Der Remstalradweg von Waiblingen nach Schorndorf bietet mehr Natur als mancher denkt, und hält manches Highlight an der Strecke parat. Was ein ADFC-Experte zu der Tour sagt.
Es ist einiges los an dem schönen Frühlingstag. „Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so viel Natur gibt“, sagt ein Radler aus dem Ostalbkreis. Das Remstal habe er geistig vor allem als Industriestandort gespeichert. Doch hier zeigt sich ein anderes Bild: Familien mit Kindern, kleine Grüppchen oder einzelne Personen radeln an der Rems entlang durch einen großen Landschaftspark, die Waiblinger Talaue. Die ausgeschilderte Tour von Waiblingen nach Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) hat mehr Natur zu bieten als mancher denkt, ist flach und liegt vor der Haustür. Es ist ein Ausflug ohne viel Aufwand und kann an vielen Stationen mit der S-Bahn abgekürzt werden.
Laut wird es, wenn der Radweg der B 29 nahe kommt
„Die Gartenschau hat gewaltigen Aufschwung für den Remstalradweg gebracht“, sagt Hans Sukowski vom ADFC Rems-Murr. Der begeisterte Radler ist Tourenkoordinator des ADFC Rems-Murr und kennt viele Strecken sehr gut. Es gebe manche Stelle, die laut ist – eben dann, wenn der Radweg der Bundesstraße sehr nahe kommt. Das ist beispielsweise der Fall am „Haus der Kunst“ in Remshalden Grunbach. Dort springt einem beim Vorbeifahren die rote britische Telefonzelle vor dem Gebäude ins Auge, auf der anderen Seite brausen die Autos auf der B 29 vorbei, dazwischen nur die Leitplanke und ein schmaler Rasenstreifen mit kleinen, gepflegten Büschen. Es dröhnt der Verkehr. Das sind die „unschönen Stellen“ wie Hans Sukowski weiß. Doch in vielen Teilen verläuft die Radstrecke am Fluss entlang und abseits der Straßen.
Die Waiblinger Talaue ist eines der Highlights, die man durchradelt – und die dazu einlädt, sich gleich am Anfang der Tour etwas mehr Zeit zu lassen. Da sind beispielsweise die drei schottischen Hochlandrinder, die in dem Landschaftspark die Rolle als umweltfreundliche Rasenmäher einnehmen. Mia, Jule und Leni sind eine der Lieblingsattraktionen in der Talaue, aber auch das Alvarium, das Bieneninformationshaus ist einen Stopp wert. Ein großer Biergarten in der Talaue, der Schwanen, ist ebenso ein Magnet – das zeigt sich an dem schönen Frühlingsnachmittag.
Eine kurze Stelle des Radweges ist sehr eng geführt
Es gibt mehrere Varianten, wer an dem Biergarten des VfL vorbeifährt, passiert eine Engstelle. „Das ist zum Glück nur eine kurze Strecke, dort gibt es nicht mehr Platz an den großen Bäumen der Rems entlang“, sagt Sukowski. Bald weitet sich der Weg wieder und wer möchte, kann sich Informationen etwa über die Remstalquellen entlang des Weges holen. Immer wieder gibt es sehr naturnahe Passagen. Auch die steinerne Brücke am Ortseingang von Beinstein ist ein Hingucker. Das denkmalgeschützte Bauwerk wird – in Anlehnung an Venedig – Rialtobrücke genannt, ein kleines bisschen Bella Italia also beim Überqueren der Rems.
Ganz nah an das Wasser kommt man beim Mühlwiesenareal
Ganz nah an den Fluss kommt man in Großheppach beim Mühlwiesenareal, Terrassen führen bis zum Wasser. Sehr abwechslungsreich zeigt sich die Strecke – am ehemaligen Steinbruch in Endersbach entlang, wo auch die Kanus „der Zugvögel“ ihre Verleihstation haben. Man passiert große Obstanlagen in der Saison dann mit Hofladen, das Besagärtle des Remshaldener Weinguts W. Häfner und in Winterbach lockt die Eisdiele „Mein Lieblingseiscafé“ im Oberdorf – es gibt immer wieder Gründe zum Anhalten.
Schorndorf mit seinem Marktplatz, umgeben von Fachwerk, ist natürlich auch ein Ziel. Umso mehr fragt sich der ADFC-Experte, warum der Radweg nicht zum schönen Marktplatz der Daimlerstadt führt. „Es gibt keine Strecke für Fernradler, die offiziell zum Marktplatz führt“, sagt Sukowski. Er ist natürlich schon oft weiter Richtung Aalen geradelt. Sein Fazit: „Landschaftlich toll und Schwäbisch Gmünd ist ein Ausflug wert.“
Immer wieder kann die Tour mit der Bahn abgekürzt werden
Allerdings vermisse er dort eine einheitliche Beschilderung, wie der Remstalradweg durch die Stadt verlaufe. Großer Vorteil: Auf der ganzen Strecke gibt es Bahnhöfe – die Strecke kann also gut abgekürzt und variiert werden. Hans Sukowski ist Tourenkoordinator Rems-Murr des ADFC. Er ist von seinem Wohnort Winnenden aus nur mit dem Rad und dem ÖPNV unterwegs. Er hat seit einiger Zeit kein eigenes Auto mehr, dafür ein Deutschlandticket ein Tourenrad, ein MTB und zwei Lastenräder.
Die Etappe 2 des Remstalradwegs von Waiblingen nach Schorndorf wird auch auf der Homepage des Tourismusvereins Remstalroute beschrieben. Die etwa 20 Kilometer lange Strecke wird als „leicht“ eingestuft. Weitere Etappen des Remstalradweges sind ebenso aufgeführt. Infos unter remstal.de und unter rems-murr.adfc.de
Naturschützer auf vier Hufen
Die schottischen Hochlandrinder
Die Beweidung in den Talauen geht auf eine Initiative der Ortsgruppe des Naturschutzbunds (Nabu) zurück. Das Schottische Hochlandrind ist eine sehr alte Rinderrasse. Aktuell stehen drei weibliche Tiere auf der Weide in der Talaue. Sie heißen Mia, Jule und Leni. Mia ist in der Talaue geboren. Man erkennt sie am weißen Fleck am Bauch. Alle drei Tiere sind sechs Jahre alt. Eigentlich waren es vier, aber Lisa ist vergangenes Jahr verstorben, sie hat ihr ganzes Leben in der Talaue verbracht. Sie wurde 23 Jahre alt. Eine weitere Gruppe mit vier Tieren steht demnächst auf den städtischen Weiden zwischen Eisental und Beinstein, teilt das Presseamt der Stadt Waiblingen mit. Die Tiere sind gutmütig, genügsam und robust – also ideal für die Freilandhaltung bei Wind und Wetter, zumal sie relativ leicht sind und im Verhältnis gesehen große Klauen haben, sodass die Trittbelastung sehr gering ist. Die Pflanzenvielfalt auf den beweideten Flächen ist damit höher als bei anderen Rinderrassen. Die Beliebtheitsskala ist „sehr hoch“, so das Presseamt. Besitzer ist Björn Thoröe, der mit seinen Tieren die Flächen bewirtschaftet.