An dieser Stelle meldet Hans-Jörg Jäkel ganz erhebliche Zweifel an und untermauert die mit Plänen, aus denen hervorgeht, dass diese Strecke andere Schienenwege kreuzt, was erheblichen Einfluss nicht nur auf die Kapazität des Zubringergleises sondern auch auf die der zu querenden Strecke habe. Eine Sichtweise, der die Bahn widerspricht. Man werde „die Leit- und Sicherungstechnik zur neuen Führung von Zu- und Abstellverkehren“ anpassen. „Fahrstraßenausschlusszeiten“ – so heißt die Wartezeit für Züge, wenn anderer Verkehr im Weg ist – würden dadurch „so gering wie möglich“ gehalten.
Genehmigungsverfahren noch nicht begonnen
Noch hat die Bahn nicht das notwendige Verfahren zur Änderung der ursprünglich genehmigten Pläne in Gang gesetzt. Folgerichtig lässt sie auch die Frage unbeantwortet, bis wann mit der Fertigstellung einer alternativen Lösung zu rechnen sei.
Beim Landesverkehrsministerium, das den Regionalverkehr bestellt und bezahlt, rechnet man mit Mehraufwand durch die Interimslösung. In dem Schreiben an Hans-Jörg Jäkel heißt es unter anderem, dass nun mehr Zeit zwischen dem Abstellen des Zuges und dem abermaligen Start in Richtung Hauptbahnhof zu veranschlagen sei. „Anstatt 15 Minuten werden 45 Minuten zwischen Abstellung und Bereitstellung benötigt“. Dies gehe „mit einem dementsprechenden Mehraufwand bei den Personal- und Fahrzeugkosten“ einher. Zudem geht das Land davon aus, dass wegen der nun angestrebten Lösung, Züge auch anderswo abgestellt werden und von dort erst wieder an den eigentlich vorgesehenen Ort rollen müssen, „sodass für das Land letztlich Mehrkosten durch zusätzliche, verkehrlich nicht notwendige Fahrten zu tragen sind“. Die nun von der Bahn vorläufig angestrebte Lösung wird beim Land als „inkomplett und unbefriedigend“ angesehen.
Behörde spricht von „verzögerter Anbindung“
Auch beim Eisenbahn-Bundesamt, dem letztlich die Pläne zur Genehmigung vorgelegt werden müssten, hat Jäkel nachgefragt. Vor allem für den angestrebten Abbau der Gleise in der Stuttgarter Innenstadt könnten die Änderungen in Untertürkheim Folgen haben. „Die verzögerte Anbindung wird als Belang in den Planfeststellungsverfahren zum Rückbau der Betriebsanlagen am bestehenden Hauptbahnhof behandelt werden“, heißt es in einem Schreiben der Aufsichtsbehörde.
Dem hält die Bahn entgegen, dass etwa der Abstellbahnhof am Rosenstein, der durch die neue Anlage in Untertürkheim ersetzt werden soll, „schon allein durch seine Lage im und die Anbindung an das Netz keine Alternative oder Entlastung für den neuen Abstellbahnhof“ darstelle. Es bestünden daher „keinerlei Auswirkungen für den Rückbau des bisherigen und dann ersetzten Abstellbahnhofs am Rosenstein“.