Beamtenbund im Land Berufsbeamtentum in der Defensive
Die Vorschläge zum Abbau von Beamten-Privilegien häufen sich. Zugleich hat der Beamtenbund in Baden-Württemberg Mühe, seine aktuell größten Wünsche durchzusetzen.
Die Vorschläge zum Abbau von Beamten-Privilegien häufen sich. Zugleich hat der Beamtenbund in Baden-Württemberg Mühe, seine aktuell größten Wünsche durchzusetzen.
Da sagt doch der Chef einer großen Behörde in Baden-Württemberg mit Blick auf seine ausstehende Pension: Er habe gewusst, dass diese hoch sein werde – aber dass es „so viel“ sein wird, habe ihn nach der aktuellen Berechnung überrascht. Solche Unterschiede seien im Vergleich mit den gesetzlichen Rentenzahlungen kaum noch zu vermitteln, bekennt der Ruheständler in spe.
Somit wächst auch bei Betroffenen die Erkenntnis über Ungleichgewichte im Land – bei vielen Nicht-Beamten sowieso: Gemessen an dem vielstimmigen Unmut, den Staatsdiener-Privilegien wie die hohe Altersversorgung oder zuletzt der kinderbezogene Familienzuschlag nach sich ziehen, bläst den Staatsdienern der Wind direkt ins Gesicht. „Früher waren das Sommerloch-Debatten – in den vergangenen Monaten jedoch hat das Beamten-Bashing gar nicht mehr aufgehört“, klagt deren oberster Lobbyist in Baden-Württemberg, Kai Rosenberger. Angesichts von immer neuen Kürzungsideen frage er sich: „Ist der Beamtenstatus gar nichts mehr wert?“
Derzeit sei man „sehr in der Defensive“, sagt der Chef des Landesbeamtenbundes (BBW). Auch bundesweit gebe es „massive verbale Angriffe gegen das Berufsbeamtentum“ – etwa von Carsten Linnemann, dem CDU-Generalsekretär, der die Verbeamtung auf hoheitliche Aufgaben beschränken will. Sei es denn akzeptabel, „dass für eine gefühlte Gleichmacherei, die an den Stammtischen sicher gut ankäme, bei Tarifauseinandersetzungen die Schulen bestreikt werden und Unterricht ausfällt?“, fragt Rosenberger. Die Politik schaue nur noch, wie sie kostengünstig über die Runde komme. Dabei gerate der Beamte ins Visier, obwohl er auf lange Sicht „nicht oder nur unwesentlich teurer ist als der Tarifbeschäftigte“. Zudem hätten sich die Vorteile des Beamtenstatus auch außerhalb des hoheitlichen Bereichs bewährt.
„Die unsäglichen Angriffen auf das Berufsbeamtentum der letzten Wochen haben zu viel Verunsicherung bei den Kolleginnen und Kollegen geführt“, klagt der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes, Volker Geyer. Intern hat er neulich geschildert, dass sich in der Bundesregierung „keine echten Freunde des Berufsbeamtentums“ mehr fänden. Die Politik setze sich für die Funktionsfähigkeit des Staates, der Verwaltung und des öffentlichen Dienstes ein – doch sage niemand mehr, dass all dies ohne das Berufsbeamtentum nicht funktioniere. „Das ist neu und erschreckend“, findet Rosenberger. Vielleicht liege es am Generationenwechsel bei den Politikern. Früher seien auch mehr Volksvertreter aus dem öffentlichen Dienst ins Parlament gekommen.
Ausnahme und Lichtblick scheint der 37-jährige Ministerpräsidenten-Kandidat Manuel Hagel zu sein. Der habe unlängst gegenüber der BBW-Landesleitung im Namen der Landes-CDU „explizit Ja gesagt zum Berufsbeamtentum“ – da müsse der Beamtenbund keine Befürchtungen haben, so Hagel. Das wäre ein anderer Ton als von Amtsinhaber Winfried Kretschmann: Auch der Grüne hat häufig Wertschätzung für den öffentlichen Dienst geäußert, aus Sicht der Beamten-Lobby aber auch die Aufweichung des Beihilfesystems in der Krankenversicherung zugelassen. „Er war für mich nie der ganz große Freund der Berufsbeamten“, so Rosenberger.
Ein brandaktueller Prüfstein, wie es Grün-Schwarz mit den Beamten hält, ist die Arbeitszeit. „Unsere Priorität liegt auf der Absenkung der Wochenarbeitszeit von derzeit 41 Stunden.“ Nur wenn da keine Lösung in Sicht sei, „würde man das Lebensarbeitszeitkonto als Einstieg nehmen“. Seit Langem wird um diesen Dauerbrenner gerungen. Die beteiligten Ressorts halten sich bedeckt: Das Finanzministerium verweist ans Innenministerium – von dort heißt es: „Wir haben das Thema weiter auf der Agenda und sind in Gesprächen mit dem Koalitionspartner.“
Die Zeit wird knapp: Im März endet die Legislaturperiode. Und schon am 20. November tagt der Landeshauptverstand des Beamtenbundes. „Dort müssen die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen damit rechnen, dass ich ihnen Wortbruch vorwerfe“, sagt Rosenberger. „Das erwarten auch meine Leute von mir.“ Er glaubt durchaus, dass in den Ministerien politischer Druck zu spüren ist. Rund 200 000 aktive Beamte plus ähnlich viele Versorgungsempfänger sieht er als eine relevante Größe an.
Dennoch gibt es in der Regierung Widerstand speziell gegen die Idee des Innenministers, die Wochenarbeitszeit für Bedienstete, die 55 oder älter sind, vom Herbst 2026 an auf 40 Stunden zu reduzieren – auch weil dies viele Lehrer betreffen würde. Rosenberger mutmaßt: „Die versuchen sich irgendwie noch zu einigen, aber da wird wohl kaum etwas herauskommen, was wir euphorisch begrüßen können.“ Er befürchte eher, dass mit Verweis auf die Haushaltsnöte nur ein „alibimäßiger Einstieg“ verabschiedet werde.