Das Verwaltungsgericht Stuttgart weist die Klage des Landesnaturschutzverbands ab. Die der Deutschen Umwelthilfe wird weiter verhandelt. Das Gericht sieht aber auch dabei noch Klärungsbedarf, was die Zulässigkeit der Klage angeht.
Zumindest für einen der beiden Kläger, die die Unterbrechung der Gäubahn im Zuge des Baufortschritts von Stuttgart 21 verhindern wollen, ist der juristische Weg zunächst beendet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage des Landesnaturschutzverbands (LNV, AZ: 8 K 2208/24) abgewiesen. Sie sei nicht zulässig.
Kritik an der Rechtsgrundlage
Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart unter Vorsitz von Richterin Kerstin Wilke hat am Mittwoch neben der Klage des LNV auch die der Deutschen Umwelthilfe (DUH, AZ: 8 K 6924/23) verhandelt. Immerhin in einem Punkt herrschte Einigkeit – und zwar von Klägerseite über Beklagte bis hin zur Richterbank. Das in der Verhandlung der Klagen gegen die Kappung der Gäubahnstrecke in Stuttgart zentrale Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz wurde wahlweise als „ungenau und verschachtelt“, „furchtbar“ oder „sperrig“ gegeißelt.
Am ersten Tag der auf maximal drei Tage angesetzten Verhandlung wolle das Gericht die Zulässigkeit der Klagen prüfen, ehe es am zweiten Tag um die Begründetheit gehen soll, gab die Vorsitzende Richterin die Marschrichtung vor und erklärte, das Gericht sehe „Probleme bei der Zulässigkeit der Klagen“. Diese wurden während der sich bis in den Nachmittag hinziehenden Verhandlung nach Auffassung des Gerichts nicht ausgeräumt und damit dem Ansinnen des LNV teilweise zum Verhängnis. Allerdings bleibt noch der Weg vor den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Dorthin hat das Verwaltungsgericht einen Hilfsantrag des LNV verwiesen. Dessen Rechtsbeistand, der Passauer Uniprofessor Urs Kramer will auf diesem Weg erreichen, dass die abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren, an deren Ende die Baugenehmigung im betreffenden Abschnitt von Stuttgart 21 stand, nochmals aufgenommen werden.
Berufung nicht zugelassen
Es fehle dem LNV die Klagebefugnis, urteilte das Gericht. Der Verband hatte sich in seiner Klage auf einen Paragrafen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes gestützt. Der LNV begründete seinen Standpunkt damit, dass sich seit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Oktober 2006 Rahmenbedingungen fundamental geändert hätten. So habe sich die Zeit der Unterbrechung der Gäubahn drastisch verlängert, da niemand heute zuverlässig voraussagen könne, wann die alternative Streckenführung für die Gäubahn via dem Flughafen tatsächlich umgesetzt werden wird. Das Gericht attestierte in seinem Urteil, dass es dem der Argumentation des LNV zugrunde liegenden Paragrafen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes am Umweltbezug mangle, der aber Voraussetzung ist für die Klagebefugnis des Umweltverbandes. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung nicht zugelassen.
Plötzlich steht wieder eine Alternative im Raum
Entlang der Gäubahnstrecke hegen die Kommunen die Befürchtung, lange Zeit vom Stuttgarter Hauptbahnhof abgehängt zu werden. Fahrgäste müssten in Stuttgart-Vaihingen auf S- und Stadtbahnen umsteigen, um an den Hauptbahnhof zu gelangen. Überraschend hat die Deutsche Bahn als Beigeladene nun wieder die eigentlich bereits als nicht umsetzbar eingestufte Variante einer temporären Führung der Züge ab Böblingen via Renningen und Zuffenhausen in den Tiefbahnhof ins Spiel gebracht. Die stehe nach Einbau weiterer Weichen zwischen Zuffenhausen und Feuerbach von Sommer 2027 an als umsteigefreie, aber länger dauernde Ausweichstrecke zur Verfügung. DUH-Anwalt Remo Klinger nannte das eine „Nebelkerze“, DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch beklagte eine „Phantomdiskussion über einen nicht seriösen Vorschlag“. Die DUH-Klage wird am Donnerstag weiterverhandelt.