Baden-Württemberg abgehängt? Geplante Wasserstoff-Autobahn stößt nicht nur auf Gegenliebe
Die Bundesnetzagentur hat das Wasserstoff-Kernnetz für Deutschland genehmigt. Baden-Württemberg fühlt sich abgehängt.
Die Bundesnetzagentur hat das Wasserstoff-Kernnetz für Deutschland genehmigt. Baden-Württemberg fühlt sich abgehängt.
Im Norden zeigt die Karte, die Bundesenergieminister Robert Habeck (Grüne) präsentiert, ein dichtes Transportnetz, doch Richtung Süden dünnen die Linien erheblich aus. Die Bundesnetzagentur hat am Dienstag das von den Fernleitungsbetreibern vorgeschlagene Wasserstoff-Kernnetz für Deutschland genehmigt – doch die Pläne stoßen im Südwesten nicht auf Gegenliebe.
CDU-Bundesvize Andreas Jung bezeichnet die Pläne als „Tiefschlag gegen den Süden und eine herbe Enttäuschung“. Der Energiepolitiker kritisiert: „Dieses Kernnetz ist zum Nordnetz geworden. Weite Teile Baden-Württembergs werden schlicht abgehängt.“ Der Südwesten stehe für 20 Prozent der Industrieleistung in Deutschland – vom Kernnetz bekomme man aber nur fünf Prozent ab.
Das Kernnetz soll das Herzstück für den deutschlandweiten Transport von Wasserstoff bilden und große Industriezentren und Kraftwerke versorgen. Doch mit einer Gesamtstrecke von 9040 Kilometern wird es deutlich kleiner als zunächst angenommen. Mehr als 600 Kilometer strich die Bundesnetzagentur aus dem ursprünglichen Plan heraus, den die Fernleitungsnetzbetreiber eingereicht hatten.
„Das jetzt genehmigte Kernnetz ist ein Startnetz“, betonte Baden-Württembergs Energieministerin Thekla Walker. Die Grünen-Politikerin fordert: „Planungen und Ausbau müssen noch weitergehen“, das ganze Land müsse entsprechend seines Bedarfs an die Wasserstoff-Infrastruktur angeschlossen werden. Die Energieministerin wies zudem darauf hin, dass noch nicht alle Teile des Netzes von den Fernleitungsbetreibern mit einem Finanzierungsplan hinterlegt seien. „Ich appelliere an die Energieunternehmen, diese Zukunftschance mutig zu ergreifen“, sagte Walker.
In Baden-Württemberg soll das Kernnetz zentrale Verbrauchsregionen anbinden: den Großraum Stuttgart und die Region Rhein-Neckar, die Ostalb, Oberschwaben, den östlichen Bodenseeraum, den Hochrhein und die Region Mannheim/Karlsruhe. Rund 60 Prozent der Leitungen sind Umstellungsleitungen – also solche, die derzeit noch Erdgas transportieren. Aber es braucht auch neue Investitionen. Hierzulande will die EnBW zum Start eine Milliarde Euro in die Hand nehmen, um das Netz aufzubauen.
Über ihre Tochter Terranets BW will sie dabei die im Bau befindliche Süddeutsche Erdgasleitung (SEL) in das Wasserstoff-Kernnetz einbringen. „Die SEL wird die zentrale Versorgungsader für Wasserstoff in Baden-Württemberg“, betont Katrin Flinspach, Geschäftsführerin der EnBW-Tochter Terranets BW. Die Leitung werde ab Anfang der 2030er Jahre Wasserstoff in die Region transportieren und schaffe damit die Voraussetzung für eine CO2-neutrale Energieversorgung des Wirtschaftsstandortes.
„Die Bestätigung des Antrags stellt einen wichtigen ersten Schritt in Richtung eines nationalen Kernnetzes und damit in Richtung Dekarbonisierung des deutschen Wirtschaftsstandorts dar“, sagte EnBW-Vorstandsmitglied Dirk Güsewell, verantwortlich für systemkritische Infrastruktur. Dennoch forderte der Manager „noch wirksamere Investitionsanreize“, um den Wasserstoff-Hochlauf zu gewährleisten. „Hier sehen wir nach wie vor Verbesserungsbedarf“, so Güsewell.
Peter Haas, Hauptgeschäftsführer vom Spitzenverband Handwerk BW, richtet seine Kritik direkt an den zuständigen Minister Habeck: „Herr Habeck ignoriert die berechtigten Forderungen des Südwestens beim Ausbau des Wasserstoffnetzes“, sagte der Verbandschef. „Das ist ein grobes Foul, denn die Südwestwirtschaft trägt wesentlich zum Wohlstand in Deutschland bei.“